Glas in Diagnostik und Therapie
Klaus A.E. Weber
Brillengläser
Auch Brillen zählen zum diagnostisch-therapeutischen Bereich von Gläsern.
Brillengläser werden ab ca. 1250 hergestellt.
Archäologische Funde von Kirchen- und Klostergrabungen belegen für das 14. und 15. Jahrhundert unterschiedlich gefasste Brillengläser.[7]
Beobachtung durch Glaslinsen
Einfache Lichtmikroskope werden um 1600 entwickelt.
Meilensteine:
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Joseph Fraunhofer (1787–1826) versucht in Benediktbeuern, die Glasschmelze unter wissenschaftliche Kontrolle zu bringen und verbesserte Mikroskope, Fernrohre und Vermessungsgeräte.
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In Jena gründet Carl Zeiss (1816-1888) 1846 eine optische Werkstätte und stellt ab 1866 gemeinsam mit Ernst Abbe (1840-1905) den Bau von optischen Instrumenten auf eine wissenschaftliche Grundlage.
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Friedrich Otto Schott (1851-1935) beginnt 1879 die Zusammensetzung optischer Gläser zu erforschen.
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1884 wird das Glastechnische Laboratorium gegründet, der späteren Jenaer Glaswerke & Gen., durch Otto Schott, Ernst Abbe, Carl Zeiss und Roderich Zeiss in Jena.
- 1886 wird das zehntausendste Mikroskop hergestellt, das Robert Koch (1843-1910) zum Geschenk gemacht wird.
∎ Um 1900 von Wilhelm Schattenberg im Schaubezirk Merxhausen
verwendetes Trichinen-Mikroskop
© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber
∎ Trichinen-Mikroskop │ um 1900
Das 17,5 cm hohe Reise-Lichtmikroskop mit kleinem Objekttisch wurde von dem als Trichinenschauer bestellten Schuhmacher Wilhelm Schattenberg (1873-1956) im ehemaligen Schaubezirk Merxhausen verwendet.
Die Innenseite des mit blauer Stempelfarbe befleckten oberen Kastendeckels weist Inschriften auf, aus denen hervorgeht, dass das Mikroskop von H. Schulze in Stadtoldendorf bezogen und am 05. November 1899 vom Kreistierarzt Dr. Fischer der Herzoglichen Kreisdirektion Holzminden für „gut“ befunden und damit zugelassen wurde.[1]
Zur Trichinenuntersuchung waren standardisiert weitere „Hülfsinstrumente“ vorgegeben, wie beispielsweise als Objektträger zwei „Kompressorien“ aus durch Schrauben gegeneinander zusammendrückbaren Glasplatten.
▷ Blog: TreNds 2023.5
Die Tuberkulose und der Blick in die Lunge
© Historisches Museum Hellental, Foto: Mechthild Ziemer
∎ Röntgenschirmbild im Schaukasten mit Vergrößerungsglas
Tuberkulose der Lunge
© Historisches Museum Hellental
∎ Der geheimnisvolle "Blaue Heinrich" │ um 1920-1940 [4][5]
„Geheimrath Dettweiler's Taschenflasche für Hustende“
Sie diente dem Auffangen von infektiösem Sputum bei Lungentuberkulose.
Sprungdeckel │ beide Seiten mit Skala 100 ccm
kobaltblaues Pressglas, Metall
⊚ Zum Anklicken [3]
Der "Blaue Heinrich" – Taschenspucknapf für Tuberkulöse
© Historisches Museum Hellental, Foto: Mechthild Ziemer
Der eiförmige Taschenspucknapf wurde von dem Lungenfacharzt Peter Dettweiler (1837-1904) in der Lungenheilanstalt Falkenstein im Taunus entwickelt.
Die patentierte Herstellung des Taschenfläschchens erfolgte durch die Firma Gebr. Noelle & Co in Lüdenscheid.
Das für 1,50 Mark vertriebene Fläschchen konnte in jede Rock- und Hosentasche gesteckt werden.
Glas in der Therapie
Glasspritzen zur Arzneimittel-Applikation
Mit einem Kolben aus Glas oder Edelstahl versehene Injektionsspritzen aus farblosem Glas - Glasspritzen - dienten dazu, mittels aufgesetzter Hohlnadeln (Kanülen) aus Edelstahl flüssige Medikamente (Injektabilia) zu verabfolgen.
Mehrweg-Glasspritzen mit Skalen (10 ml, 5 ml) und Rekord-Ansatz
aufgesetzte Edelstahl-Hohlnadeln (Injektionskanülen)
© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber
Arzneiabgabegefäße
Glasfläschchen als Behältnisse für Medikamente
Behandlung der Syphilis (Lues) mit Asurol®
ASUROL® │ Antisyphilitikum │ um 1910
2 Medizinfläschchen ASUROL │ farbloses Glas │ 12 ccm (12 ml) │ Nr. Boden 7189 [8]
Aufprägung: ASUROL-WERK │ WEISSENSTADT/FICHTELGEB
Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Quecksilbersalze wie das Asurol weit verbreitete Heilmittel zur Behandlung der Syphilis – einer sexuell übertragbaren, in mehreren klinischen Stadien verlaufenden Infektionskrankheit.
∎ Medizinfläschchen mit Bakelit-Drehverschluss │ 12 cm3
Behandlung der Syphilis mit ASUROL® │ um 1910
© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber
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[1] Exponat im Sammlungsbestand des HISTORISCHEN MUSEUMS HELLENTAL │ Mikroskop und Schrifttum dem Heimat- und Geschichtsverein für Heinade-Hellental-Merxhausen e. V. dankenswerterweise von Herrn Günther Schattenberg (Merxhausen) übereignet.
[3] Internet: https://www.uni-marburg.de/de.
[4] ROSENBERGER 2022.
[5] TAH 2017a.
[7] SACHSSE 2022, S. 293.
[8] Bodenfund am Heukenberg bei Mackensen │ Michael Begemann │ April 2020.