Faschismus │ Nationalsozialistische Gewaltherrschaft
Klaus A.E. Weber
1933-1945 - Die Folgen der Zerstörung der Weimarer Republik
im konservativen Deutschland durch antidemokratische und antirepublikanische Kräfte
Die grausame Phase der „braunen“ völkischen Ideologie, der menschenverachtenden Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus und eines erneut von Deutschland ausgehenden „Großen Krieges“ - dem Zweiten Weltkrieg (1939-1945) - zeichnete sich in der demokratischen Weimarer Republik zunehmend an verschiedenen Konturen ab.[9]
Die Weimarer Republik wurde schließlich durch Angriffe antidemokratischer und antirepublikanischer Kräfte sukzessiv zerstört, gepaart mit der Hetze gegen die liberale Demokratie und die freiheitlich-demokratischen Parteien.
Der Nationalsozialismus wurde dabei von einer zunehmend breiteren Zustimmungskultur in Deutschland getragen - und erhielt Schmiergeld für die Macht und die Zerstörung..
Wieder sollte es, wie kurz zuvor beim Ersten Weltkrieg, deutsche Profiteure geben; nunmehr solche der gewaltigen nationalsozialistischen Vernichtungspolitik (Personen aus Justiz, Kirchen, Wohlfahrtseinrichtungen, Kultur, Publizistik, Wissenschaft, Medien, Polizei, Wehrmacht, tragende Personen aus NSDAP, SA und SS).[1]
In der Zeit von August bis Oktober 1942 wurde rund ein Viertel der jüdischen Holocaust-Opfer binnen drei Monaten ermordet.[19]
1934 beteiligten sich 683 deutsche Frauen und Männer an einem Preisausschreiben des US-amerikanischen Soziologen Theodore Abel (1896-1988) in Zusammenarbeit mit der NSDAP (Propagandaministerium) zum Thema "Warum ich Nazi wurde".
Die archivierten und gesichteten biografischen Berichte offenbaren die freiwillige Begeisterung für den "mustergültigen Mann" Hitler und seine propagierten Ideen; sie zeichnen zugleich aber auch ein erschreckend aktuelles Gesellschaftsbild.[8]
Exponat im Historischen Museum Basel │ Barfüsserkirche
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
Das Grauen
Verfolgung und Ermordung europäischer Juden
Der rassistisch verhöhnende „Judenstern“ [23] wurde vom nationalsozialistischen Terrorregime als Zwangskennzeichen für jene Personen eingeführt, welche nach den „Nürnberger Gesetzen (Nürnberger Rassengesetze)" von 1935 rechtlich als Juden galten.
Hierzu der Literaturhinweis:
16-bändige Edition von Dokumenten zur Judenvernichtung: "Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945" [6]:
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Band 1 Deutsches Reich 1933 - 1937
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Band 2 Deutsches Reich 1938 - August 1939
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Band 3 Deutsches Reich und Protektorat September 1939 - September 1941
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Band 4 Polen September 1939 - Juli 1941
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Band 5 West- und Nordeuropa 1940 - Juni 1942
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Band 6 Deutsches Reich und Protektorat Böhmen und Mähren Oktober 1941 - März 1943
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Band 7 Sowjetunion mit annektierten Gebieten I / Besetzte sowjetische Gebiete unter deutscher Militärverwaltung, Baltikum und Transnistrien
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Band 8 Sowjetunion mit annektierten Gebieten II / Generalkommissariat Weißruthenien und Reichskommissariat Ukraine
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Band 9 Polen: Generalgouvernement August 1941 – 1945
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Band 10 Polen: Die eingegliederten Gebiete August 1941–1945
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Band 11 Deutsches Reich und Protektorat Böhmen und Mähren April 1943 - 1945
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Band 12 West- und Nordeuropa Juni 1942 – 1945
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Band 13 Slowakei, Rumänien und Bulgarien
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Band 14 Besetztes Südosteuropa und Italien
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Band 15 Ungarn 1944–1945
- Band 16 Das KZ Auschwitz 1942–1945 und die Zeit der Todesmärsche 1944/45
"Die Verantwortung vor unserer Geschichte kennt keine Schlussstriche" [17]
Mit der Reichstagswahl 1930 konnten die Nationalsozialisten ihren Wirkungsschwerpunkt nach Norddeutschland und somit auch nach Niedersachsen und in die hier betrachtete Dorfregion verlagern.
