Quellen, Fließgewässer und Karsterscheinungen

Klaus A.E. Weber

 

Hydrogeologische Untersuchung des Hellentals (RÖSEMEIER 2018)

 

Gefasster "Quelltopf"

April 2009

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Während sich das Mittelgebirge Solling größtenteils aus relativ gleichmäßig aufgewölbten Buntsandstein-Schichten zusammensetzt, tritt im Hellental zudem auch Muschelkalk hervor.

Im Tertiär, das die Erdneuzeit einleitete, brach zwischen Meinbrexen-Derental-Neuhaus-Silberborn-Hellental-Merxhausen bei einer Anhebung über der weitgespannten ovalen Sedimenttafel aus Mittlerem Buntsandstein - dem Solling-Gewölbe - der langgesteckte Scheitelgraben ein.

Die mit als Grabenfüllung eingebrochenen, den Buntsandstein zuvor flächenhaft bedeckenden triassischen Muschelkalküberlagerungen und tertiären Ablagerungen blieben von der nachfolgenden jungtertiären Verwitterungs- und Abtragungsphase weitgehend verschont.

Der in Merxhausen steilansteigende Horst des Heukenberges (349 m) begrenzt im Nordosten die geradlinig-diagonale Grabenstruktur.

Die muldenförmig in den umgebenden Mittleren Buntsandstein eingebrochene Grabenfüllung aus Unterem Muschelkalk zeigt, dass der Grabenbruch noch vor einer vollständigen Abtragung des Muschelkalkes erfolgte.

Hierbei wird deutlich, dass das Hellental somit kein selbstgeschaffenes Tal des noch heute durchfließenden Baches ist, der ansonsten aber prägenden Helle.

Im Verlauf des Hellentals sind vor allem am Südwesthang noch ausgeprägte Reste des Unteren Muschelkalks (Wellenkalk) zu verzeichnen mit steilhängigen Muschelkalkböden.

Unterhalb des Großen Ahrensberges liegt am Südwesthang eine etwa 1.100 m große, langgestreckte Muschelkalkbank.

Diese imponiert als imposanter Muschelkalk-Aufschluss und ist als Sporn ausgeformt, etwa 3,2 km von Hellental entfernt.

Zudem findet man im Bereich des Südosthanges die Besonderheit des Zwiebelzahnwurz-Buchenwaldes (Dentario bulbiferae-Fagetum).

Weitere langgestreckte Muschelkalkrücken sind am süd-/nordwestlichen Talhang zu finden.

 

Unterer Muschelkalk

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

In den Muschelkalkarealen treten kleinflächig flachgründige Rendzinen auf.

Die Grabenfüllung ist im Bereich des Unteren Muschelkalkes gut wasserdurchlässig und wirkt stark entwässernd.

Die Auskleidung des Hellentaler Bruchgrabens erfolgte mit pleistozänem Hangschutt, einem Gemenge aus Ton, Schluff und Feinsand.

Feinsandige Abschlämmmassen und andere fluviatile Bildungen sind zudem stellenweise zu finden.

Hieraus haben sich überwiegend mittlere, teilweise pseudovergleyte Braunerden mit mittlerer bis hoher nutzbarer Feldkapazität sowie unterschiedlich stark stauende Pseudogleye gebildet, die vorwiegend am Nordwesthang und im oberen Talbereich verbreitet sind.

In den oberen Hanglagen sind durch die zahlreichen Quellaustritte vielfach vernässte Böden vorzufinden.

Der Große Ahrensberg (524,9 m üNN) im Südwesten, der Dasseler Mittelberg (507,3 m üNN) und die Große Blöße (527,8 m üNN) im Südosten begrenzen als die höchsten Erhebungen des Sollings den einzigartigen Naturraum des muldenförmigen, langgestreckt ansteigenden Hellentals.

Sie bestimmen zugleich aber auch die teilweise unwirtliche Steilheit der Talhänge.

Die Westtalhänge sind gegenüber den kühleren Osttalhängen durch intensiver besonnte Standorte gekennzeichnet.

Auf den Dauerfrostböden der Weichsel-Kaltzeit (Quartär), die vor etwa 10.000 Jahren zu Ende ging (das Weserbergland blieb eisfrei), krochen als Überlagerung Fließerden (Muren) die Talhänge hinab; schließlich bedeckte spätglazialer Löß schleierartig die Talung.

