Johann Georg von Langen (1699-1776)

Klaus A.E. Weber

 

Erfahrener Forstmeister beim herzoglichen Landesausbau von Herzog Carl I.

 

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Johann Georg von Langen

um 1750

Öl auf Leinwand

unbekannter Maler

Museum Schloss Fürstenberg

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Holzwirtschaft - Verwertung von Bodenschätzen - Manufakturwesen

Johann Georg von Langen (1699-1776) war maßgeblich an der Gründung von Hellental und Schorborn beteiligt.

Wie es sich auch an der Dorfanlage von Hellental erkennen lässt, verfolgte im 18. Jahrhundert Johann Georg v. Langen in der Braunschweiger Sollingregion als Oberjägermeister maßgeblich zwei strategische Ziele:[16]

  • möglichst rationelle Verwendung der ungenutzten Holzvorräte der Sollingforsten an Ort und Stelle

  • Ansiedlung von Handwerkern, "die sich mit der Zeit an einem einsamen Orte mit ihrer Hände Arbeit als nützliche Landesbewohner ernähren können".

 

Fortgeschrittener Oberjägermeister

Im Südharz erlernte Johann Georg von Langen die Forstwirtschaft.

1732 legte er einen Forstwirtschaftsatlas vor.

Ob seiner großen und vielseitigen Fähigkeiten wurde am 25. September 1745 der Freiherr Johann Georg von Langen von Herzog Carl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel (1713-1780) als oberster Verwalter der Forsten eingesetzt und mit der Aufsicht über die Forsten des entwicklungsbedürftigen Weserdistrikts sowie mit deren Vermessung und Einrichtung betraut.[1]

Seine Vermessungen und Einrichtungen von 1745/1746 führten zu einem "entscheidenden Umbruch in der Geschichte der Weserforsten" mit fester, linearer Flächeneinteilung und planmäßiger Verjüngung der Holzbestände.

Hierzu findet sich bei TACKE 1943 eine zusammenfassende kulturgeografische Übersicht.[23]

Als ausgebildetem Forstmeister fand - neben der Holzwirtschaft - die Verwertung von Bodenschätzen und das Manufakturwesen im Rahmen des herzoglichen Landesausbaus sein besonderes Interesse, gerade auch der Erschließung neuer Einnahmequellen.[10]

Schließlich wurde am 07. Oktober 1746 dem Oberjägermeister v. Langen von Herzog Carl I. das "alte Schloß" zum Fürstenberg an der Weser zu "völligem Nuzbrauch und disosition gnöädigst verwilliget".[14]

 

Hof-Jägermeister

Johann Georg von Langen

(1699-1776)

Erich-Mäder Glasmuseum

Grünenplan

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Porzellanbüste

Johann Georg von Langen

um 1760 [17]

Museum Schloss Fürstenberg

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Forstwirtschaftliches und forstwissenschaftliches Wirken

1745-1763

Herzog Carl I. beauftragte seinen Hof-Jägermeister Johann Georg von Langen mit der Ordnung der Forsten (Forstreform) rsp. mit der Einführung einer geordneten Forstwirtschaft (Holzindustrie) im braunschweigischen Weserdistrikt, wo er von 1745-1763 wirkte.

Zudem sorgte v. Langen für eine Verbesserung vorhandener Wege und zugleich auch für eine Erweiterung des Wegenetzes.

Hinzu kamen sozialpolitische Akzente zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen.

Langfristig sollte es hierdurch zu einer Wende in der forstlichen Bewirtschaftung des Sollings kommen und eine moderne Forstpflege eingeführt werden.

Johann Georg von Langen gilt als der Forstmeister, „der die Kenntnisse und das Geschick besaß, die Ideen und Absichten des Herzogs und seines Ministers [2] auszuführen“.[3]

 

Schloss Fürstenberg

Einst Unterkunft des

Hof-Jägermeisters

Johann Georg von Langen

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

"Auf den Spuren Johann Georg v. Langens" (FISCHER │ April 2018)

Als Unterkunft diente v. Langen das alte Jagdschloss Fürstenberg, in das er 1745 zur „Vermessung und Bewirtschaftung der herzoglichen Forsten“ übersiedelte.

