Der Solling - Eine Landschaft als Ressource
Klaus A.E. Weber
„Solling sylva“ │ „Solling waldt“
Als „Waldgebiet 2013“ weist der Solling heute eine Flächengröße von rund 440 km² auf.
1823 umfasste der braunschweigische Teil des Sollings ein herrschaftliches Waldareal von 12.592,25 ha.[13]
Der Solling befindet sich im 750 km² großen Naturpark Solling-Vogler.
Das zweigrößte Waldgebiet Niedersachsens liegt östlich des Wesertals und grenzt an die Bundesländer Hessen und Nordrhein-Westfalen.
Als historisch-landeskundlicher Kernsatz gilt für den Solling, dass die unwirtlichen Höhenzüge des Mittelgebirges für eine dauerhafte Siedlung wenig geeignet waren; Waldgebiete blieben über einen längeren Zeitraum unerschlossen.[12]
Beschreibung des Sollings
Uslar │ um 1953
Der Solling zählt zu dem 960 km² großen Kulturlandschaftsraum K37 "Solling, Bram- und Kaufunger Wald" in der Naturräumlichen Region "Weser- und Weser-Leinebergland" im Südwesten Niedersachsens - mit den Historischen Kulturlandschaften (HK) HK60, HK61, HK70 und HK 71.[9][11]
Naturräumlich gleicht dessen vorwiegend aus Buntsandstein aufgebaute Kuppe im Relief einem umgedrehten Teller ("umgedrehte Untertasse") mit
-
wenig Reliefenergie
-
kaum markanten Erhöhungen
-
steil abfallenden Seiten
-
relativ steilen Hängen zur Weser
- vielen weitgehend ebenen Kernbereichen der Höhenzüge.[10]
Sein Buntsandstein-Untergrund wird von Silikat haltigen sauren Böden überdeckt.
„Durch die Geologie des Buntsandsteingewölbes bedingt herrschen keineswegs schroffe Höhenzüge, sondern allmählich ansteigende, als Kuppen ausgebildete und zwischen diesen gelegene oder innerhalb von diesen eher sanft ausgeprägte lange, nur stellenweise etwas markanter ausgeprägte Täler vor.“[4]
Einst galt nach SCHUBERT [8] das etwa 500 km² große Mittelgebirge Solling als „menschenarmes Waldplateau in dicht besiedelter Umgebung“.
Noch heute bestehende Still- und Fließgewässer und vermoorte Gebiete lassen den Namen „Solling“ auf ein ehemaliges Sumpfgebiet zurückführen.
Die jeweiligen Landesherren schätzten seit jeher den Solling wegen seiner Jagdgründe, weshalb er auch zwischen der Braunschweiger und der Calenberger Linie der Welfen aufgeteilt wurde.
"Wenig Reliefenergie"- Linearer Höhenzug des Sollings
Fredelsloh im August 2021
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
Einst ein Primärwald - dann ein historisch gewachsener Kulturwald
Holz ist im Solling seit Jahrhunderten eine der wichtigsten Lebensgrundlagen.
Das Landschaftsbild des Sollings ist „eine harmonische Kulturlandschaft, die in mannigfachem Wandel in Vergangenheit und Gegenwart geformt wurde“.[6]
Wie andere Bergwälder, so gilt auch der abseits gelegene Solling seit langem als unheimlich und gefährlich - und auch als Aufenthaltsgebiet böser Geister.
Nach LILGE fürchteten Männer wie Frauen in den "Zwölften", in den 12 Nächten nach Weihnachten den sagenhaften Wilden Jäger Hanns von Hackelberg (1521-1581?) - den Geist eines Oberjägermeistes -, "der dann durch die Lüfte zog und diejenigen strafte, die in diesen Tagen Wäsche wuschen, backten oder sich vorwitzig zeigten".[7]
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
Die historische Entwicklung des über 38.000 Hektar großen Sollings wurde maßgeblich von der vielfältigen Waldnutzung und deren Geschichte geprägt – vom Mittelalter bis in unsere Zeit des beginnenden 21. Jahrhunderts.
Ohne steile Erhebungen ist das geschlossene Waldgebiet mit über 500 Höhenmeter die zweithöchste Erhebung in Niedersachsen, geprägt von
- der Formation des Mittleren Buntsandsteins
- einer hohen Niederschlagsmenge im Hochsolling (bis zu 1.000 mm Niederschlag pro Jahr), einhergehend mit einem eher humiden Klima
Der „sagenhafte“ Solling
Der Südwesten Niedersachsens ist von einem waldreichen Kulturlandschaftsraum im dortigen Hügel- und Bergland von Tälern, Becken und Höhenzügen geprägt, wobei das Buntsandsteingebiet zu den Besonderheiten zählt.