Dort konnten in zahlreichen Kreisen bzw. Ämtern über 40 % der Wählerstimmen erzielt werden.
Das „platte Land“ wurde zu einer nationalsozialistischen Hochburg, mit Ausnahme der katholischen Gebiete.
- Einen umfassenden Überblick zum Aufstieg und zur Herrschaft der Nationalsozialisten im Weserbergland zwischen 1921 und 1936 bietet das Buch von REICHARD/SCHÄFER.[12]
- Zur nationalsozialistischen Propaganda im Kreis Holzminden von 1930 bis 1932 wird auf einen etwa gleichlautenden Aufsatz von SEELIGR [5] verwiesen.
Hierzu eine Frage: Ist die Anerkennung aller Opfer der nationalsozialistischen Willkür in Deutschland inzwischen selbstverständlich?[2]
Holzmindener Verwaltungsschriftstück
"Indikation zur Unfruchtbarmachung" │ um 1936
© Historisches Museum Hellental
Ab 1933 Verordnungen gegen Juden
Von 1933 an wurden 962 Verordnungen gegen Juden erlassen - "Antisemitismus in Form von Regierungspolitik, in Form von Bürokratie".[10]
Als ein Beispiel der mannigfachen menschenverachtenden nationalsozialistischen Gewaltherrschaft trat in der Verfolgung eugenischer Ziele in der NS-Rassenhygiene am 01. Januar 1934 das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ (GzVeN, RGBl. I S. 529) vom 14. Juli 1933 als deutsches Sterilisationsgesetz in Kraft.
Hierdurch wurden auf Anordnung der Erbgesundheitsgerichte zwischen 1934 und 1945 etwa 400.000 Menschen auch ohne ihre Einwilligung gewissenlos zwangssterilisiert ("Unfruchtbarmachung").
Handbuch zur Anwendung des
„Gesetzes zur Vereinheitlichung des Gesundheitswesens“ (GVG) vom 03. Juli 1934 │ 1935
Aus der Bibliothek eines Holzmindener NS-Kreisarztes
© Historisches Museum Hellental
Mit dem „Gesetz zur Vereinheitlichung des Gesundheitswesens“ (GVG) vom 03. Juli 1934 und seiner drei Durchführungsverordnungen wurden unter dem NS-Regime das kommunale und staatliche Gesundheitswesen in der örtlichen Instanz der Gesundheitsämter zusammengeführt und damit die Kreisärzte zum 01. April 1935 durch staatliche Gesundheitsämter ersetzt.
LABISCH/TENNSTEDT [4] zeichneten anlässlich der fünfzigjährigen Verabschiedung des GVG ausführlich sozialhistorisch die Entstehung des "Gesetzes über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens" vom 3. Juli 1934 nach wie auch Entwicklungslinien und-momente des staatlichen und kommunalen Gesundheitswesens in Deutschland vor 1933.
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[1] s. hierzu das Personenlexikon zum Dritten Reich von KLEE 2003, das als Standartwerk über die wichtigsten Personen aus Justiz, Kirchen, Wohlfahrtseinrichtungen, Kultur, Publizistik, Wissenschaft, Medien, Polizei, Wehrmacht, tragende Personen aus NSDAP, SA und SS informiert.
[2] NONNENMACHER 2022.
[3] HOFFMANN 2004, S. 28 f.
[4] LABISCH/TENNSTEDT 1985a/b.
[5] SEELIGER 2008a, S. 1-30.
[6] WIDMANN 2020a.
[8] TKALEC 2018.
[9] WIDMANN 2020b
[10] LENZ 2020.
[12] REICHARDT/SCHÄFER 2016.
[17] Rede des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier am 03. Oktober 2017: „Die Verantwortung vor unserer Geschichte kennt keine Schlussstriche.“
[19] JÄRKEL 2019.
[23] Aus der Ausstellung im Historischen Museum Basel – Barfüsserkirche.
[25] LENT 2000.