Als Herzog Carl I. ein Unternehmer wurde
Klaus A.E. Weber
Herzog Carl I.
von Braunschweig-Wolfenbüttel
nach 1735
unbekannter Maler
Museum Schloss Fürstenberg
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
Offensive Wirtschafts- und Siedlungspolitik
Landesherrliche Maßnahmen in der frühindustriellen Epoche
- „Neuer Anbau auf dem Lande“ im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel offensive landesherrliche wirtschafts- und siedlungspolitische Maßnahme in der frühindustriellen Epoche im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel unter Herzog Carl I. (reg. 1735-1780) zur „Beförderung des commerce“ mit - ressourcenorientierter Anlage gewinnbringender, frühkapitalistischer Manufakturen
In der Blütezeit der Waldglashütten - während des 16. und 17. Jahrhunderts - führte die zunehmende Nachfrage zur Vergrößerung der Glasproduktionsstätten.
So entstanden meist in Wäldern abgelegene kleine, häufig sozial isolierte Siedlungen auf Zeit mit einem Wohn- und einem Werkbereich - so auch im Hellental.
In der neuzeitlichen Epoche wurde aber die überkommene Methode der Glasproduktion in Wald- und Wanderglashütten wirtschaftlich immer mehr in Zweifel gezogen.
Im 18. Jahrhundert hatte sich die Verwendung von Glas als Werkstoff für Gegenstände des täglichen Bedarfs auch im ländlichen Raum durchgesetzt, einhergehend mit steigender Nachfrage.
Die wachsende Nachfrage nach Glasprodukten konnte durch kleine Wanderhüttenbetriebe nicht mehr befriedigend abgedeckt werden.
Schließlich endete die Blütezeit der „wandernden“ Waldglashütten.
Während der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts kam es zu einem deutlich veränderten, technologisch weiterentwickelten Glashüttenwesen, indem ökonomisch auf einen größeren Glaswarenabsatz orientierte, ortsfeste Manufakturen errichtet wurden.[1]
Ohnehin war es die historische Epoche der staatlich geregelten und geförderten Ansiedelung einer bodenständigen Industrie im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel, wie auch im Kurfürstentum Hannover.
So wurde folgerichtig im 18. Jahrhundert damit begonnen, größere und dauerhaft ortstabile Hüttenanlagen als Glasmanufakturen („Glasfabriken“) zu errichten, nicht zuletzt auch unter dem volkswirtschaftlichen Aspekt des Widereinbringens der investierten baulichen Finanzmittel.
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Herzogliche Silbermünzen
[hmh Inv.-Nr. 6001/6002
© Historisches Museum Hellental, Fotos: Klaus A.E. Weber
Im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel entwickelte sich dabei unter dem absolutistischen Herzog Carl I. und seines "allmächtigen" Staatsministers" Berhard Schrader von Schliestedt (1706-1773) die unbeschränkte Herrschaftsform und Wirtschaftsordnung des „Merkantilismus“ zur Mehrung der Landeseinkünfte; die prinzipiellen Voraussetzungen waren seit etwa 1730 gegeben.[2]
Der zwar aufstrebende, aber wenig ökonomisch erfolgreiche Merkantilismus entfaltete sich.[3]
Dabei sollte die Volkswirtschaft des absolutistischen Territorialstaates "zur Beförderung des commerce" eine aktive Handelsbilanz erreichen.
Die am wirtschaftlichen Wohl des Landes und auch wohl vordergründig am Wohl des Hofstaates ausgerichtete Wirtschaftpolitik begann.
Sonderausstellung 2023
Schloss Museum Wolfenbüttel
zum Braunschweiger Kunsthandwerk
"Coralle, Perle, Papagei -
Braunschweiger Perlentische
und Corallenwaren" [5][6]
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
Herzog Carl I. unterstützte mit seiner wirtschaftsfreundlichen merkantilistischen Landespolitik großzügig die 1755 gegründete Braunschweiger Corallenfabrik des vermutlich aus Amsterdam stammenden Johann Michael van Selow (1705 - nach 1767) durch einen zinslosen Kredit, Abgabenfreiheit und ein Jahr Mietfreiheit.[4]
Zudem begünstigte die "Braunschweiger Messe" im 18. Jahrhundert die Ansiedlung der innovativen Manufaktur.
In der kunsthandwerklichen Manufaktur wurden als Luxusgüter des Rokoko mit farbenfrohen Mosaiken aus importierten Glasperlen („Corallen“) dekorativ verzierte Perlentische und exklusive „Corallenwaren“ hergestellt, wie u. a. Braunschweiger Perlentische (Tee- und Kaffeetische, Spieltische), Kleinobjekte des täglichen Gebrauchs (Tee- oder Tabakdosen, Vasen, Präsentierteller) und Vogelskulpturen (Papageien).
1772/1773 wurde die Manufaktur in Braunschweig aufgelöst.
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[1] LEIBER 2004, S. 111.
[2] TACKE 1943, S. 93.
[3] modern-ökonomisch: Leistungsbilanzüberschuss/Außenhandelsüberschuss - Zu ihrer staatlichen, frühkapitalistischen Einnahmesteigerung förderten Fürsten ihre heimischen (inländischen) Manufakturen und Monopolbetriebe zur Herstellung von Exportprodukten, wohingegen Importe verboten bzw. mit hohen Zöllen (Importzölle) belegt wurden.
[4] GRAF 2023.
[5] HEINTZEN 2023.
[6] KRAMER 2023c.