Ständeseidel: Wohl bekomms!
Museumsleitung
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
Bierkrüge mit Zunftzeichen
Das Bedürfnis nach künstlerischer Visualisierung von Berufsständen entwickelte sich in Europa während der Aufklärung.[1]
Noch während des 18. Jahrhunderts oblag die Aufsicht über die Handwerker weitgehend den Zünften, Innungen oder Gilden.
Bei volkstümlichen historischen Gläsern von Zünften und Handwerkern finden sich nach festen Formkriterien verwendete Zunftzeichen mit einfachen, klar zuordnungsbaren Handwerksgräten.
Die sinnbildlichen Embleme hatten eine große abgrenzende Bedeutung und besaßen zugleich eine hohe Identifikationskraft.
War „das Seidel“ zunächst ein regional verschiedenes Volumenmaß für Flüssigkeiten und ein Getreidemaß, so wurde „der Seidel“ zum Begriff für die halbe Maß Bier (0,5 l) wie auch zur Bezeichnung eines entsprechenden Trinkgefäßes mit Henkel als Bierkrug in Bayern.
Ein Bierkrug wurde zugleich auch Bierhumpen oder Bierseidel genannt, wenn er deckellos oder mit einem vornehmlich aus Zinn gestalteten Klappdeckel mit Daumenheber versehen war, traditionell hergestellt als Steinguthumpen oder auch als Glashumpen.
Die ausgestellten modernen Ständeseidel mit Stand, Scharnierdeckel, Henkel und Daumenrast entfalten ihren Charme mit kunstvollen Designs, in dem sie auf ihrer Vorderseite repräsentative Handwerkerbilder und traditionelle Innungszeichen aufweisen.
Der Zinndeckel ist ein traditionelles wie auch dekoratives Spezifikum von Bierkrügen.
Zugleich schützt der Deckel den kühlen Gerstensaft vor äußeren Einflüssen und bewahrt das Aroma des Bieres.
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
Die zylindrischen Humpen aus Glas mit Zinnmontierung zeigen thematisch einen Ständeseidel „Der Steinmetz“, „Der Schreiner“ und der Dachdecker.
Der keramische Zunftseidel „Der Fleischer“ mit graviertem Zinndeckel, Zunftzeichen und dem Meisterspruch
„Meister ist wer was ersann, Geselle wer was kann, Lehrling jedermann"
wurde in Hameln hergestellt und von der Fleischerinnung Holzminden einst mit persönlicher Verzierung als Dankesgabe einem Innungsmitglied überreicht.
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[1] JOOS 2017, S. 102-151.