Die „reinste und feinste Marke"

Klaus A.E. Weber

 

Der schwäbische Unternehmer Johann Heinrich Franck (1792-1867) gründete eine Zichorienkaffeefabrik, die sich nach dessen Tod unter den Nachfahren - „Heinrich Franck Söhne“ - in Ludwigsburger sowie in anderen Fabrikanlagen weiterentwickelte (Marke Franck - Geschichte eines industriellen Familienunternehmens).

Der in der Dauerausstellung als greifbares Objekt präsentierte schaufelförmige Messlöffel für das Kaffeegetränk «Kornfranck» erinnert an den brutalen Kolonialismus des Deutschen Kaiserreichs von 1871 bis 1918.

Das eher unscheinbare alltagskulturelle Expont aus Hellental steht im LandMuseum stellvertretend für das Deutsche Kaiserreich als Kolonialmacht in Namibia und den Völkermord an den Herero und Nama - Ovaherero, Ovambanderu und Nama/Damara - zwischen 1904 und 1908 in der Kolonie „Deutsch-Südwestafrika“.

 

„Aecht Franck mit der Kaffeemühle“

Mit dem aus deutscher kolonialer Perspektive mit klarer Hierarchie erstellten Reklamebild von 1905, das streng bewachte, gefangene Hereros sowie einen gefesselten Herero entwürdigend abbildet, dokumentierte «Aecht Franck mit der Kaffeemühle» den grausamen deutschen Kolonialismus mit maximaler Ausbeutung einheimischer afrikanischer Arbeitskräfte.

 

Quelle: Frankfurter Rundschau │ 14. Oktober 2019 │ 75. Jahrgang │ Nr. 238 │ Abb. S. 19. [1]

 

Das Sammelbild als Instrument der Herrschaft und Kontrolle trägt den Titel „Herero-Aufstand in der deutschen Kolonie Deutsch-Südwest-Afrika“.

Der blutige Herero-Krieg von 1904 führte zum Völkermord an den Volksgruppen der Herero und Nama - Ovaherero, Ovambanderu und Nama/Damara - in dne Jahren 1904-1908.

Die Marke «Kornfranck» wurde geschaffen als sich in der Zeit um 1900 ein neuer Markt für das Kornkaffeegeschäft entwickelte und man sich vom Kathreiner Malzkaffee abheben wollte.

Auch nach dem Ersten Weltkrieg wurden Produkte des Unternehmens u. a. unter Namen «Kornfranck» weiter vermarktet.

Die Einführung des neuen Produktnamens »Mühlen-Franck« für den Zichorienkaffee sollte Assoziationen an die Zichorie und an Elend, Krieg und die schlechte Ernährungssituation vermieden werden.

Stadtgeschichte Linz: Franck während Zwischenkriegszeit und NS-Diktatur

Stadtgeschichte Linz: Franck und Kathreiner nach 1945 in Österreich

 

Zielgruppen von »Kornfranck«

Während der Autarkiebestrebungen des nationalsozialistischen Regimes und der zunehmenden Genussmittelverknappung während des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) wurde der „Kaffee-Surrogat-Extrakt" staatlich verwaltet und werbepsychologisch unterlegt, teils diskriminierend beworben.

Frauen

  • "Den Geschmack einer Frau kann man am Kaffeezusatz erkennen. Ist ihr Geschmackssinn gut ausgebildet, so verlangt sie für ihr Geld nicht nur die besten Kaffeebohnen, sondern auch den besten Kaffeezusatz, nämlich Aecht Frank mit der Kaffeemühle. Mit ihm bereitet sie eine Tasse guten Kaffee."

  • "Vielen Frauen gelingt es nicht, einen wirklich guten Kaffee zustande zu bringen, trotzdem sie viel Geld für die besten Kaffeebohnen ausgeben. Woran liegt es? Sie achten nicht auf die Qualität des Kaffeezusatzes.Würden sie sich an die reinste und feinste Marke Aecht Frank mit der Kaffeemühle halten, so hätten sie stets einen aromatischen und wohlschmeckenden Kaffee."

 

Schulkinder von Merxhausen mit Kornfranck-Werbung

während des Zweiten Weltkriegs │ um 1940

© Archiv Historisches Museum Hellental

 

Schulkinder

Wie die ausgestellte Fotografie von Schulkindern aus Merxhausen in der Zeit um 1940 ausweist, wurden zur Werbung für »Kornfranck - gesund wie das tägliche Brot!« zielspezifisch auch Schulkinder werbepsychologisch eingesetzt.

 

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[1] WIEDEMANN 2019.