Im Verlauf des Hellentals sind an beiden Talhängen teils sanft gewellte, teils hohe talwärts ziehende Geländeformationen zu erkennen, die solche glaziale Fließerden über älteren Bodenschichten darstellen.

Hierbei sind die etwa 3,4 km Fußweg von Hellental entfernt im Hellentaler Grund gelegenen und als hohe kuppenförmige Spornbildungen ins Wiesental hineinreichenden „Räuweköppe“ besonders beeindruckend.

Auf breitem Talgrund hat sich im oberen, südwestlichen Talabschnitt Niedermoortorf, überwiegend Bruchwaldtorf, gebildet. Schmale Streifen mit Auelehm treten beidseits der Helle auf.

Der bei der Entstehung der Grabenstruktur als Grabenfüllung mit eingebrochene Muschelkalk gilt - infolge tektonischer Beanspruchung - als stark gestört und zerrüttet, wodurch auf zahlreichen Klüften dem lösenden Oberflächenwasser vergrößerte Angriffsflächen geboten werden.

Zum Formenschatz der Karsterscheinungen im Hellental tragen Gipslager im Mittleren Muschelkalk und Oberen Buntsandstein wesentlich bei.

 

Schluck-/Schwundloch

April 2008

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Durch die allmählichen Auswaschungs- und Lösungsvorgänge im Untergrund des Hellentaler Scheitelgrabens stellten sich drei besondere Formen der Karsterscheinungen ein:

  • Erdfälle (Einsturz-Dolinen oder -Trichter),
  • Karstwassersysteme mit Karstwasserleitern und
  • Bachschwinden (Schluck- oder Schwundlöcher, Versickerungsstellen).

So imponieren noch heute, allerdings nur noch an sehr wenigen Stellen im Karstgebiet des Hellentals große trichterförmige Einbrüche (Erdfälle) in der Tal- und Hangoberfläche als bis zu 4 Meter tiefe Karsterscheinungen.

Diese punktuell oder in Feldern auftretenden Erdfälle waren früher zahlreicher als heute.

Die meisten Einsturztrichter wurden im Laufe der Zeit von den Dorfbewohnern verfüllt, wobei die Gründe hierfür so verschieden sein dürften wie die dabei verfüllten Materialien.

 

Erdfälle

Februar 2021

September 2010

© [hmh, Fotos: Klaus A.E. Weber

 

Innerhalb des Naturschutzgebietes Hellental im Naturpark Solling-Vogler konnten, auch unter vergleichender Zuhilfenahme von Luftbilddokumentationen 1991 insgesamt 15 Erdfälle kartiert werden, wobei allerdings 12 Erdfälle teilweise oder vollständig verfüllt waren.

In den heute noch vorhandenen Erdfällen befinden sich, zumeist im Frühjahr, natürlich entstandene stehende Oberflächengewässer als Stillgewässer mit allerdings nur geringer Bedeutung für heutige Pflanzengesellschaften und Tierarten.

1991 konnten im Naturschutzgebiet „Hellental“ insgesamt zwei Bachschwinden kartiert werden, eine im Bachverlauf der Helle, eine weitere unterhalb des Fließgewässers des Hasenlöffelborns.

Eine weitere geowissenschaftlich bedeutsame Bachschwinde im Muschelkalk besteht zudem auch in dem ca. 1 km südwestlich von Merxhausen gelegenen, befahrbaren Seitental „Steinlade“, gegenüber dem alten Forsthaus an der Kreisstraße.

In diesem schmalen, leicht ansteigenden Wiesental liegt eine gemauerte Quellfassung.

Der Bach dieser gut schüttenden Quelle verläuft in einem Weidegebiet, teils naturnah, teils mit Trockenmauern geführt, in einem scharf eingeschnittenen, baumbestandenen Tal.

Etwa 200 m unterhalb seiner Quelle verstummt plötzlich der zuvor munter plätschernde Wiesenbach in einem relativ großen und tiefreichenden, trichterförmigen Muschelkalkeinbruch (Erdfalle), der mit einer ausgeprägten Verbuschung (u.a. Holunder- und Hagebuttenbüsche) aufwartet.

