Das portugiesische Kolonialreich

Klaus A.E. Weber

 

Ein dunkles Kapitel portugiesischer Geschichte

Im Zeitalter der Entdeckungen während des 15.-16. Jahrhunderts erlangte das katholische Portugal imperialistische Größe als Kolonialmacht durch dem Import von Gewürzen und seiner Dominanz über den europäischen Gewürzhandel, zugleich aber auch als europäisches Zentrum des Sklavenhandels.

Das 1960 am Fluss Tejo durch das autoritäre Salazar-Regime errichtete Padrão dos Descobrimentos (Denkmal der Entdeckungen) im Stadtteil Belém in Lissabon zeigt in westlicher Ansicht Heinrich den Seefahrer (1394-1460) mit einer Karavelle auf den Armen als Anführer der portugiesischen Entdecker.

Ein weiteres Denkmal befindet sich in der nordportugiesischen Hafenstadt Porto, wo Heinrich der Seefahrer - Infante Dom Henrique de Avis - Ende des 14. Jahrhunderrts als Sohn des portugiesischen Königs Johann I. und seiner Frau Philippa of Lancaster geboren wurde

 

Padrão dos Descobrimentos in Lissabon März 2011

Sockel des Denkmals in Porto │ Oktober 2005

© [hmh, Fotos: Klaus A.E. Weber

 

Der portugiesische Seefahrer Vasco da Gama (um 1469 - 1524) entdeckte den Seeweg um das Kap der Guten Hoffnung nach Indien.

Indien erreichte er erstmals 1498 und wurde der zweite Vizekönig von Portugiesisch-Indien.

 

Ehrengrab von Vasco da Gama im Mosteiro dos Jerónimos in Belém bei Lissabon

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Portugal erwarb bis in das 17. Jahrhundert hinein Kolonien in

  • Amerika

  • Afrika

  • Arabien

  • Indien

  • Südostasien

  • China

 

Brasilien war eine portugiesische Kolonie.

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Portugiesischer Menschenhandel

Die südportugiesische Hafenstadt Lagos an der westlichen Algarveküste entwickelte sich aufgrund ihrer strategischen Lage an den wichtigsten Seewegen im ausgehenden Mittelalter zu einem großen maritimen Zentrum, das mit der Westküste Afrikas handelte.

Der Hafen wurde zum Ausgangspunkt zahlreicher Expeditionen portugiesischer Schiffe für Entdeckungen, Kolonisierung und Menschenhandel, initiiert von Heinrich der Seefahrer (1394-1460).

 

Bronzestatue Infante Dom Henrique von 1960 │ Lagos

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Einhergehend mit ersten afrikanischen Sklavenüberfällen wurde der Hafen im 15. Jahrhundert ein zentraler Anlaufpunkt für Sklavenschiffe aus Afrika und zu einem der Hauptumschlagplätze für die Be- und Entladung der in Afrika gefangenen oder gekauften Sklaven.

Die ersten Sklaven aus Subsahara-Afrika, 235 Sklaven aus Guinea und dem Senegal, wurden in Karavellen 1444 nach Lagos gebracht und noch auf dem Rossio da Trindade am Stadttor von Lagos versteigert, bevor sie in Portugal und in sndere Teile Europas weiter verteilt wurden.

Versklavte Afrikaner aus Westafrika waren die ersten, die in Europa verkauft wurden.

Als sich der Menschenhandel mit afrikanischen Sklaven mit großem Gewinn für die portugiesische Monarchie und die Händler von Lagos entwickelte, wurde auf Befehl von Heinrich dem Seefahrer in Lagos 1444 der erste Sklavenmarkt (Mercado de Escravos) im neuzeitlichen Europa gegründet.

Es war der Beginn der europäischen Beteiligung am atlantischen Sklavenhandel, die mehr als vier Jahrhunderte andauern sollte.

Erst um 1820 sollte der Menschenhandel verboten werden.

Ausgangshafen der Sklaventransporte für den Sklavenmarkt in Lagos/Portugal war die afrikanische Stadt Lagos an der Küste des Golfs von Guinea.

 

Die afrikanischen Sklaven von Lagos

Beim Bau eines unterirdischen Parkhauses in Valle da Gafaria wurden bei einer Notgrabung im Jahr 2009 zahlreiche Menschen-Skelette entdeckt.

Hierbei handelt es sich um Überreste von 158 zentralafrikanischen versklavten Personen aus Valle da Gafaria.

Exhumiert von einer städtischen Mülldeponie aus dem 15.-17. Jahrhundert vor der mittelalterlichen Stadtmauer von Lagos werden sie in der Universität Coimbra anthropologisch untersucht.

֍ Die Sklaven von Lagos (Forschungsprojekt)

 

Rekonstruierter Sklavenmarkt in Lagos März 2011

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Zeugnis menschlichen Leids

Der Mercado de Escravos befindet sich an der Praça Infante Dom Henrique in Lagos.

Es ist ein historischer Ort, an dem zahllose Menschen in der dunklen Zeit der Sklaverei ihr Leben verloren haben.

Das heute auf dem Gelände des ersten Sklavenmarkt Europas stehende weiße Gebäude hat im Laufe der Geschichte viele Veränderungen erfahren, da es im Laufe der Zeit verschiedenen Zwecken diente.

Der heutige, erst 1691 nach einem Erdbeben, das einen Großteil der Altstadt von Lagos zerstörte, wieder aufgebaute Arkadenbau geht also nicht unmittelbar auf die Ankunft der Sklaven in Lagos zurück, da von 1512 an Sklaven in Lissabon angelandet werden konnten.

Gleichwohl verweist das symbolträchtige Bauwerk mit zwei Etagen auf das grausame wie profitable Geschäft der portugiesischen Monarchie und der Sklavenhändler.

 

Arkadenbau der rekonstruierten Sklavenhalle in Lagos März 2011

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Der untere Gebäudeteil wird als 400 Jahre alt beschrieben, gebaut für den Sklavenmarkt.

Der erste Stock diente militärischen Verwaltungszwecken und ab 1755 als Zollhaus für Lagos.

Seit 2016 ist das historische Gebäude ein Denkmal und ein Museum, das sich der Geschichte der Sklaverei und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft widmet.

 

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[1] ZEIT 2024, S. 49.

[2] WIEDEMANN 2019.

[3] EVANS in HESSE 2023d.