Zeit- und formtypische Waldgläser
Klaus A.E. Weber
Renaissanczeitliches Stillleben mit vergoldetem Pokal und Weinrömer │ 1635
Willem Claesz Heda (1594-1680) │ Öl auf Holz
Rjiksmuseum Amsterdam
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
Waldgläser für Bier, Wein oder Schnaps
Jene Hohlgläser wurden mittels der Glasmacherpfeife und unter Einsatz von Modeln hergestellt.
Hierbei waren Produktlinien der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Epoche u.a.
- der Krautstrunk
- das Nuppenglas
- der Römer (Weinglas)
- das Stangenglas (Bierglas).
Hohlgläser des Alltagsbedarfs von Glashütten im Hils │ Typentafel von LEIBER [4]
Stangengläser für den Bierkonsum (Nr. 1–7)
Kelchgläser für den Weingenuss (Nr. 8–14)
Becherformen (Nr. 21–29)
Schenkgefäße, wie Krüge bzw. Kannen (Nr. 30)
Flaschen zur Aufbewahrung (Nr. 31, 32)
Grünlich gefärbte Trinkgläser waren zu verschiedenen Zeiten im Mittelalter durchaus in Mode gewesen, was zu der Vermutung führt, dass möglicherweise gerade Sand mit deutlich höherem Eisenanteil bei der Glasherstellung eine Rolle gespielte.[5]
Noch heute wird zur Glasfärbung eine Reihe von Metalloxiden der Übergangselemente des Periodensystems (teils im Spurenelementbereich) eingesetzt, wie beispielsweise Oxide von Kupfer, Vanadium, Cobalt etc.
Diese Glastönung sowie kleinste Einschlüsse und Bläschen gaben jenen Gläsern ein typisches Aussehen..
Stangengläser [1]
Nach STEPHAN [2] werden die vornehmlich dem Biergenuss dienenden Stangengläser oftmals auch als Passgläser, Keulengläser, Bandwurmgläser usw. beschrieben, in formaler Zuordnung als Mehrkantgläser/polygonale Stangengläser/Achtkantstangengläser:
„Gemeint sind damit hohe, schlanke, annährend zylindrische oder auch zum Fuß hin leicht konisch zulaufende und seltener (so auch im Falle der Keulengläser) in ihrer Grundform vom Fußansatz zur Halspartie hin etwas stärker konturierte und im oberen Drittel verdickte dünnwandige Trinkgefäße, deren besonderes Merkmal sehr oft ein hochgestochener Fuß mit hohlem Rand ist.“
Stangengläser mit geriffelten Fadenauflagen │ 17. Jahrhundert
"Passglas" aus farblosem Glas │ Deutschland
Rijksmuseum Amsterdam
Achtkant-Stangenglas mit geriffelten Fadenauflagen
hellgrünes Waldglas
Erich-Mäder Glasmuseum ⃒ Grünenplan
© [hmh, Fotos: Klaus A.E. Weber
Neben glattwandigen Stangengläsern gibt es vor allem solche mit dekorativen Nuppenapplikationen und glatten oder gekniffenen Fadenauflagen.
Durch das Einblasen in ein Model wurden Außenflächen von Wandungen auch durch längs- oder schrägoptisch geblasene feine diagonale Rippen verziert.
Ein angesetzter Scheibenfuß kennzeichnete die hohen böhmischen Stangengläser.
Zylindrische wie runde Stangengläser sind in ihrer Zeit aus Holzasche- oder Holzasche-Kalkglas gefertigt.
Zur handwerklichen Herstellungstechnik und formalen Gestaltung von Mehrkantstangengläsern wird auf die anschaulichen Beschreibungen bei STEPHAN [4] verwiesen.
Hinweise zu Mehrkantstangengläsern des 16./17. Jahrhunderts in bildlichen Darstellungen finden sich auch bei STEPHAN [3].
Römer (Roemer) │ 16.-17. Jh.
Typisches, vielgestaltiges, „rühmendes“ Weinglas mit charakteristischer dreigliedriger Gestaltung
und unterschiedlicher Provenienz
-
gewölbte, gerundete Kuppa
-
gerader, hohler Schaft mit Reihen halbkugeliger, glatter Nuppen oder Beerennuppen und gekerbten Fadenauflagen
- aus einem Glasfaden gewickelter Fuß
Römer │ Grünglas │ Mitte 17. Jahrhundert
Deutschland oder Niederlande
Glasmuseum Hentrich im Museum Kunstpalast, Düsseldorf
© [hmh, Fotos: Klaus A.E. Weber
Römer mit Diamantgravur │ Grünglas │ um 1625-1650
Rjiksmuseum Amsterdam
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
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[1] STEPHAN 2021, S. 28-33, 63-76.
[2] STEPHAN 2021, S. 63, 70.
[3] STEPHAN 2022, S. 178-185.
[4] LEIBER 1994, S. 30, 31 Abb. 12.
[5] DBU 2018, S. 183.