Der Bachlauf mündet hier an der Einbruchsohle gleichsam in einer „Sackgasse“, um völlig geräuschlos in einer Bachschwinde zu enden.

Diese besondere Bachschwinde als Karstform erfüllt die Voraussetzung zur Ausweisung als Naturdenkmal.

 

Typische "Hangquelle"

Mai 2008

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Quellvorkommen

Außerhalb der Wohnbebauung von Hellental

 

Außerhalb des Sollingdorfes Hellental (Naturschutzgebiet) bestehen für größere Quellvorkommen alte überlieferte Flur- und Quellenbezeichnungen, wie

  • Wilddiebesborn

  • Henkenborn

  • Hasenlöffelborn

  • Kalkofen-Quelle

  • Köhlerborn

  • Lummenborn

  • Vogelbrunnen

  • Teufelsbrunnen

Sie unterstreichen das besonders große und vielfach auch hoch ergiebige Quellvorkommen am Ost- und Westhang des Hellentals, im Hellentaler Grund sowie in der waldbedeckten Talumgebung des Naturschutzgebietes.

Wie beispielsweise der „Vogelbrunnen“ oder die "Kalkofen-Quelle", so schütten auch andere Quellbereiche das Jahr über diskontinuierlich oder fallen sogar trocken.

Sie tragen daher die treffende Bezeichnung „Hungerbrunnen“.

Wie andere stark schüttende Quellen im Hochsolling, so sind auch jene des „Derentaler-Merxhausener Grabens“ an dominate geologische Störungen gebunden (Gebirgsstörung).

Im Hellental konzentrieren sie sich an den Randstörungen des langen zentralen Grabensystems als Verwerfungsquellen.

Einige größere, naturnahe wie naturferne Quellbereiche mit hoher Ergiebigkeit schütten ganzjährig oder nahezu ganzjährig, andere hingegen schütten periodisch diskontinuierlich und erweisen sich bei kurzzeitiger Wasserführung teilweise als sommertrocken.

Die Quellzuflüsse der Helle werden hauptsächlich aus den Festgesteinsgrundwasserleitern des Sollings gespeist.

1991 konnten noch 18 Quellen bzw. Quellflure in beiden Hanglagen des Naturschutzgebietes „Hellental“ kartiert werden, davon 12 westlich und 6 östlich der Helle.[1]

Die vielfachen Quellen und Quellflure im Hellental gelten als sehr wertvoll, auch hinsichtlich der vorkommenden Pflanzenarten.

Auch die wesentlichen Quellbereiche und den oberen naturnahen Bachlauf der Helle gilt es verstärkt und konsequent zu schützen.

Einige natürliche Quell- und Bachbereiche der „schnellen Helle“ unterliegen bereits seit Jahren relevanten Beeinträchtigungen.

Das Wasser aus angeschnittenen Grundwasserhorizonten tritt im Hellental meist in Schicht- oder Spaltquellen aus.

 

"Kalkofen-Quelle"

nahe Merxhausen

April 2014

© [hmh, Fotos: Klaus A.E. Weber

 

Henkenborn-Quelle

Ein wesentlicher, südöstlicher Zufluss der oberen Helle kommt als Bach aus der engen pleistozän geprägten Schlucht zwischen dem Dasseler Mittelberg und der Großen Blöße aus einer Höhe von etwa 470 m üNN.

Es ist das Quellgebiet des ganzjährig stark schüttenden Henkenborns. Seit Jahren erfolgt aus dem Tiefbrunnen Henkenborn die Trinkwasserversorgung des Dorfes Hellental.

Das Rohwasser des Henkenborns ist ein sehr weiches Wasser, dessen Einspeisung als Trinkwasser in das Ortsnetz von Hellental allerdings erst nach technischer Aufbereitung erfolgen kann.

 

Hasenlöffelborn-Quelle („Haasen Löppeln“)

Eine weitere der Helle im oberen Hellentaler Grund steil zufliessende Quelle entspringt dem stark schüttenden Quellgebiet des Fließerdenareals des Hasenlöffelborns, dessen 446 m üNN hohe Anhöhe zugleich auch eine Wasserscheide darstellt.

