16.-12. Jahrhundert v. Chr. ⎸ 8.-1. Jahrhundert v. Chr.
Klaus A.E. Weber
Glaskunst in der Spätbronzezeit
- Geformtes Hohlglas entstand im 4.-1. Jh. v. Chr.
- Echt (optisch) geblasene Gefäße ab Mitte ⎸2. Hälfte 1. Jh. v. Chr.
Rohglasherstellung und Glasverarbeitung
In den Antiken Kulturen sind die Ursprünge der Glasgestaltung in den frühen Glaszentren der Ostmittelmeerregion im alten Orient zu finden, danach in der Ägäis als Handelsraum.
Wahrscheinlich wurde um die Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. in Mesopotamien erstmals Glas verarbeitet.
-
Mesopotamien ⎸ Ägypten ⎸ florierende Küstenstädte der Levante ⎸ Syrien
- Kreta ⎸ Griechisches Festland (Mykene) ⎸ Etrurien
Intentionell waren die antike Glasherstellung und Glasverarbeitung mit Herstellung eigener Gefäße aus Glas getrennte Technologien und Techniken.
Zunächst wurde in den frühen Glaszentren - wie in Städten der levantinischen Küste ⎸Phönikien ⎸Syrien [1][2][2] - Rohglas erzeugt aus
Quarzsand
- Kieselsäure (Wüste, Flussablagerungen)
Natron ⎸Trona (= Salzgestein)
- Ägypten: Seeufer des Wadi-El-Natrun
- Asche aus meeresküstennahen Strandpflanzen
Kalk
-
kalkhaltige Pflanzenasche
- Muschelsplitter
Vorrömische Spuren ostmediterran-vorderasiatischer Kulturen
Mesopotamien und Ägypten
Wie die bisherigen Untersuchungen ergeben, wurde Glas zunächst in Vorderasien und dann in Ägypten hergestellt, wie dies archäologische Glasfunde aus ägyptischen Gräbern wie auch Glasofenreste aus der Zeit um 2000 v. Chr. belegen.[3]
Ausgehend von Mesopotamien und Ägypten breitet sich das Kunsthandwerk des Glasmachens wahrscheinlich über das ägyptische Alexandria in den Mittelmeerraum aus - Ägäis (Cypern, Kreta) ⎸griechisches Festland ⎸Etrurien.
Wurde Glas zunächst nur als Schmuck verarbeitet, so sind erste Glasgefäße für die Zeit seit Mitte des zweiten Jahrhunderts v. Chr. überliefert.
Neben Zentren des syrischen Raumes entwickelt sich in der Antike die ägyptische Stadt Alexandria zu einem Zentrum der Glasherstellung.
Ägyptische Glas-Herstellung um 1500 v. Chr.
Ein Zwischenprodukt bei der Herstellung von Glas war die Glasfritte.
Als direkter Rohstoff für die Glasschmelze wurde sie auf Holzfeuer in kleineren, muldenförmigen Tonpfannen (Schmelztiegel) erzeugt.
In Ägypten entstanden um 1450 v. Chr. unter Thutmosis III. (~ 1486-1425 v. Chr.) im Neuen Reich, 18. Dynastie, erste datierbare Glasgefäße.
Perlenformen als Glasschmuck
Glastechnik der Perlenformung zur Zeit der Neferet-iti, der „Großen königlichen Gemahlin“ des Pharaos Echnaton (Amenophis IV., 18. Dynastie) und schönsten Frau („Die Schöne ist gekommen“) im Neuen Reich im alten Ägypten
14. Jh. v. Chr.
Kerngeformtes mediterranes Glas
Glas als eigenständiges Material kam im Mittleren Reich (ca. 2040-1650 v. Chr.) in Ägypten zur Anwendung.
Der direkte Rohstoff („Fritte“) für die Glasschmelze wurde auf Holzfeuer in kleineren, muldenförmigen Tonpfannen (Schmelztiegel) erzeugt.
In vorrömischer Zeit- in ägyptischer, mesopotamischer und ägäischer Zeit - wurden kleine kerngeformte Gläser in vier typischen mediterranen Grundformen als kostbares Handelsgut hergestellt (Salbgefäße):
Hierzu wurde vermutlich ein fester, tonhaltiger Kern (für den späteren Hohlraum des Gefäßes) um das Ende eines Haltestabes geformt und mit zähflüssiger Glasmasse überzogen.
