Kolonialmacht Deutsches Kaiserreich │ 1884-1919
Klaus A.E. Weber
Die Errichtung des heutigen Museumshauses SOLLINGHAUS WEBER fällt nachweislich in das Jahr 1884, dem Jahr des formalen Beginns der kolonialen Eroberungen des Deutschen Reichs.
Am 15. November 2024 jährte sich zum 140. Mal der Beginn der historischen Berliner Konferenz von 1884/1885.
Wider Willen unterzeichnete Deutschland am 28. Juni 1919 den Friedensvertrag von Versaille und erklärte somit den Verzicht auf sein überseeisches Kolonialreich.
Bis in die NS-Zeit haben Kolonien in Afrika eine immense Bedeutung für die deutsche Wirtschaft.
Mit einem rassistisch und religiös begründeten Zivilisations- und Missionierungsauftrag einhergehend, kommt es zur wirtschaftlichen Ausbeutung und Armut, Gewalt, Krieg und Völkermord, zur Unterdrückung mit harter Zwangsarbeit von kolonisierten indigenen Bevölkerungen.
1884
Auf Einladung des Reichskanzlers Otto von Bismarck tagte im Berliner Reichskanzlerpalais vom 15. November 1884 bis zum 26. Februar 1885 die sogenannte „Berliner Konferenz", die auch als „Westafrika-Konferenz" oder „Kongo-Konferenz" bezeichnet wird.
Es versammelten sich in Berlin die Vertreter von 11 europäischen Staaten, sowie Russlands, der USA und des Osmanischen Reiches, um über das künftige Vorgehen jener Staaten auf dem afrikanischen Kontinent zu beraten.
Allerdings waren afrikanische Repräsentanten bei dieser Versammlung nicht zugegen.
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Verpackung für die Kolonial-Schokolade │ um 1890
Sensoria – Haus der Düfte und Aromen, Holzminden
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
Die europäische bzw. deutsche Kolonialgeschichte zeigt aber, dass sich Deutschland bereits zuvor aktiv am Kolonialismus beteiligte und Kolonien deutscher Länder schon vor 1871 bestanden.
Spätestens aber mit dem Beginn der Kolonialherrschaft des Deutschen Kaiserreichs bis in die Zeit des Nationalsozialismus hatten Kolonien, einhergehend mit Unterdrückung der kolonisierten Bevölkerungen mit harter Zwangsarbeit und Kriegen, eine immense Bedeutung.
Zeugnisse der Kolonialgeschichte des Deutschen Kaiserreichs rund um Ausbeutung, Rassismus und Widerstand, Kolonialkrieg und Genozid sind die deutschen Kolonien in Afrika:
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Deutsch-Südwestafrika (Namibia) 1884-1915
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Togo 1884-1916 - koloniale Ausbeutung im Baumwollanbau
- Deutsch-Ostafrika („Schutzgebiete") - von 1885 bis 1918 bestehend die größte und bevölkerungsreichste Kolonie des Deutschen Reiches
1904 - 1908
In der Kolonie „Deutsch-Südwestafrika“ kam es in den Jahren von 1904 bis 1908 zum Völkermord an den Ovaherero, Ovambanderu und Nama / Damara.
Hervorzueben ist der Völkermord vom 11. August 1904, dem Tag der Schlacht von Ohamakari.
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„Finde ich keinen Weg, so bahne ich mir einen.“
Hermann von Wissmann (1853-1905), preußische Offizier und Kolonialeroberer
Firmen profitierten von ausgebeuteten Kolonien
Imperialistisch exportorientiert drängen unter Wilhelm II. u.a.
vehement auf den Weltmarkt, riefen nach dem deutschen Imperium, einem kolonialen „Platz an der Sonne“.
Dabei wurde Friedrich Krupp AG die wichtigste Waffenschmiede im Kaiserreich.[5]
Das Deutsche Kaiserreich verfügte 1914, am Vorabend des Ersten Weltkrieges, nach
über das viertgrößte Kolonialreich/Kolonialmacht der damaligen imperialistischen Zeit.
Das deutsche Kolonialreich fand nach dem Ersten Weltkrieg am 28. Juni 1919 sein völkerrechtliches Ende.
Noch heute gibt es koloniale Spuren im städtischen Raum.
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Die Sarotti-Markenfigur entstand in der ausgehenden Kolonialzeit (1918)
Sensoria – Haus der Düfte und Aromen, Holzminden
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
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Kolonial(re)visionen
Zwar hatte mit Ende des Ersten Weltkrieges auch das Deutsche Kolonialreich 1919 formal sein Ende gefunden, dennoch lebten koloniale Denkweisen und Aktivitäten aber weiterhin fort, wie in der NS-Zeit, wofür sich vor allem Kolonialverbände engagierten, die die junge Generation als Projektionsfläche für eigene Forderungen nach Kolonialrevision betrachteten.[4]
Was zeichnet ie postkoloniale deutsche Kolonialgeschichte räumlich, zeitlich und thematisch aus?
"Kolonialwaren Ph. Hecker"
LWL-Freilichtmuseum Detmold
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
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[4] "Nur wer die Jugend hat, hat die Zukunft" - Umkämpfte Kolonial(re)visionen in der Weimarer Republik - Vortrag von Dr. des. Susanne Heyn, Historikerin und Gewerkschafterin aus Hannover am 20.01.2017 in Göttingen, veranstaltet vom DGB-Kreisverband Göttingen im Rahmen der Ausstellungsreihe „Schwarze Lebensrealitäten in Deutschland — zwischen kolonialen Kontinuitäten und Widerstand“ und der Veranstaltungsreihe "Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus".
[5] ALBIG 2004, S. 58.
[7] MAU 1900.