Mit ihm verlagerte sich zugleich auch das Hauptaugenmerk gewerblicher Planungen und Überlegungen von Herzog Carl I. und seines Ministers Heinrich Bernhard Schrader von Schliestedt (1706-1773).[9]

Am 30. März 1746 erging ein herzogliches Reglement für die Forsten im Weserdistrikt.[10]

Bis dahin hatte der Sollingwald vornehmlich als Lieferant für Eichenbauholz und Buchenbrennholz für die umliegenden Siedlungen sowie für deren Schweinemast und Fallholz-, Leseholz- und Laubstreusammlung gedient.

Mit seinem weitgehend selbstverantworteten Wirken eröffnete der kenntnisreiche Hof-Jägermeister v. Langen einen „neuen technischen Zeitabschnitt“, einhergehend mit beständigeren Arbeitsmöglichkeiten und Erwerbseinkünften für die erwerbstätige Bevölkerung des Weserdistrikts, da ihm „die ganze Gewerbskunde seiner Zeit geläufig“ war.[4]

Der erfahrene und geachtete Wirtschaftsreformer v. Langen wusste um die Bedingungen eines Produktionsstandortes jener Epoche mit dessen Abhängigkeit von

  • den natürlichen Ressourcen und deren Lage,

  • der verfügbaren Energie (Holz- und Wasservorkommen),

  • der Verfügbarkeit geeigneter Arbeitskräfte und

  • dem Anschluss an ein günstiges Verkehrsnetz zum zügigen Transport der hergestellten Waren.[5]

 

Rationelle Forstwirtschaft des "fortgeschrittenen holzgerechten Jägers".

Insbesondere galt die Aufmerksamkeit v. Langens dem Holz zur Verwertung als wertvoller Rohstoff und Energielieferant für Industriebetriebe.

Als seine besonderen Verdienste gelten hierbei nach FISCHER [19]

  • Waldeinteilung - mit "Haje" als Abteilungen, Schlagordnung
  • Künstliche Verjüngung - mittels Planzungen und mittels Saat
  • Wertholz vs. Brennholz - strenges Auslesen und Durchforstung
  • Niederwald (Wald aus Stockausschlag)
  • "v. Langens Mittelwald" - Mittelwaldbewirtschaftung
  • Freie Holzpreisgestaltung
  • "Gutes Geld für gute Försterarbeit"
  • Mischung von Baumarten - Laub- und Nadelbäume

Um Holz einzusparen, war auch bereits 1731 und nochmals 1763 verfügt worden, dass „beim Einfrieden von Gärten keine Zäune gesetzt, sondern lebende Hecken gepflanzt werden sollten“.[18]

 

Typischer Niederwald

am Steilhang

April 2018

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Frühzeitig hatte v. Langen forstwirtschaftlich und forstwissenschaftlich Zusammenhänge in der Natur und Landschaft des Sollings erkannt - als "fortgeschrittener holzgerechter Jäger".[19]

Als Konsequenz hieraus entwickelte und implementierte er zukunftsgerichtet eine „nachhaltige Nutzungsplanung zur Waldwirtschaft und Waldnutzung“ für die Sollingregion.

Im Auftrag von Herzog Carl I. führte der „Vater der regelmäßigen Forstwirtschaft” nach 1745 im Solling schrittweise eine planmäßige, geordnete, wie auch später kontrollierte Waldbewirtschaftung ein, die rationellere Forstwirtschaft [15] mit planmäßigem Pflanzen und Abholzen von Waldbeständen auf der Grundlage des Waldzustandes und der Nutzungsmenge.

Auf der Grundlage fester linearer Forstortgrenzen bildete v. Langen Flächeneinteilungen, wobei er eine planmäßige Aufgliederung der Waldgebiete des Sollings in Hauptteile und rechteckige oder quadratische Waldstücke - „Haie, Heye, Hauungen“ - mit Trennung durch geradlinige Schneisen vornehmen und auf einen 50-jährigen Bewirtschaftungsumtrieb einrichten ließ.

So begann man forstamtlich zur Mitte des 18. Jahrhunderts folgerichtig im gesamten Solling mit der künstlichen Waldeinteilung einschließlich Schaffung und Messung regelmäßiger, dauernd feststehender geometrischer Flächen (Wirtschaftsfiguren) mit feststehenden Zeiten von Anwuchs bis Abtrieb (Umtriebszeiten), mit planmäßigem Pflanzen und Abholzen von Baumbeständen.[20]

 

Fichte (Picea)

im Solling

Juni 2020

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Hof-Jägermeister v. Langen veranlasste die Aufforstung

einerseits

  • der Fichte (Picea)
  • der Weiß-Tanne (Abies alba)
  • der Lärche (Larix),

andererseits

  • des Berg-Ahorns (Acer pseudoplatanus)

als "Fußstapfen von v. Langens" im devastierten oberen Solling, auch unter Einbezug von Einwohnern benachbarter Dörfer.

