Gedanken zum Jahreswechsel 2024/2025
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
Trotz alledem …
Liebe Leser*innen,
was wir in der Arbeit im Historischen Museum Hellental brauchen ist immer wieder auch der Mut zur Auseinandersetzung mit unangenehmen Themen.
So galt mein Geleitwort zum letztjährigen Mitglieder-Rundbrief Nr. 21 des Heimat- und Geschichtsvereins für Heinade-Hellental-Merxhausen e. V. dem „Hinsehen mit Haltung in unübersichtlichen Zeiten“.
Ich hatte als Vereinsvorsitzender nachdenkliche und zum Nachdenken anregende, vielleicht auch für die eine oder den anderen unbequemen Worte zu schwierigen, unübersichtlichen Zeiten gewählt – verbunden mit Hoffnung und Erwartungen.
Beim Erstellen des diesjährigen Geleitwortes stellte sich mir die Frage, was sich seither geändert, gar gebessert hat – auf allen Ebenen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Handelns - im europäischen Raum, im nationalen, im regionalen und kommunalen Umfeld.
Schnell kam der Gedanke, eigentlich würde sich ein Hinweis auf das Geleitwort des letzten Mitglieder-Rundbriefes anbieten, denn es sind nach wie vor unübersichtliche Zeiten, in denen die Grenzen der Menschlichkeit und des Miteinanders erreicht und auch weiterhin verletzt werden, in denen die Herzen und die Sprache weiter verrohen, gepaart mit Hass und Angst.
Eine besondere Zuspitzung sehe ich darin, dass sich nazistisch übersteigerte Autokraten und skrupellose Finanzmächtige durch polarisierende Desinformationen, Diffamierungen, Bedrohungen und Verfolgung staatstragend profilieren und Menschenrechte verweigern.
Das ist aber nur möglich, da sie von Machtinteressierten mit Monopolanspruch wie auch von in jeder Hinsicht dubiosen Bevölkerungsteilen unterstützt werden.
Unweigerlich muss ich dabei erneut, ja verstärkt an die schleichende, systematische Zerstörung der ersten parlamentarischen Demokratie denken, die zu wenige Demokraten hatte.
Auch die Wahlergebnisse in unserer Dorfregion Heinade-Hellental-Merxhausen bei den Reichstagswahlen- und Landtagswahlen (Land Freistaat Braunschweig) 1924-1933 belegen die sukzessive Zerstörung der Weimarer Republik durch antidemokratische und antirepublikanische Kräfte auf kommunaler Ebene.
Es gilt also, genau hinzusehen und hinzuhören, dahinter zu schauen und aufzudecken und vor allem öffentlich Haltung zu zeigen, denn die demokratischen Werte in einer schwankenden Demokratie stehen weltweit auf dem Prüfstand.
In unserer Zeit, in der eine komplexe Gemengelage aus Diskriminierung, Antisemitismus, Rassismus, völkischem Nationalismus, Diffamierungen und antidemokratische Bewegungen (wieder) das friedliche Zusammenleben und Miteinander in bunter Vielfalt gefährdet, muss unsere Demokratie mit ihrem Grundgesetz geschützt und ihre Widerstandsfähigkeit nachhaltig gestärkt werden.
In diesen herausfordernden Zeiten des Umbruchs, in der wieder das friedliche Zusammenleben in Vielfalt auch in Deutschland gefährden, in der gesellschaftlicher Zusammenhalt und demokratische Werte zunehmend unter Druck geraten, muss sich auch unser Museum als ein offener Ort der Kultur und Demokratie weiterentwickeln.
Daher sollten wir im neuen Jahr erneut zeigen, dass unser Museum unsere liberale Demokratie als lebendig und wehrhaft versteht, sie nachhaltig stärkt und im Alltag lebt, auch im Diskurs.
Daher ist auch unser Museum aufgefordert, mit Haltung im Spannungsfeld aktueller antidemokratischer Tendenzen dazu beizutragen, mit seinen Mitteln die Demokratie zu verteidigen, das gesellschaftliche Zusammengehörigkeitsgefühl glaubwürdig zu stärken und sich für Versachlichung und Verständigung in der Gesellschaft einzusetzen.
Wie ich es auch von mir kenne, ist und bleibt dies für jede*n von uns eine permanente Herausforderung, die müde machen kann.
Dennoch bedarf es, immer wieder gegen die aufkommende Gleichgültigkeit anzugehen und den Diskurs im Miteinander nicht zu scheuen.
Verbunden mit der Frage, in welcher Welt wir mit welchen Werten leben wollen, wünsche ich Ihnen als Leiter des Museums einen guten Start in das neue Jahr.
Gestalten Sie unsere Museumsarbeit kritisch, kreativ und lösungsorientiert mit, wofür wir Mut und Zuversicht brauchen - trotz alledem.
Dr. Klaus A.E. Weber
Museumsleiter