Danach konnten verschiedenfarbige Glasfäden auf das zumeist dunkelbaue Glasgefäß aufgelegt werden.
Nach dem Erkalten der Glasmasse wurde der mürbe Keramikkern gelockert und ausgekratzt.
∎ Kerngeformtes Glasgefäß
mit Keramikkern
dickwandiger, dunkelblauer Gefäßkörper mit gelber Fadenverzierung
moderne Herstellung
∎ Glas-Alabastron
GOZO Glass – modern 2017
Phönizisches Kosmetikgefäß
6.-5. Jh. v. Chr.
Gharb / Insel Gozo / Malta
∎ Spätantike Balsamarien
Parfümfläschchen
Palästina/Syrien
„flatu figurare“ - Erzeugen von Glashohlformen mittels Glasmacherpfeife
Der Bahn brechende Gebrauch eines Rohres - der Glasmacherpfeife - in der Levante war die folgenreiche technische Neuerung durch Glasmacher der phönikischen Stadt Sidon im ersten Jahrhundert v. Chr.
Es war der Beginn der antiken Herstellung echter (optisch) geblasener Glasgefäße – mit Übergang von dickwandigen zu feinen, dünnwandigen Glasgefäßen.
Die zunächst aus einem hohlen Glas- oder Keramikrohr bestehende Glasmacherpfeife ermöglichte durch das Mundblasverfahren gläserne Kugelhohlformen zu erzeugen. Die ersten frei geblasenen Gläser ähnelten noch einer nach unten hängenden, tropfenförmigen Glasblase.
Erstmals war eine große Formenvielfalt bzw. Gefäßvariabilität für unterschiedliche Verwendungszwecke möglich.
Glashandel über die Routen mediterraner Seewege
Durch seine Feinheit und Farbe, aber auch durch seine Zerbrechlichkeit wurde das Luxusgut Glas zu einer begehrten Handelsware.
Die kulturell vielseitigen Etrusker │ “Ras(en)na“ unterhielten als Weltkultur im antiken Italien vornehmlich zwischen dem 6. und frühen 5. Jahrhundert v. Chr. im Mittelmeerraum zahlreiche Seeverkehrswege mit intensiven großräumigen Handelskontakten zu Griechen und Karthagern.
Dabei übten sie im nord-westlichen Mittelmeerraum die maritim-kommerziell ausgerichtete Seeherrschaft (Thalassokratie) aus.
Neben Wein und Öl importierten die Etrusker auch Glas und dessen Herstellungskunst aus den Zentren früher Glaserzeugung im östlichen Mittelmeerraum.
Später gelangten römische Glasimporte zunächst bis in das antike Italien, wo erste Glashütten entstanden.
Von dort aus gelangte im Imperium Romanum das Glasmacherhandwerk in die römischen Provinzen, vor allem auch in die niedergermanische Provinz und somit in das Rheinland (CCAA │ antikes Köln).
∎ Antike Keramikfragmente
Lagos/Küste Südportugal
wahrscheinlich Fragmente kleiner versiegelter Gebrauchsamphoren für Wein
Spätbronzezeitliche Schmuckperlen
aus Glas und Lapislazuli
∎ Bunte Kugelperlen aus Glas
Nachildungen
Import ausschließlich aus Lagerstätten in Afghanistan
Erst im 17. und 18. Jahrhundert sollte es Möglichkeiten heben, den kostbaren und seltenen leuchtend blauen Halbedelstein Lapislazuli zu imitieren.[12]
∎ Bemalte Miniatur-Keramik
Nachbildungen
helltonig
Kammergrabfunde
um 1400-1200 v. Chr.
Minoische Hochkultur mit engen Beziehungen zu Ägypten
Diskos von Phaistos │ Ton │ Ø 15 cm
Minoische Schriftscheibe
mit jeweils 45 spiralförmig angeordneten Symbolen
1700-1600 v. Chr. │ Nachbildung
Archäologisches Museum Iraklio
© Historisches Museum Hellental, Fotos: Klaus A.E. Weber
1700-1600 v. Chr.
Nachbildung
Die 1,6-2,1 cm dicke Schriftscheibe aus gebranntem Ton mit einem Durchmesser von ca. 15 cm entstand um 1650 v. Chr.
Sie wurde als eines der bedeutendsten Fundstücke aus der Bronzezeit im Minoischen Palast von Phaistos (Neupalastzeit) gefunden.
