Im Fokus: Reservisten-Tabakpfeifen │ um 1900

Klaus A.E. Weber

 

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Reservistenbild │ 1890

© Historisches Museum Hellental

 

Erinnerungsfotografie, datiert 1890

Reservistenbild der 7. Kompanie Braunschweigisches Infanterie-Regiment No. 92

 

Mit Gott für Kaiser u.[nd] Vaterland

Drei Kaisern treu gedient.

Mit Gott für Kaiser u.[nd] Vaterland

Reserve

der 7 Comp[anie] Braunschw.[eigische] Inf.[anterie] Rgt.[giment] No. 92

1890

Parole Heimat

Zur Erinnerung an meine Dienstzeit

 

Militärische Rauchgeräte von großer Bedeutung

Von etwa 1870 bis 1913 war es Usus, dass sich im militaristischen Obrigkeitsstaat des Deutschen Kaiserreichs (1871-1918) Soldaten, die in jener Zeit großes Ansehen genießen, nach Ableistung ihrer Militärdienstzeit Langpfeifen zur Erinnerung anfertigen lassen und als Reservisten auch gerne vorzeigen (Reservistika).

Die beliebten Reservepfeifen mit offenkundiger Trivialität veranschaulichen den bürgerlichen Militarismus im nationalistischen Deutschen Kaiserreich mit seinem staatstragenden autoritären Grundsatz „Führung von oben – Mittun von unten“ und „Befehl ist Befehl“.

Somit ist die Reservepfeife zugleich ein Zeitdokument für das beginnende Umschlagen von Zivilisation in Barbarei in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Die aufwändig gestalteten Reservistenpfeifen weisen die Gruppenzugehörigkeit durch die Bezeichnung der Einheit des Regiments, den aufgemalten Namen des Regimentsangehörigen sowie die Dauer seiner Dienstzeit aus.

Die Mundstücke befinden sich an einem aufschraubbaren Element in Schlauchform aus Holz und Textil.

Die Deckel aus Metalllegierung sind in Form eines preußischen Tschakos gestaltet.

Die Langpfeifen haben schwarz-weiß-rote Zierkordeln und schwarz-weiß-rote Zierquasten.

Die weißen, glasierten Porzellanköpfe mit plastisch ausgeformtem,, farbigen Eichenblättern und vergoldeten Eicheln zeigen von Porzellanmalern handgemalte Wahlsprüche sowie Aufschriften und Dragoner mit zeittypischen Reservistenmotiven, in einem Fall ein Religionsmotiv des Marienwallfahrtsortes Kevelaer.

Das Mundstück befindet sich an einem aufschraubbaren Element aus Horn.

 

Mehrteilige Reservistenpfeifen

Hängend ausgestellt sind zwei große aus mehreren, ebenholzfarbigen Teilen, Hirschhornscheiben, aufsteckbaren Porzellan-Pfeifenköpfen mit und ohne Metalldeckel bestehende 4-teilige Reservistenpfeifen mit langem Wechselrohr (vermutl. aus Haselnussholz) zum Zusammenstecken mit Gewinde.

Die Gesamtlänge beträgt 100 cm und 148 cm.

Auf den Tabakpfeifen ist der Schriftzug zweier Besitzernamen dokumentiert:

 

Reservepfeife des Sanitätsgefreiten HELMSCHROTT │ München

[hmh Inv.-Nr. 5159

  • ausgewiesen als Angehöriger der 2. Eskorte │ 1. Schwere Reiterregiment Prinz Karl von Bayern in München │ 1901 1904

Material: Porzellan │ Holz │ Hirschhorn │ Metalllegierung │ Kordel

Technik: geformt │ farbig bemalt │ glasiert │ gebrannt │ gedrechselt │ geschnitzt

Das Königlich Bayerische 1. Schwere Reiter-Regiment „Prinz Karl von Bayern“ war ein Kavallerie-Verband der Bayerischen Armee, der 1814 in der Pfalz aufgestellt worden und dessen Friedensstandort ab 1815 München war.

 

Reservepfeife des Trompeters/Kavalleristen SCHLOSSMACHER │ Hagenau im Elsaß

[hmh Inv.-Nr. 5160

  • ausgewiesen als Angehöriger der 5. Eskorte │ 3. Schlesisches Dragonerregiment │ No. 15 │ Hagenau im Elsaß │ 1909-1912

  • wie auch die 39 Soldatennamen derer, die zur gleichen Zeit mit im Regiment gedient haben.

Material: Porzellan │ Holz │ Hirschhorn │ Metalllegierung │ Kordel

Technik: geformt │ farbig bemalt │ glasiert │ gebrannt │ gedrechselt │ geschnitzt

Das 3. Schlesische Dragoner-Regiment Nr. 15 war ein Kavallerieverband der Preußischen Armee.

Das Regiment wurde nach dem gewonnenen Deutsch-Französischen Krieg 1871 im historischen Unterelsass der Stadt Hagenau endgültig als Garnison zugewiesen.