Hellental im Zeitraffer
Klaus A.E. Weber
Steinzeitliche Kulturspuren
9.500–5.500 v. Chr.│BCE
In sozialen Netzwerken organisiert, durchstreifen zwischen der jüngeren Altsteinzeit und der Jungsteinzeit - im Mesolithikum - wiederholt Jäger-Sammler-Fischergemeinschaften das wasserreiche Hellental.
Mit Feuer, Sand und Asche
12./13. Jahrhundert
In Zeiten des Aufbruchs in die Gotik erzeugen im Umfeld einer Klosterkulturlandschaft - im „Alten Tal der Glasmacher“ - dem Holz nachwandernde Glasmacher Holzascheglas in Waldglashütten, errichtet als mittelalterliche "Wanderglashütten"
Mutmaßlich wurden einfache Trinkgläser, Fensterglas und Reliquiengläser hergestellt.
Klassisches Zeitalter des Saufens
17. Jahrhundert
Zu Beginn des Jahrhunderts stellen zwei große frühneuzeitliche Waldglashütten ein regionaltypisches Formenspektrum spätrenaissancezeitlicher Hohl- und Flachgläser her.
Beide Glashütten werden vermutlich im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) von marodierenden Söldnern überfallen.
Zeitenwende
18. Jahrhundert
Rückwandernde mecklenburgische Glasmacherfamilien gründen um 1715 im Hellental die Glashütte Steinbeke.
Deren ortsfeste Werkssiedlung besteht rund drei Jahrzehnte lang, bevor sie um 1743 an das Herzogtum Braunschweig abgetreten wird.
Von der Glashütte zur Arbeiterkolonie
18. Jahrhundert
Die am Vorabend des Siebenjährigen Krieges von Herzog Carl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel aufgekaufte „Höllthal Glas Hütte“ wird an den nahen "Schorbornsteich" verlegt, um 1744 die Fürstliche Glasmanufaktur Schorborn zu errichten.
1753 "Anbau zu Hellenthale"
Mit der Verordnung von Herzog Carl I. (1713-1780) von Braunschweig-Wolfenbüttel zum "Neuen Anbau auf dem Lande" werden „Handwerker und Professionisten“ angeworben
Um 1753 entsteht staatlich geregelt und gefördert systematisch die „Colonie Hellenthale“, eine gewerbliche Zuwanderungssiedlung auf dem Boden des aufgelassenen Hellentaler Glashüttenweilers - zur „Beförderung des commerce“ im braunschweigischen Weserdistrikt.
So wird die aufgelassene Steinbeker Werkssiedlung zum Nukleus der dauerhaften Besiedlung im unteren Hellental.
Schreckensjahr im Solling
1761
im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) wird insbesondere das Jahr 1761 zum Schreckensjahr für die hiesige Region - als im Frühsommer französische Truppen über die Weser vordringen
Lein anbauen, Flachsgarn spinnen, Leinen weben
18./19. Jahrhundert
Die Hellentaler Arbeiterkolonie ist eine arme Berggemeinde mit kleingewerblichem Mischeinkommen.
Wilddiebe, Schmuggler und die Cholera
18./19. Jahrhundert
Wilderei und Schmuggel erblühen im braunschweigisch-hannoversch-preußischen Grenzraum des Hellentals jm Solling.
1850
Hellental bleibt von der schweren Choleraepidemie von 1850 im Alt-Kreis Holzminden verschont.
Zum Dank wird der erste Mittwoch im September als jährlicher „Choleratag” des Dorfes zum Feiertag bestimmt.
Industrie, Verarmung, Massenkrieg
1871-1918
Unter preußischer Regentschaft prägen Nationalismus, Militarismus, Krieg und Kolonialismus maßgeblich das autoritäre Deutsche Kaiserreich.
Die zunehmende Errichtung von Fabriken verschärft auch in Hellental die Armutssituation.
An dem hochindustrialisierten Ersten Weltkrieg 1914-1918 mit millionenfachem Sterben, mit Angst, Flucht, Kälte und Hunger nehmen 81 Hellentaler Soldaten teil, 22 kommen ums Leben.
Umschlagen der Zivilisation in Barbarei
1933-1945 - dunkle schwarz-braune Jahre im NS-Faschismus
Auch in Hellental gelingt den Nationalsozialisten mit ihrer völkisch-nationalen, antisemitischen und rassistischen Ideologie der Aufstieg.
Unterstützt von der Bevölkerung, führt deren Gewaltherrschaft 1939 zum Zweiten Weltkrieg.
Bis 1945 werden in dem Vernichtungskrieg 30 Soldaten aus Hellental getötet oder gelten als vermisst.
„Unschuld" und „kollektive Amnesie"
nach 1945
In Deutschland beginnt eine konservative Zeit mit „kollektiver Amnesie“ und Komplizenschaft, in der die zwölf Jahre nationalsozialistischer Diktatur und ihre Verbrechen nicht zum Thema werden.
So sind Nationalsozialisten für lange Zeit allgegenwärtig präsent mit Einfluss auf die Gesellschaft und Nachkriegsjustiz.