Die Tonscheibe ist beidseits mit 241 spiralförmig angeordneten Schriftsymbolen versehen, die sich aus 45 Hieroglyphen zusammensetzen, die im Uhrzeigersinn zu lesen sind.
Nachbildung
Priesterin bei der Durchführung eines Rituals
Kultische Schatzkammer des Heiligtums aus dem Palast von Knossos
Spätminoische Zeit, 1600-1450 v. Chr.
Hethitische Kultur
∎ Kleines Gefäßfragment
Original
Keramikgefäß mit rotbrauner Innenbemalung
2. Jahrtausend v. Chr.
Ägypten ⎸ Neues Reich ⎸ 18.-21. Dynastie
∎ Stele einer ägyptischen Sängerin
Nachbildung
Gips-Replikat
Kalkstein
Theben
21. Dynastie │ um 1.000 v. Chr.
[hmh Inv.-Nr. 9001
∎ Königin Nofretete │ Neferet-iti
verkleinerte Nachbildungen
Büste der „Großen königlichen Gemahlin“ des Pharaos Echnaton (Amenophis IV., 18. Dynastie) im Neuen Reich
um 1340 v. Chr.
el-Amarna
∎ Tutanchamun auf der Jagd
Nachbildung
1332-1323 v. Chr.
Memphis
Königsplastik von Tutanchamun, Sohn von Echnaton
∎ Fayence-Statuette der stillenden Göttin Isis
Nachbildung
Gips-Replikat
um 300 v. Chr.
Schwestergattin des Osiris
Auf dem Thron sitzend, stillt Isis als Königsmutter auf dem Schoß haltend ihren Sohn Horus[
Griechisch-Ptolemäische Zeit
Kunsthandwerk der Etrusker
Die Kultur der Etrusker - antikes Volks in Etrurien im nördlichen Mittelitalien - beginnt um 800 v. Chr., nachweisbar bis zur zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr.
Ab 40 v. Chr. begann die endgültige Romanisierung Etruriens.
Die Etrusker [4] brachten Glas von Ägypten wie auch dessen Herstellungskunst nach Italien, wo erste römische Glashütten entstanden.
Von dort aus gelangte es später in die römischen Provinzen, so vor allem auch in das Rheinland.
Als wichtige politische Kraft unterhielten Etrusker in Mittelitalien vom 10. bis zum 1. Jahrhundert v. Chr. im Mittelmeerraum zahlreiche See- und Landverkehrswege mit Handelsbeziehungen, wobei sie auch Glas importierten oder indigen herstellten.
Keramik
∎ Bucchero-Gefäße
Nachbildungen
um 7.-6. Jahrhundert v. Chr.
Schwarze" Kunst der spezifisch etruskischen Keramikgattung mit Metallcharakter Dekor in Form figürlicher Einritzungen
Bronze
∎ „Ombra della sera“
Nachbildung
Votivstatuette
assoziative Bezeichnung „Schatten am Abend“
um 2. Hälfte 3. Jahrhundert v. Chr.
besonders gelängter Ephebe (nackter Jüngling)
wichtiges Beispiel etruskischer Bronzekunst aus der hellenistischen Periode
Volterra [7][8]
∎ „Spender mit Opferschale“
Nachbildung
Statuette
mit der Toga bekleidet
um 4. v. Chr.
∎ „Frau mit Spiegel“
Nachbildung
Statuette
mythologische Figur
um 5. Jahrhundert v. Chr.
∎ Bronzenes Modell einer Schafsleber
Nachbildung
verkleinerte Kopie eines singulären Fundes
Ende 2./Anfang 1. Jahrhundert v. Chr. [9][10][11]
Original: Piacenza in der norditalienischen Region Emilia-Romagna ⎸ Museo Civico di Palazzo Farnese
in Felder unterteilte Oberseite mit insgesamt 40 in etruskischer Schrift beschrieben Abschnitten, davon 16 Felder im äußeren Randbereich, die symbolisch etruskische Götternamen wiedergeben
offensichtlich ein Lehrmodell für die Leberschau durch etruskische Priester (haruspices)
Gold
∎ Bogenfibel
Nachbildung
um 7. Jahrhundert v. Chr.