Die naturferne, weil gefasste Hasenlöffelborn-Quelle liegt 3,5 km von Hellental und 3,8 km von Silberborn entfernt am Westhang des Wiesentals in einem muldenförmig vertieften Feuchtgebiet, das in einem dem Hellentaler Grund zustrebendem Wiesenplateau einer hohen Hügelkuppe im Bereich der „Räuweköppe“ ausstreicht.

 

Quellbereich

"Köhlerborns"

September 2008

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Köhlerborn

Am Westhang des Hellentals gelegene Quelle, südwestlich des "Lummenborns".

 

Bachlauf

des "Lummenborns"

September 2008

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Lummenborn-Quelle ("Lummenborn")

Der etwa 2 km vom Dorf entfernt am Westhang des Hellentals gelegene, stark schüttende "Lummenborn" prägt eine große moosbewachsene Bundsandstein-Trockenmauer als Quellumfassung.

Die Lummenborn-Quelle wird daher als naturfern eingestuft.

Das ganzjährig plätschernde Wasser der Lummenborn-Quelle fließt steil talwärts dem Bachlauf der Helle zu.

 

Quelltopf

"Teufelsborn"

März 2009

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Teufelsbrunnen ("Teufelsborn")

Noch 1963 war die etwa 800 m südwestlich von Hellental bei 300 m üNN im Talgrund liegende naturferne Teufelsquelle ("Teufelsborn") die Quellfassung für die ehemalige Hellentaler Trinkwasserversorgung.

Hier treten die im Hellentaler Grund versickernden Quellbäche nach einem unterirdischen Streckenverlauf von etwa 2,6 km wieder zutage und imponierten als Quelle.

Hier soll älteren Erzählungen zufolge der Teufel seine Hand im Spiel gehabt haben.

Im Brunnenbereich sollen ehemals Flachsrotten bestanden haben.

 

Ummauerte Quelle

"Vogelbrunnen"

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Vogelbrunnen

Der "Vogelbrunnen" ist eine ummauerte, diskontinuierlich schüttende Bergquelle am westlichen Waldrand, gut 1.400 m südwestlich vom Dorfzentrum entfernt, oberhalb des Birkenweges.

Das Quellwasser wurde ehemals zur Trinkwasserversorgung der Hellentaler Bevölkerung genutzt, wie der überlieferte Pachtvertrag [2] zwischen der Herzoglichen Cammer, Direction der Forsten zu Braunschweig, und dem Gemeinderat Hellenthal im 19. Jahrhundert belegt:

"Die Gemeinde Hellenthal wünscht das Quellwasser, welches innerhalb des auf dem angeschlossenen Lageplan bezeichneten Terrains des Forstorts Großen Hellenthalerberg, Revier Merxhausen, in einer Quelle – sogenannter Vogelbrunnen – entspringt, behuf Anlage einer unterirdischen Wasserleitung nach dem Dorfe Hellenthal zu verwerthen.

Zu dem Ende räumt Herzogliche Cammer, Direction der Forsten, der Gemeinde Hellenthal nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen die Benutzung des fraglichen Quellwassers – insoweit Herzoglicher Cammer ein Anrecht an diesem Wasser zusteht - hiermit ein und verpachtet gleichzeitig der Gemeinde behuf Herstellung der beabsichtigten unterirdischen Wasserleitung, sowie zu den desfalls nötigen Anlagen des auf dem Risse mit a und b bezeichnete 0,04 ar große Forstterrain, sowie den zur eigentlichen Röhrentour erforderlichen 1 m breiten Streifen vom Forstgrunde des genannten Forstorts und gestattet endlich die Durchlegung des Röhrenstranges durch des am Kleinen Hellenthalerberge belegenen Forstzeitpachtland in solcher Weise, daß dadurch die Acker- und Wiesenstücke in keiner Weise verschlechtert werden."

In unmittelbarer Nähe im Überlaufbereich des "Vogelbrunnens" befinden sich zum Tal hin kuhlenförmige Bodenvertiefungen ehemaliger Flachsrotten.

 

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[1] LUCKWALD/WIEBUSCH/VOIGT 1992.

[2] LESSMANN 1984a, S. 87-89 - veröffentlicht ohne Angabe der Signatur und Datierung, NLA WO.