Zeit im Wandel: Monarchie oder Demokratie?
Klaus A.E. Weber
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
Die deutsche Demokratie ist so vielfältig wie ihre Geschichte und sie ist Teil unserer lebendigen Erinnerungskultur, die es zu erweitern und zu stärken gilt.
Hierbei ist die Demokratie und ihre Geschichte als Prozess zu begreifen.
֍ Online-Veranstaltung „Demokratiegeschichte Deutschlands“ (11. Juli 2023)
Erforschung der Demokratie-Geschichte
GEDG - interdisziplinäre Gesellschaft zur Erforschung der Demokratie-Geschichte mit Sitz in Weimar und Mainz, gegründet 2021
Forschung – Vermittlung - Transfer
Bulletin der Gesellschaft zur Erforschung der Demokratie-Geschichte
Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte
Die moderne Demokratiegeschichte
Beginn einer neuen Zeit und Anfang der deutschen Demokratie-Geschichte
Revolutionär*innen
Am 18. September 1848 kam es zu Barrikadenkämpfen in der Freien Stadt Frankfurt, zur „Septemberrevolution“, die aber nicht einmal einen Tag lang andauerte.[2]
Das Historische Museum Frankfurt verweist darauf:
„Die Erinnerung an die Revolution von 1848 ist verbunden mit den Namen von Männern wie Robert Blum oder Friedrich Hecker.
Dagegen sind die Frauen der Revolution heute oft unsichtbar, obwohl sie sehr wohl daran beteiligt waren: die „Parlamentsmutter" Clotilde Koch-Gontard zum Beispiel, oder Henriette Zobel, der vorgeworfen wurde, sie sei mit dem Regenschirm auf einen General losgegangen.“
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Damengalerie von 1848/49
- ֍ Revolutionäre Frauen und ihr Beitrag zur Demokratiegeschichte
2023
175-jähriges Jubiläum der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche
In der Frankfurter Paulskirche tagte 1848/1849 das erste gewählte deutsche Parlament, das dort am 18. Mai als Nationalversammlung einzog .
Die Abgeordneten, darunter fünf Abgeordnete des Landes Braunschweig, erarbeiteten eine Verfassung mit Grundrechtskatalog für den zu schaffenden deutschen Nationalstaat.
Einzug der Abgeordneten des Vorparlaments in die Frankfurter Paulskirche 1848
© HMF, Horst Ziegenfusz
Die Frankfurter Paulskirche ist
-
ein Erinnerungsort der deutschen Demokratie [1]
- "die sinnliche Verkörperung des kulturellen Gedächtnisses" [3]
„Als das erste deutsche Parlament 1848 dort zusammenkam, bot sich der Ort dafür an: In den Sitzreihen war genügend Platz für alle Teilnehmer, und auf der Kanzel waren die Redner zu sehen und zu hören.“[27]
Eröffnung der Deutschen Nationalversammlung 1848
in der Frankfurter Paulskirche mit schwarz-rot-goldener Fahne
Empore im Großen Saal für die Teilnahme von bis zu 1.200 Menschen
© Historisches Museum Frankfurt (HMF)
Im Mai 1848 erste deutsche Nationalversammlung
Allgemein erhoffte man sich in Deutschland durch die Einberufung einer Nationalversammlung eine entscheidende Verbesserung der Lage zu erreichen.
Diese wurde jedoch von deutschen Fürsten durch ihr gewaltsames Eingreifen am 18. Juni 1849 aufgelöst.
Die Chance zu wirklichen Reformen blieb somit ungenutzt.
Immerhin leitete das Herzogtum Braunschweig einige, wenn auch wenige Veränderungen ein.
So besaßen die Bürger nach der ab Juni 1848 geltenden herzoglichen Regelung nunmehr das Recht zur freien Vereinsbildung.
Zu bedenken ist, dass viele politische Akteure mit ihren verschiedenen Aktivitäten eine völlige gesellschaftliche Veränderung anstrebten.
Vielmehr versuchten sie vornehmlich, ihre Lebens- und Arbeitsverhältnisse zu verbessern.
Auf Heinade, Hellental und Merxhausen bezogen, traten diese Verbesserungen schließlich durch die Umsetzung der Agrarreformen mit der Separation ein.
Auch die Landbewohner des südniedersächsischen Berglandes forderten Reformmaßnahmen, wie die Revision des Polizeistrafgesetzes von 1847, die Aufhebung des Forststrafgesetzes von 1847, die Aufhebung der staatlichen Einschränkung bei Grundstücksverkäufen und die Aufhebung des Jagddienstes ohne Entschädigung sowie eine genügende Gegenleistung bei Wildschäden.[21]
Am 18. Mai 1848 war mit 384 von insgesamt 545 Parlamentariern (Abgeordnete) [22] in der Frankfurter Paulskirche [19] die erste deutsche Nationalversammlung zusammengetreten, mit dem Ziel, einen Nationalstaat und eine Verfassung parlamentarisch zu erarbeiten.
Hierfür wurde ein Abgeordneter je 50.000 "selbständige" Männer in unmittelbarer, gleicher und geheimer Wahl gewählt.