Gewandschließe mit langem Nadelhalter
Griechenland
Dionysos - Gott des Weines, der Freude und Ekstase
Als ein häufig verwendetes Attribut des griechischen Gottes Dionysos (dionysischer Götterkult) gelten Doppelhenkeltrinkgefäße für den Weingenuss - eine Leitform etruskischer Keramik (Bucchero fine).
Das elegante, dünnwandige Trinkgefäß - der Kantharos - ist charakterisiert mit an der Lippe ansetzenden, gegenüberliegenden, bis weit über den Becherrand hochgezogenen Schlaufenhenkeln - meist als Trinkgefäß für Wein beim Symposion benutzt, einem „gemeinsamen Trinkgelage“.
Hingegen hat die Kylix als Trinkschale zum Weingenuss zwei gegenüberliegende Henkel, die den Gefäßrand aber nicht überragen.
∎ Kantharos
Nachbildung
meist als Weingefäß benutzt
hellgrünes Glas
bunte Glaseinsätze, Fadenauflage
4. Jahrhundert n. Chr.
Griechische Trinkschale aus Ton
Dionysos mit Thyrsos und Mänade
Attisch-rotfigurige Schale
mit gegenüberliegenden Henkeln │ Ø 21,0 cm
Antikes Korinth │ 550 v. Chr. │ Nachbildung
© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber
Fragment einer attisch-rotfigurigen Trinkschale
aus Ton
Göttin Athena, Ekelados mit ihrem Speer unterwerfend
Athen Akropolis │ um 490 v. Chr. │ Nachbildung
© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber
∎ Kylix
Nachbildung
Antikes Korinth
550 v. Chr.
elegante, dünnwandige Henkelschale zum Weingenuss
rotfigurige Trinkschale zum Weingenuss
Keramik
Dionysos mit Thyrsos (pflanzliches Attribut / Stab aus Fenchel mit einem Pinienzapfen), umgeben von einer Mänade (ständige Begleiterin)
∎ Kylix, Fragment
Nachbildung
Athen │ Akropolis
um 490 v. Chr.
rotfigurige Trinkschale
Keramik
Göttin Athena in der Gigantomachie, den Giganten Ekelados mit ihrem Speer unterwerfend [5]
Werk des griechischen Vasenmalers Makron (um 500-470 v. Chr.)
Fragment einer rotfigurigen Loutrophore aus Ton:
Hochzeitszeremonie mit Schmücken der Braut [4]
Antikes Athen │ 370-350 v. Chr. │ Nachbildung
© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber
∎ Rotfigurige Loutrophore, Keramikfragment
Nachbildung
Antikes Athen
370-350 v. Chr.
Hochzeitszeremonie: Die Braut wird geschmückt [4]
Nach dem überlieferten Hochzeitsritus schmückten am Hochzeitstag Frauen die Braut und bekränzten sie (nymphostolíen) nach den Anweisungen der nympheútria, einer Brautjungfer, welche die Zeremonie überwachte.
∎ Schwarzfigurige Lekythos
Nachbildung
Antikes Athen
um 500-480 v. Chr.
Kleines Ölkännchen
Keramik
∎ Rotfiguriger Eulen-Skyphos
Nachbildung
attischer Trinkbecher (Skyphos)
Keramik
5.-4. Jahrhundert v. Chr.
mit charakteristischem „Eulen-Motiv“, dargestellt ist aber ein Steinkauz mit gesenkten Flügeln zwischen Olivenzweigen
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[1] Küstengwbiete und Hinterland der Anrainerstaaten der östlichen Mittelmeerküste.
[2] TRIER/NAUMANN-STECKNER 2016, S. 26-28.
[3] RICKE 1995, S. 16.
[4] ELEFTHERATOU 2017, S. 53-54, Abb. 147.
[5] ELEFTHERATOU 2017, S. 119, Abb.125.
[6] Verkleinerte kunsthandwerkliche Nachbildung │ Keramik-Sonderanfertigung der Kunstkeramikerin Ursula Wagger in Eschwege.
[7] GALLI (o.J.), 50-51 Abb., 56.
[8] BADISCHES LANDESMUSEUM KARLSRUHE 2017, Katalog, S. 348 Abb., 365.
[9] BADISCHES LANDESMUSEUM KARLSRUHE 2017, Katalog, S. 294, Abb. 123.
[10] BUBENHEIMER-ERHARDT 2017, S. 155-156.
[11] PRAYON 2006, S. 6-9, Abb. 5.
[12] KRUEGER 2023.