Norwegische Nachfahren der Glasmacherfamilie Kauffelt

Klaus A.E. Weber

 

Unni Ånstad (Mitte), Anne Ånstad, Kirsti Ånstad und Gisli Kristjanson aus Oslo

vor den Resten der früheren Glasmanufaktur Holzen

© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Eine migrationsgeschichtliche Spurensuche

Unter dem Motto „in the footprints of Glasmacher" besuchten als norwegische Nachfahren der traditionellen Glasmacherfamilie Kauffelt Unni Ånstad mit ihren Töchtern das „Alte Tal der Glasmacher“ im Solling.

Auf der Website des Historischen Museums Hellental hatte die 87-jährige, familienkundlich aktive Ärztin Unni Ånstad in Oslo eine spannende, über Generationen hinweg führende familiäre Verbindung zwischen dem Weserbergland und Norwegen entdeckt, speziell jene von Hellental und Oslo.

Denn zur Glasmacherfamilie Kauffelt zählt auch Jürgen Christoph Kauffelt.

Kauffelt arbeitete als Glasermeister auf der um 1715 im braunschweigischen Solling von „vom Mecklenburgischen" kommenden Glasmacherfamilien gegründeten „Gundelachsen Hütten im Sölling".

Er ist der Vater von Jobst Daniel Kauffelt, der im Februar 1722 auf der Waldglashütte Steinbeke getauft wird.

Als nach rund drei Jahrzehnten der Betrieb der großen ortsfesten Hellentaler Waldglashütte eingestellt wird, verließen um 1745/1746 fast alle Glasmacherfamilien ihre Werkssiedlung im Hellental.

Angesichts sozialer Vorteile und landesherrlich zugesagter privilegierter Stellung übersiedeln Glasmacher mit ihren Familien nach Schorborn an die dort 1744 gegründete Fürstliche Glasmanufaktur oder wechselten an andere Hüttenstandorte im Weser-Leine-Bergland.

So arbeitet Jobst Daniel Kauffelt 1748 und 1761 nachweislich als „Hohlbläser" auf der 1744 ihren Betrieb aufnehmenden Fürstlichen Glasmanufaktur Holzen, auf der „grünes Hohl- und Kisten-Glaß“ hergestellt wurde.

Vermutlich in Folge der Betriebsaufgabe der Holzener Glashütte im Jahr 1768 kommt Jobst Daniel Kauffelt mit anderen deutschen Glasmachern nach Norwegen, um dort Glas herzustellen.

Jobst Daniel Kauffelt brachte seinen auf der Holzener Glashütte 1755 geborenen Sohn Johann Christian Daniel Kauffelt mit nach Hurdal am nördlichen Rand des Großraumes Oslo.

Jobst Daniel Kauffelt arbeitete in der dortigen Glashütte, in deren waldreichem Umfeld ausreichend Holz für die Glasherstellung vorhanden war.

Das „Hurdal Glassverk“ besteht von 1755 bis 1895.

Deren Gründung geht auf ein vom dänisch-norwegischen König Christian VI. (1699-1746) initiiertes Wirtschaftsförderungsprogramm zurück – in der Zeit des aufblühenden Merkantilismus im 18. Jahrhundert.

Sein Ziel war es, im industriell wenig entwickelten Norwegen gewinnbringende Manufakturen auch zur Herstellung von Glas zu gründen, um den Wohlstand in Norwegen zu verbessern.

Jobst Daniel Kauffelt heiratete Anna Catharina Wentzel, die 1762 in Sandsvær als Tochter eines ebenfalls aus Deutschland nach Norwegen immigrierten Mitglieds der traditionellen Glasmacherfamilie Wentzel geboren worden war.

Hierbei kann es sich um Anne Catharina Hansdotter Wentzel handeln, die 1763 in Sandsvær, Buskerud, als Tochter von Hans Heinrich Frantzsen Wentzel und Maria Larsdatter zur Welt kam.

 

Highlights entlang der Glasstelen von Hellental, Holzen und Schorborn

Nach dem ausgiebigen Besuch des ehemaligen Glashüttenareals in Hellental und der glashistorischen Ausstellung im Historischen Museum Hellental besuchte die norwegische Familie unter Führung von Dr. Klaus A.E. Weber und Christel Schulz-Weber den glasarchäologisch bedeutenden Grabungsort bei Holzen am Renneberg mit seinen überdachten Relikten der „Fürstlichen Bouteillenmanufactur" des 18. Jahrhunderts.

Bei der Vorort-Begehung stießen insbesondere die Erläuterungen von Dr. Klaus A.E. Weber zu den Resten des früheren Schmelz- und Arbeitsofens mit seinen Nebenöfen auf ein besonderes Interesse der vier Gäste aus Oslo.

Als Nachfahren waren Unni Ånstad, Anne Ånstad, Kirsti Ånstad und Gisli Kristjanson von der Vorstellung fasziniert, dass auf der Arbeitsfläche des Hauptofens einst Jobst Daniel Kauffelt als Glasmacher gestanden hat.

Zudem sind ihnen solch einzigartige archäologische Grabungsergebnisse in Norwegen unbekannt.

Die Vorstellung der benachbarten Glasmacherhäuser wurde von der Frage begleitet, ob in einem jener Häuser Jobst Daniel Kauffelt mit seiner Familie gelebt haben könnte.

Die glashistorische Rundtour entlang der im Oktober 2020 errichteten Master-Glasstelen Hellental und Holzen führte abschließend an den Standort der ehemaligen Fürstlichen Glasmanufaktur Schorborn aus der Zeit von 1744 bis 1842.