Bis heute stellt diese Nationalversammlung in der Paulskirche zu Frankfurt - als erstes demokratisch gewähltes gesamtdeutsches Parlament - einen bedeutenden Bezugspunkt für die Entwicklung der deutschen Demokratie dar.[25]
„Die Freunde der Verfassung wollten ‚nationale Einheit, weit über die rudimentären Strukturen des Deutschen Bundes hinaus‘“[7]
Gesetz, betreffend die Grundrechte des deutschen Volks
Ausstellung Hambacher Schloss
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
Wichtigster Grundsatz der Demokratie:
Das Streben nach Gleichberechtigung und Teilhab aller Menschen
"Jeder Deutsche hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellug seine Meinung frei zu äußern"
Nach Monaten vieler Auseinandersetzungen wurde der weitreichende Grundrechtekatalog als Ergebnis erzielten Kompromisse verabschiedet – von einem Parlament „ohne Volk, ohne Staat, ohne Nation“.[4]
Der Reichsverweser Erzherzog Johann von Österreich verkündete am 27. Dezember 1848, in Ausführung des Beschlusses der Reichsversammlung vom 21. Dezember 1848, das Gesetz, betreffend die Grundrechte des deutschen Volks, veröffentlicht im Reichs-Gesetz-Blatt 1848, S. 49-60.
Große Staaten, wie u. a. Österreich, Preußen, Bayern und Hannover lehnten aber den beschlossenen Grundrechtekatalog ab.
Die "Grundrechte" wie auch die parlamentarische Arbeit bleiben jedoch hinter den anfänglich hohen Erwartungen weit zurück.
2024
175-jähriges Jubiläum der Verfassung des Deutschen Reiches
Die Frankfurter Nationalversammlung verabschiedet am 28. März 1849 die erste Verfassung eines deutschen Bundesstaates.
Sie wurde von 405 Volksvertreter unterzeichnet, die sich 1849 zu Freiheit und Einheit bekannten.
Den Bürgern wurden damit erstmalig in der deutschen Geschichte unveräußerliche Grundrechte garantiert.
Verfassung des Deutschen Reiches
Ausstellung im Historischen Museum Hellental
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
Die Reichsverfassung wurde von 28 deutschen Regierungen zwar anerkannt, aber erneut von den großen Staaten abgelehnt, was zu mehreren Aufständen führte, die letztendlich am 21. Juli 1849 niedergeschlagen wurden.[4]
Trotz ihres Scheiterns gilt die Reichsverfassung vom 28. März 1849 als ein Meilenstein des deutschen Parlamentarismus und unserer Demokratie.
- Verfassung des Deutschen Reiches vom 28. März 1849 │ Reichs-Gesetz-Blatt 1849, S. 101-147.
["Frankfurter Reichsverfassung" bzw. "Paulskirchen-Verfassung"] -
Die deutschen Verfassungen 1849-1949
In diesem Kontext wurde die braunschweigische Gesetzgebung schrittweise reformiert.
Wahlrechtsänderungen, die Einführung der Grundsteuer und die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung wirkten sich auch auf die Dörfer Heinade, Merxhausen und Hellental aus.
1848
in der Schweiz
Erste Bundesratswahl - Ehrenmeldung [8]
Am 16. November 1848 erfolgt die Wahl des ersten Bundesrats, ein Unikum in Europa.
Der Freistaat der Drei Bünde [11]
Auf dem Gebiet des heutigen Kantons Graubünden wurden schon vor über 500 Jahren direktdemokratische Prozesse ausprobiert und gelebt.
1849
Im Juli 1849 kam es bei Schaffhausen zum Säbelrasseln zwischen preußischen Soldaten und Schweizer Truppen.
Mit kühlem Kopf und Verhandlungsgeschick konnte ein blutiger Konflikt verhindert werden.
Badischer Rückzug in die Schweiz [10]
1849 brach eine Revolution im Großherzogtum Baden zusammen.
Die Kämpfe nahe der Grenze sorgten in der Schweiz für Unruhe und führten schließlich zu einer Flüchtlingswelle.
1924-1933
Zerstörung der ersten parlamentarischen Demokratie
Auch die Wahlergebnisse von Hellental bei den Reichstagswahlen- und Landtagswahlen (Land Freistaat Braunschweig) 1924-1933 belegen die sukzessive Zerstörung der Weimarer Republik durch antidemokratische und antirepublikanische Kräfte auf kommunaler Ebene.
Oktober 1969
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[1] LAUD/SCHICK 2023.
[2] WIDMANN 2023d.
[3] Aleida Assmann, zitiert in STILLBAUER 2023.
[4] WIDMANN 2023e.
[6] Blog-Artikel des Schweizerischen Nationalmuseums vom 17. November 2023 von Kurt Messmer, Historiker mit Schwerpunkt Geschichte im öffentlichen Raum.
[7] ARNING 2024.
[8] Blog-Artikel des Schweizerischen Nationalmuseums vom 20. Oktober 2023 von René Roca, promovierter Historiker, Gymnasiallehrer, leitet das Forschungsinstitut direkte Demokratie fidd.ch.
[9] Blog-Artikel des Schweizerischen Nationalmuseums vom 12. Juli 2024 von Jürg Burlet, Historiker und Spezialist für Militärgeschichte.
[10] Blog-Artikel des Schweizerischen Nationalmuseums vom 12. Juli 2024 von Jürg Burlet, Historiker und Spezialist für Militärgeschichte.
[11] Blog-Artikel des Schweizerischen Nationalmuseums vom 20. September 2024 von René Roca, promovierter Historiker, Gymnasiallehrer und Leiter des Forschungsinstituts direkte Demokratie fidd.ch.
[19] GÖPFERT 2020.
[21] SCHÄFER 1999, S. 116.
[22] gewählte Mitglieder vornehmlich des Bildungsbürgertums – Pfarrer Karl Heinrich Jürgens aus Stadtoldendorf, Kaufmann Friedrich Stolle aus Holzminden.
[25] STIFTUNG HAMBACHER SCHLOSS 2017.
[27] Historisches Museum Frankfurt (HMF).