Der annähernd kreisrunde, etwa 20 km im Durchmesser große Mittelgebirgszug des "Söllings" ist ein Teilgebiet des südniedersächsischen Kulturlandschaftsraumes "Solling, Bram- und Kaufunger Wald" in der Naturräumlichen Region "Weser- und Weser-Leinebergland".
Das „schöne Waldgebirge“ war „nach dem Harze die bedeutendste Erhebung“ des ehemaligen Braunschweiger Landes.
„Die Oberfläche des von allen Seiten sanft ansteigenden Gebirges bildet eine weite Hochebene, über welche die flachen Kuppen der Berge emporragen“.[15]
Die höchste, kaum erkennbare Erhebung ist mit 527,8 m üNN die „Große Blöße“ im Obersolling.
Im Scheitel vom Mittleren Buntsandstein gebildet, besitzt dieser, trotz relativ deutlicher Höhendifferenzen, „ganz den Charakter einer einförmigen, gipfellosen Hochfläche“.[16]
Massige Bänke des nutzbaren Bausandsteins wurden früher und werden noch heute als Bau-Werksteine genutzt.
Der Solling ist noch heute eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete in Deutschland.
Nach LICHTENHAHN [18] sollen die Rodungen der Sollingtäler wahrscheinlich bereits im frühen Mittelalter erfolgt sein.
Möglicherweise könnte dies auch für das große nördliche Sollingtal, das Hellental, gelten.
Vom Mittelalter bis zur frühen Neuzeit erlangte hier nur die Glasherstellung in zahlreichen Waldglashütten eine überregionale wirtschaftliche Bedeutung.
Ansonsten herrschten die Forst- und Landwirtschaft und das direkt daran gebundene Verarbeitungsgewerbe auf Grund des eingeschränkten regionalen Naturpotentials vor.
Kurz sei eingangs auch darauf hingewiesen, dass sich der Solling und seine Randgebiete - wie das übrige Weserbergland - auch als alte, vorwiegend bäuerlich geprägte Kulturlandschaft auszeichnet, in der über Jahrhunderte hinweg heute weitgehend vergessene Sagen und Märchen mündlich überliefert wurden.
So konnte in der Region des niedersächsischen Berglandes ein wertvoller Sagenschatz mit zahlreichen Sagenfiguren entstehen.
Der dominierende, dichte Wald mit seinen angrenzenden Naturräumen und seine Bewohner*innen stehen dabei hauptsächlich im Mittelpunkt jener mythisch-magischen Geschichten und Volkserzählüberlieferungen, die letztlich um Geheimnisse des menschlichen Lebens kreisen.[17]
Der Grenzraum der „Hellental-Merxhausener-Senke”, insbesondere aber die Orts- und Sozialgeschichte des mittelalterlichen Bauerndorfes Merxhausen sowie des Glasmacherortes und späteren Arbeiter- und Handwerkerdorfes Hellental, sind tief eingebettet in die niedersächsische, vormals Braunschweiger Landesgeschichte.
Das kleine Bergdorf Hellental und seine Einwohner*innen wurden von ihr seit 1753 bis in die heutige Zeit nachhaltig prägend beeinflusst.
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[1] NHB 2003, S. 20 ff.
[2] 3sat Mediathek, Sendung vom 27. April 2017.
[3] KÜSTER ist Professor für Pflanzenökologie am Institut für Geobotanik der Leibniz Universität Hannover und gilt als Experte für Kultur und Geschichte des Waldes.
[4] DBU 2018, S. 107.
[6] REDDERSEN 1934, S. 7.
[7] LILGE 1995, S. 31.
[8] SCHUBERT 1997.
[9] WIEGAND 2019, S. 284-295.
[10] WIEGAND 2019, S. 285, 288.
[11] NHB 2020, S. 82-83.
[12] STREICH 1996, S. 25-26.
[13] TACKE 1943, S. 52.
[15] KNOLL/BODE 1891, S. 89.
[16] TACKE 1943, S. 10.
[17] u.a. PETSCHEL 2001.
[18] LICHTENHAHN 2005, S. 5.