Kinder auf der Glashütte

Klaus A.E. Weber

 

Sozialhistorisch ist bekannt, dass Kinder der Glasmacherfamilien in der Regel auf der Glashütte geboren wurden und auch in dieser besonderen sozialen Umgebung aufwuchsen.[4]

Auch die vorliegenden genealogischen Daten zu den frühen Familien auf der Hellentaler Glashütte unterstreichen diese Beobachtung.

Die Kinder der Glashütte Steinbeke dürften dort bereits mitgearbeitet haben, um möglichst frühzeitig mit der lukrativen Berufslaufbahn eines Glasmachers beginnen zu können.

Das Arbeitsleben der Jungen begann meist mit zwölf Jahren.

In der frühindustriellen Epoche wurde das Eintragen in die Kühlöfen meist durch 10– bis 14-jährige Kinder („Einträger-Jungen“) besorgt.

Die Kinderarbeit ist dadurch zu begründen, dass nach PARENT [3] Kinder die billigsten Arbeitskräfte waren (Verdienst max. 20 % des Lohnes von Glasmachern), die Ausbildung zum Glasmacher sehr lange dauerte (bis zu 7 Jahren) und daher mit ihr möglichst früh begonnen werden musste.

Letztlich waren die Kinder zumeist ihren Vätern zugeordnet, die so ihr lukratives glastechnisches Fachwissen innerhalb der eigenen Familie weitergeben konnten.

Es war ohnehin in jener Zeit traditionell üblich, dass die Söhne der Glasmacher auch den Beruf ihres Vaters ergriffen und über Generationen fortführten.

Zudem verheirateten in verschiedenen Waldgebieten tätige Glasmacherfamilien ihre Kinder miteinander, nicht zuletzt um die geheime Kunst der Glasherstellung eng im kleinen Familienkreis zu halten.

Nur der Sohn des Hüttenmeisters konnte später auch wieder „Glasmachermeister“ werden.

Hierdurch entstanden zwangsläufig kleinere wie größere Glasmachersippen.

Genealogisch nachweislich treten viele Glasmachernamen über mehrere Generationen hinweg typischerweise in diesem Berufsstand auf (z.B. Gundelach, Becker, Seitz, Wentzel, Kauffold).

Alle auf der Glashütte Steinbeke geborenen Kinder wurden evangelisch getauft, wobei die Paten meist aus den angesehenen Glasmacherfamilien des Hüttenstandortes stammten.

 

Nur Söhne von Glasmachern als Auszubildende

Aus sozialhistorischer wie aus genealogischer Sicht ist es bemerkenswert, dass nur Söhne von Glasmacherfamilien als Auszubildende in der Glasmacherkunst angenommen werden durften.[1]

Dadurch war über Generationen hinweg die technische wie manuelle Kunst der Glasherstellung das Privileg und streng gehütetes Hüttengeheimnis bestimmter Familien (Sippen).

Zum einen waren sie untereinander eng verwandt („verschwägert”), zum anderen bildeten sie als Zunft eine Glasmacherhierarchie.[2]

 

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[1] nach einer Bestimmung des mächtigen hessischen „Gläsnerbundes”.

[2] BLOSS 1950.

[3] PARENT 1998.

[4] LEIBER 1994, S. 37.