In Folge der gezielten forstwirtschaftlichen Maßnahmen wurde auch die Waldweide erheblich eingeschränkt, alte Hutewälder abgeschafft, der Wald erneuert und die Holznutzung in Eigenregie eingeführt.

Durch jene Maßnahmen erfolgte eine umfassende, aber nicht konfliktfreie Nutzungsplanung für die Braunschweiger Sollingwälder.

Es wurden auch mehr Holzhauer benötigt, was in der Folgezeit auch in Hellental zur verstärkten Ansiedlung von "ordentlichen Holzhauern" führte.

Kilometerlange, breite Eichenalleen markierten die "nachhaltige" Forstwirtschaft von v. Langens.

Sie dienten um 1750 als Wege für den Holztransport.

Kulturhistorisch erinnern noch heute erhalten gebliebene Eichen an die diese forstwirtschaftliche Epoche.

 

Ausschnitt (Faksimile)

geometrischer Grundriss

"derer an den Weser-

und Leineflüsse

belegenen Landen"

1745/1746

mit festen linearen

Forstortgrenzen

und der grenznahen

"Hell Thal Glashütte"

Museum Schloss Fürstenberg

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Gründung merkantilistischer Manufakturen

Johann Georg v. Langen war um die Ansiedlung und Neugründung einer bodenständigen Industrie bemüht.[21]

Maßgeblich war er an der Gründung der Glasmacherorte Holzen, Grünenplan, Hellental, Schorborn und der Porzellanmanufaktur in Fürstenberg beteiligt.[20]

Als Oberglashütteninspektor beaufsichtigte Oberforstmeister Johann Georg v. Langen zugleich auch die fürstlichen Glasmanufakturen in Holzen und Grünenplan staatlich.

Die ln der Zeitenswende von der „Steinbeke“ im Hellental an den Schorborner Teich verlegte Glashütte oblag bis 1756 der Zuständigkeit von Johann Georg v. Langen.[6]

Um die Zeit der Stilllegung der Glashütte „im Hellental am Steinbek“ ließ Herzog Carl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel durch seinen Oberjägermeister v. Langen 1744 die „Fürstliche Spiegelhütte auf dem Grünen Plan“ (Grünenplan) errichten, der ab 1748 eine planmäßige Werksansiedlung für Glasmacher folgte.

Am 07. Oktober 1748 übernahm v. Langen neben der weiterhin "zu regulirenden Einrichtung" der Weserforsten zudem

  • die Oberinspektion über die Fürstliche Spiegelmanufaktur am grünen Platz (Grünenplan)
  • die Fürstliche Bouteillenmanufaktur Holzen [14]

des Weiteren:

  • Ausbau der Eisenhütte bei Delligsen

  • Neuanlagen der Baustoff-Industrie in Holzminden

  • Verbesserung des Wege- und Straßennetzes

  • Förderung des Sollingstein-Gewerbes

  • Förderung der Leinenindustrie.

Auf Initiative von v. Langen wurde am 11. Januar 1747 durch Anordnung von Herzog Carl I. im Jagdschloss Fürstenberg eine "Porcelaine-Fabrique" gegründet, deren erster Direktor er 1747-1762 war.[7]

Die "Porcelaine-Fabrique" schuf Arbeit im verarmten Weserraum.

 

"Oberjägermeister

Johann Georg von Langen

Erster Leiter der F.P.M."

Porzellan-Schachfigur

Jubiläums-Schachspiel

Rokoko-Gestaltung [22]

Herausgegeben

zum 200. Jubiläum

1947

© Historisches Museum Hellental, Fotos: Klaus A.E. Weber

 

Darüber hinaus wurden Arbeiterwohnungen errichtet und es gab eine Witwen- und Waisenkasse, zudem ab 1770 eine Lohnfortzahlung im ärztlich attestierten Krankheitsfall.

Da eine günstige Verkehrsanbindung die wesentlichste Voraussetzung für eine Gewerbeansiedlung war, galt auch der Anlage verbesserter Verkehrswege [8] im Weserdistrikt die besondere Aufmerksamkeit des klugen „Regionalplaners“ v. Langen.

