Hethis │ 815

Klaus A.E. Weber

 

Der Weg im karolingischen Jahrhundert

Die strategische Überlegung, zur Festigung des Frankenreiches und als Zentrum christlicher Glaubenverkündigung ein Mönchskloster inmitten des sächsischen Stammesgebietes, das von der Weser durchflossen wird, zu gründen, wird Karl dem Großen (768-814) als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches zugeschrieben.

Nach den langwierigen Sachsenkriegen und seinem Sieg über die Sachsen um 804 bemühtre sich Karl der Große um die Christianisierung des Landes, denn es war ihm und seinen Ratgebern klar, "daß der Bestand des Christentums in Sachsen nur mit friedlichen Mitteln und durch Glaubensboten eigenen Stammes gesichert werden konnte.

Deshalb hatte er in Domstifte und Abteien seines Landes junge Sachsen geschickt, um sie für diese Aufgabe heranbilden zu lassen.

Zu demselben Zweck sollte in Sachsen ein Kloster gegründet werden.“[4]

Der angesehene und literarisch gebildete Adalhard der Ältere (um 751/752-826), der als Vetter und zeitweise enger Vertrauter von Karl dem Großen dem kaiserlichen Hof angehörte und ab 821 Abt der im Jahr 662 gegründeten fränkischen Benediktinerabtei Corbie war, hat mehrfach sein Vorhaben, ein Kloster im Land der Sachsen mit einem Platz an der Weser zu gründen, häufiger mit jungen Sachsen besprochen, die in seinem Kloster an der Somme weilten.

Wie HANEMANN [3] ausführte, habe ein junger Sachse namens Theodradus angeboten, „die Überlassung eines als Grundstück geeigneten Grundbesitzes für die neue Ansiedelung auf seinem, im Sollinger Walde gelegenen, väterlichen Erbe zu erwirken“ – doch zunächst sollen sich die Eltern Theodrads geweigert haben, sich auf das Vermittlungsangebot ihres Sohnes einzugehen.

Die Klostergründung zur Missionierung der Sachsen wurde nach dem Tod von Karl dem Großen im Januar 814 in Aachen zunächst zurückgestellt.

Diese Aufgabe sollte durch seinen Sohn und Nachfolger Ludwig der Fromme (778–840) übernommen werden (reg. 814-840).

Auf dem fränkischgen Reichstag zu Paderborn gab er im Jahr 815 seine Genehmigung zur Klostergründung.

 

Blick von Corvey auf den Solling

Mai 2024

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Gründungsversuch im Solling

Auf Initiative des Corbier Interimsabtes Adalhard der Jüngere und mit Zustimmung des Reichstages zu Paderborn im Jahre 815 gründeten im ersten Versuch um das Jahr 816 Mönche aus dem nahe der Stadt Amiens gelegenen Kloster Corbie an der Somme (Département Somme, Picardie) an einem im Wald gelegenen Ort namens Hethis (Heth, Hetha, Hethie, Hechi) ein Mönchskloster in Sachsen.

Mit den Bau des Filialklosters wurde noch 815 in Hethis begonnen, dessen Lage im nahegelegenen Solling vermutet wird, am ehesten zwischen Neuhaus und Silberborn.

Die Missionszelle mit Klosterschule für begabte Knaben wurde mit sächsischem Besitz des nord-französischen Kloster Corbie ausgestattet.

Das Kloster Hethis gilt als erste Wirkstätte des Benediktinerordens im Weserraum und als erstes Mönchskloster in Niedersachsen.

Ein Propst ist vor 822 nachzuweisen.

Obgleich der Konvent anscheinend schnell anwuchs, erwies sich der Ort als geographisch und wirtschaftlich ungünstig, so dass das Kloster von Lieferungen aus Corbie abhängig blieb.

Wohl hatte man für die neue Ansiedelung einen verhältnismäßig günstigen Ort ausgewählt, doch erwies sich der Boden zu unfruchtbar und das Klima zu rauh, um einer größeren Anzahl von Mönchen dauernden Aufenthalt ohne Hülfe von außerhalb gewähren zu können, und da auch die Wasserverhältnisse ungünstig sich gestalteten, so dachte man schon sehr bald daran, nach einem günstiger gelegenen Orte überzusiedeln.“[1]

Ein fürchterliches Unwetter mit Erdbeben verbunden“ soll im Sollingwald den „Bach, an dem das Kloster stand“ verschüttet und zum Versiegen der Quelle beigetragen haben.[2]

Unter Propst Adalbert kam es um 820 wegen der Versorgungsprobleme zu Streitigkeiten zwischen den Mönchen, die schließlich in drei Gruppen unter einem jeweils eigenen Prior zerfielen.

Erste Umzugsplanungen wurden daraufhin angestellt mit dem Beschluss, das Kloster an den Weserbogen bei Höxter zu verlegen.

Nach mehr als sechsjährigem Aufenthalt verlegten im Jahr 822 die Mönche das Kloster vom "rauhen Solling" an das "liebliche Wesertal", um dort mit einen Neuanfang zu beginnen.

Bis heute ist es nicht gelungen, den Klosterstandort von Hethis eindeutig zu ermitteln, wobei fachlich mehrheitlich von einer Lage im Solling (bei Silberborn, Neuhaus oder südlich von Neuhaus) ausgegangen wird.

 

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[1] HANEMANN 1921, S. 2.

[2] HAASE 1922, S. 16.

[3] HANEMANN 1921, S. 1.

[4] STÜWER 1967, S. 6.