Rekonstruktion der mittelalterlichen Klosteranlage

Klaus A.E. Weber

 

Lebensbedingungen der spätmittelalterlichen Mönchsgemeinschaft

Die Ausgrabungen belegten wiederholt einen hohen Anspruch des Bauherrn, der „in einem merkwürdigen Gegensatz zu der Nichtselbständigkeit und geistlich-politischen Bedeutungslosigkeit seiner Gründung, wie sie uns aus der historischen Überlieferung entgegentritt“ steht.[7]

Wie KOCH [3] ausführt, wurden beim Bau der Klosteranlage „offenbar größere Investitionen in den Wohnkomfort“ getätigt für

  • die Wasserversorgung

  • aufwändige Warmluftheizungen

  • Kachelöfen

  • einen Schmuckfußboden

  • eine Dachdeckung aus Hohlziegel

  • eine Fensterverglasung

  • eine hochwertige Steinmetzkunst.

Neben den nachweisbaren Klostergebäuden bestanden archäologischen Untersuchungen zu Folge im weiteren Umfeld der Klosteranlage kleine Gebäude mit vermutlich handwerklicher Nutzung.

Die Ergebnisse archäologischer Untersuchungen legen nahe, „dass die ursprünglich großzügige Anlage der Propstei immer mehr auf Ausmaße reduziert wurde, die als Folge sich offenbar ständig weiter einschränkender Nutzungsmöglichkeiten gesehen werden müssen“.[2]

Zumeist wurde mit Sollingsandstein gebaut, teils auch der Kalkstein des Wesergebirges genutzt.

 

Archäologische Untersuchungen 1976-1980

Durch Landarbeiten - Umwandlung von Weideland in Ackerland - und systematische archäologische Feldbegehungen (H.-G. Stephan) wurde die mittelalterliche Klosteranlage wieder entdeckt.[21]

Auf dem über 4.000 m² großen Gelände wird, nach einer Probegrabug im Frühjahr 1975, unter einer dichten Schuttdecke den Spuren von Kirche, Klostergebäuden und Friedhof der ehemaligen Benediktinerpropstei in den Sommermonaten der Jahre 1976-1980 in archäologischen Untersuchungen des Westfälischen Museums für Archäologie unter der Leitung von Gabriele Isenberg nachgegangen.[5][15][21]

Der ersten Grabungskampagne im Sommer 1976 folgten weitere Grabungen in den Sommermonaten der Jahre 1977, 1978, 1979 und 1980.

Mit einer Luftbildaufnahme des Klostergeländes wurde die Ausgrabung am 31. Oktober 1980 abgeschlossen.

Bei den Ausgrabungen konnte der Grundriss einer fast vollständigen mittelalterlichen Klosteranlage freigelegt werden, der im Fundamentbereich weitgehend erhalten war.

Nach ISENBERG [4] vermittelte der Grundrissbefund „so zahlreiche Hinweise auf die Baugestalt der Propstei, dass eine Rekonstruktion der Anlage in groben Zügen zu verantworten ist“.

Die Ausgrabungen belegten wiederholt einen hohen Anspruch des Bauherrn von "tom Roden", der nicht zwangsläufig mit dem Abt und dem Corveyer Klostergemeinschaft identisch sein muss, ob der aufwändigen Ausstattung der Propstei „in einem merkwürdigen Gegensatz zu der Nichtselbständigkeit und geistlich-politischen Bedeutungslosigkeit seiner Gründung, wie sie uns aus der historischen Überlieferung entgegentritt“ steht.[7]

Die vorgefundenen Fundamente wurden gesichert und aufgemauert.

So gewähren die rekonstruierten Fundamentreste Einblicke in das ehemalige Raumgefüge der mittelalterlichen Klosteranlage „tom Roden“ – heute ein frei zugängliches Bodendenkmal.

Durch die Stadtarchäologie Höxter konnte 1995 westlich des Klosters ein Graben erfasst werden, der vermutlich die Klosteranlage begrenzte, jedoch aber kein umlaufender Mauerzug.[15]

Südlich der Klosterkirche wurde aufgrund einer Steinkonzentration im Acker ein Torgebäude angenommen, was durch die Magnetprospektion Anfang 2012 bestätigt wurde.“[15]

 

Luftbildaufnahme des Grabungsgeländes │ 1980

Wiedergabe aus ISENBERG 1981, S. 5. [21]

 

Zum archäologischen Fundmaterial

Den größten Anteil am archäologischen Fundmaterial bildeten Gegenstände des täglichen Bedarfs, die Keramikgefäße der Mönche.

Die Gefäßtypen des keramischen Hausrats sind vornehmlich unterschiedlich große und geformte, teils dekorativ verzierte Töpfe, Krüge und Kannen des Hoch- bis Spätmittelalters mit Schwerpunkt im 13. Jahrhundert.[1]

Unter den geborgenen Werksteinstücken und Bauzierfragmenten tritt ein vollständig erhaltenes 18 cm hohes Kapitell mit einer Kantenlänge von 20 cm einer reich mit Pflanzenornamenten gestalteten Säule mit 14 cm Durchmesser hervor, deren Entstehungszeit in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts liegt.[1]

Von den auffallend wenigen Münzfunden datiert der größte Münzanteil in das 13. Jahrhundert, der kulturellen Blütezeit der Propstei; die älteste Münze stammt aus dem 1. Viertel des 13. Jahrhunderts.[6]

Zwei frühgotische Blindstempel zur Verzierung von Bucheinbänden weisen auf eine klösterliche Buchbinderwerkstatt hin.[8]

 

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[1] ISENBERG 1981, S. 28-34.

[2] KURTE 2027, S. 178-180.

[3] aus der im Westturm der Klosterkirche platzierten bronzenen Zeittafel.

[4] ISENBERG 1980 / Gabriele Isenberg: Die Ausgrabung des mittelalterlichen Klosters tom Roden. I & II │ https://www.hvv-hoexter.de/wp-content/uploads/2010/07/Die-Ausgrabungen-des-mittelalterlichen-Klosters-tom-Roden-I-u.-II.pdf.

[5] ausführlicher Vorbericht über die Grabung in: Klöster um Höxter, Höxtersches Jahrbuch, Bd. VI, 1981, S. 1-41.

[6] ISENBERG 1981, S. 37.

[7] ISENBERG 1981, S. 39.

[8] HUMBURG/SCHWEEN 2000. Katalog Nr. 101.1-2, S. 385.

[15] KOCH 2015c, S. 245, 247 Abb. 2.

[21] ISENBERG 1981, S. 1-42.