Fürstliche Glasmanufaktur Holzen 1744-1768

Klaus A.E. Weber

 

Die Glasmanufaktur "unterm Renneberg bey Holtensen" am Ith

 

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© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Fürstliche Glasmanufaktur Holzen

Juni 2020

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

„Fürstliche Bouteillenmanufactur"

Während der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts kam es zu einem deutlich veränderten, technologisch weiterentwickelten Glashüttenwesen, indem ökonomisch auf einen größeren Glaswarenabsatz orientierte, ortsfeste Manufakturen errichtet wurden.[3][5]

Die Frage, wie die im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts – während der Entwicklungsphase ortsfester Manufakturen - errichtete Glashütte Steinbeke wohl ausgesehen haben mag und welchen baulichen wie ofentechnologischen Bestand sie während ihrer rund drei Jahrzehnte währenden Produktionsphase aufwies, lässt sich bei bislang fehlenden archivalischen Quellen nicht hinreichend beantworten.

Darum kann hilfsweise nur auf archäologisch wie historische Vergleiche zurückgegriffen werden, wie auf die in der Fürstlichen Braunschweigischen Hüttenverwaltung unterstehenden fürstlichen Glasmanufakturen, die etwa zeitgleich unter Herzog Carl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel errichtet wurden.

Insbesondere die Glasmanufaktur "zu Holtensen" (Holzen) / "zu Holtensen auf der Hütte" am Renneberg, die von 1744-1768 als ortsfeste fürstliche Grünglashütte bestand, kann hierbei modellhaft für die zuvor bestehende Glashütte Steinbeke im Hellental herangezogen werden.

 

Im Zentrum der Halle

der Fürstlichen Glasmanufaktur Holzen

stand ein großer Glasschmelzofen

Juni 2020

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Kurze Zeit nach Ende des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) musste die Glasmanufaktur ihren Betrieb einstellen.

Die "Designatio/Inventario" (Bestandsverzeichnis) der Glashütte von 1769 weist ein Wohnhaus des Verwalters, die „alte Hütte“ mit zur Hütte gehörigen

  • zwei Glaskammern
  • Laborantenhäuser
  • ein Stallgebäude
  • Hüttengärten

aus.[4]

 

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

In unmittelbarer Nähe zur Glashütte wohnten der Hüttenverwalter, vier Hohlglasbläser, ein Glasmacher, vier Schür- und Schürfmeister sowie drei Holzhauer.

Der aus dem Jahr 1802 vorliegende „Grundriss von der Holzener Hütte“ zeigt, neben dem Hüttenplatz, die „Laborantenhäuser“ (Glasmacherhäuser) und die dazu gehörigen Gärten.

Glücklicherweise konnte hier 2001 eine archäologische Untersuchung der Denkmalpflege des Landkreises Holzminden eingeleitet werden.

Dabei konnten in mehreren archäologischen Grabungskampagnen auf einer ca. 1.000 m² großen Fläche nach LEIBER [3] freilegen werden

  • mindestens sieben Glasöfen

  • Fußbodenpflaster aus Sandsteinplatten

  • Fundamentabschnitt einer Längswand der ursprünglichen Werkhallenüberdachung

  • Mauerzüge eines großen Arbeitsofens im Zentrum der Weerkhalle

  • neben einem langen Arbeitsofen der Unterbau von fünf weiteren Arbeits- und Kühlöfen

 

Abdruck des Standortes

eines geborgenen, großen Glashafens

im zentralen Schmelzofen

Juni 2020

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Glasmacherfamilien

Im Zusammenhang mit einer vermutlich um 1728 nördlich von Holzen bestehenden Glashütte werden folgende Namen genannt (aus dem Kirchenbuch Eschershausen):[1]

  • Hans Heinrich Kaufhold

  • Christoph Kaufhold

  • Christian Wiegel

  • Hans Caspar Wiegel

  • Johan Wilhelm Göbel

  • Bartels

  • Harm Schlieker

Zur späteren Fürstlichen Glasmanufaktur zu Holtensen, die nach der Glashütte Steinbeke von 1744-1768 als ortsfeste „Grünglashütte“ bei Holzen am Renneberg bestand, sind die folgenden Namen und Berufsbezeichnungen von alten Glasmachern anhand eingehender Kirchenbuchforschungen bekannt:[2][6]

  • Der Verwalter war Johann Heinrich Christoph Purosi, der mit seiner Frau 1746 und 1747 als Paten genannt werden.[6]
  • Kühne, Johann Daniel (1747)

  • Ehrhardt, J. Georg (1753, 1764)

  • Zeitz, Johann Moritz (1744) - Schür- und Schürfmeister

  • Hirschberger, Johann Conrad (1745, 1757) - Schür- und Schürfmeister

  • Schlieker, Johann Christoph (1746, 1755) - Hohlbläser

  • Hirschberger, Christoph (1750) - Hohlbläser

  • Kaufholdt, Jobst Daniel (1748, 1761) - Hohlbläser

  • Seiffart, Christoph (1745, 1747) - Holzhauer

  • Hoyer, Christoph (1745, 1763) - Holzhauer

  • Fricke, Christian (1746, 1756) - Holzhauer
  • 1765 heiratete Hans Erhard Runge Christian (1697-1775) Louise Seitz, geb. Meder.[6]

 

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[1] HENZE 2004, S. 100.

[2] Kirchenbuch Nr. 512, Band VI, Archiv der Evang.-luther. Kirchengemeinde Eschershausen; HENZE 2004, S. 103 - nach sachkritischer Überarbeitung.

[3] LEIBER 2004, S. 111 ff..

[4] Quelle: Kirchenbuch Heinade 1680-1722, S. 185; Auszug angefertigt von Wolfgang Nägeler. HENZE 2004, S. 96 ff.

[5] BLOSS 1950a, S. 8.

[6] persönliche Mitteilung am 18. /19. Oktober 2021 von Wolfgang F. Nägeler, Stadtoldendorf..