Während unter Johann Georg v. Langen mit der Umwandlung des Sollingwaldes in einen geordneten Forst begonnen wurde, kam es zugleich auch zur Ansiedlung neuer Anwohner an Waldrändern oder angrenzenden Tälern, wozu auch die Anbauer im Hellental zählten .

Hof-Jägermeister v. Langen soll aus merkantilen Überlegungen heraus im Auftrag von Herzog Carl I. um neue Siedler ("Anbauer"), insbesondere auch um auswärtige Fachkräfte, geworben haben.

Damit sie sesshaft und somit einheimisch wurden, förderte er einvernehmlich mit dem braunschweigischen Hof die frühesten Arbeitersiedlungen (Werkwohnungsbau) in der deutschen Geschichte.

Als Anreiz zur Ansiedlung sollten die Anbaustellen auf Lebenszeit abgabefrei sein und entweder das Bauholz frei Baustelle geliefert oder aber 20 Reichstaler ausgezahlt werden; auch wurde Land für einen Garten vorgesehen.[12]

Ein denkmalgeschütztes Beispiel dieses Werkwohnungsbaus ist die „Von Langen-Reihe“, ein 1754 in Fürstenberg errichteter Gebäudekomplex aus sechs Reihenhäusern für Belegschaftsangehörige der Porzellanmanufaktur Fürstenberg.

Weitere wirtschaftliche wie soziale Planungsmaßnahmen von Herzog Carl I. und seinem Hof-Jägermeister v. Langen betrafen, neben dem Bau von Arbeitersiedlungen, auch das Armenwesen (Armenkasse), die Einführung der allgemeinen Schulpflicht und eine groß angelegte Landesvermessung.[13]

1755 wurde v. Langen zum Oberjägermeister ernannt und hiermit einhergehend im Weiteren mit teils unverhüllten Verdächtigungen, persönlichen Angriffen und Diffamierungen konfrontiert.[9]

 

1763 - Wieder in Dänemark

Nach 18 Jahren schied der alternde Johann Georg v. Langen im Frühjahr 1763 erneut aus den braunschweigischen Diensten [9] und stellte sich in den Dienst des dänischen Königs Christian VII. (1749–1808) in Kopenhagen.

Am 25. Mai 1776 verstirbt Johann Georg v. Langen in Jægersborg bei Kopenhagen.

 

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[1] Es war die Zeit der aufkommenden Wirtschaftsform des „Merkantilismus“, in der das Braunschweiger Land zu seinen Gunsten Produktionsbetriebe förderte bzw. neu gründete mit dem ökonomischen Ziel, durch eine verstärkte Ausfuhr in Verbindung mit eingeschränkter Einfuhr die defizitäre Staatskasse zu füllen („positive Außenhandelsbilanz“).

[2] Minister Bernhard Schrader von Schliestedt.

[3] zit. in TACKE 1943, S. 93.

[4] TACKE 1943, S. 93.

[5] HEBBEL 1999, S. 28 ff.; MEYER 1996; TACKE 1951.

[6] HEBBEL 1999, S. 32.

[7] nach Meißen (gegründet 1710) die zweite fürstliche Porzellanmanufaktur im deutschsprachigen Raum (Porcelainefabrique).

[8] Aufstellung aller Land- und Heerstraßen im Weserdistrikt vom 08. Oktober 1751 [HEBBEL 1999, S. 29].

[9] TACKE/TACKE 1971, S. 64-72.

[10] KRETSCHMER 1981, S. 195.

[11] LGLN: Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen │ GeobasisdatenViewer Niedersachsen.

[12] HEBBEL 1999, S. 36 ff.; TACKE 1943, S. 129-130.

[13] SCHREIBER 2004, S. 64.

[14] zit. in OHLMS 2006, S. 6-7.

[15] BAYERL 2013, S. 70.

[16] BLOSS 1950a, S. 13.

[17] Modell: Simon Feilner (1726-1798), Ausformung des 20. Jahrhunderts.

[18] RAULS 1974, S. 120.

[19] Vortrag im Schloss Fürstenberg am 15. April 2018 von Dr. Holger Fischer, Oberassistent am Lehrstuhl für Waldbau der Fakultät für Forst-, Geo- und Hydrowissenschaften der Technischen Universität Dresden in Tharandt.

[20] RAULS 1983, S. 137-138.

[21] BLOSS 1950a, S. 13.

[22] Original-Porzellanfigur in der Privat-Sammlung des Sollinghauses Weber in Hellental.

[23] TACKE 1943, S. 119-128.