Glas für alchemistische Zwecke, Medizin und Pharmazie

Klaus A.E. Weber

 

Fundbestand

07. März 2023

 

Pharmazeutisches Lehrbuch

Pharmaziemuseum

Universität Basel

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Apotheken- und Laborgläser │ Destillatiosgefäße aus Glas

Während des Mittealters und in der frühen Neuzeit war bei der experimentell-technischen Alchemie Glas als Material von grundlegender Bedeutung.

Neben Holz, Metall, Irdenware und Fayence diente das eher zerbrechliche Glas zu dem klassischen Gefäßmaterial zur Aufbewahrung von Arzneien in Standgefäßen innerhalb wie auch außerhalb von Apotheken.

▷ Übersicht bei KULESSA [9] und SACHSSE [10]

 

Alchemistenlabor

mit vollständigen Destillationsapparaturen

aus Glas und Kupfer

mit Originalen des

16. und 17. Jahrhunderts

Pharmaziemuseum

Universität Basel

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Die Destillation war einer der wichtigsten und häufigsten Arbeitsschritte im Labor.

Zur thermischen Trennung von Flüssigkeiten durch Verdampfen und Kondensieren, jedoch auch zur Trennung trockener Substanzen mittels Wärme (Sublimation) etablierten sich die Destillationstechniken.

Trotz der mechanischen Anfälligkeit und Hitzeempfindlichkeit wurde hierbei technisch bevorzugt Glas eingesetzt, neben Keramik (Steinzeug) und Metall (Kupfer).

Die gläserne Standardapparatur setzte sich in der frühen Neuzeit dreiteilig zusammen aus

  • dem zu erhitzenden Destilliergefäß (Kolben)

  • dem aufgesetzten Helm (Alembik) als Kondensiergefäß (Kühler) mit Sammelrinne und Schnabel („Nase“) als Verbindungsrohr

  • der Vorlage (Recipient) zum Auffangen des Destillats (Kolben als Aufnahmegefäß),

hergestellt in Glashütten [11]; Übersicht bei STEPHAN [1][2].

Folgt man SACHSSE [11], so konnten die frühesten gläsernen Destilliergeräte im heilkundlichen Kontext nördlich der Alpen im 14. Jahrhundert archäologisch nachgewiesen werden.

 

Kasseler Abrechnungsliste von 1628 [3]

Für alchemistische Zwecke, Medizin und Labor wurden spezielle formvariante Glasgefäße angefertigt, ebenso für Apotheken.[9]

So weist eine Abrechnung des hessischen (Hof-)Glasmachers Augustin Gundelach (1591-1661) vom 19. November 1628 für den Hof der Landgrafen von Hessen in Kassel eine detaillierte Auflistung unterschiedlich großer Laborgläser mit Einzelpreisen auf, wie Rezipienten, Destillierkolben, Helme, Retorten, Zuckergläser, Flaschen.

 

Technisches Glas

Kolben oder Vorlagen

Alchemistenlabor

16./17. Jahrhundert

rundbodige, hohe bauchige

bzw. birnenförmige Destilliergefäße

Pharmaziemuseum

Universität Basel

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Funde von alchemisch-technischem Laborglas

Flaschen und Fläschchen zur Herstellung, Bevorratung und Abgabe (Verkauf) von Arzneien

  • Gefäßfragmente grünlicher "Blätterlein" als kleine bauchige Fläschchen [5][6][7][8]
  • mehrere Röhrenfragmente von Destilliergeräten aus dunkelgrünem Glas - lange, abwärts gebogene, sich zum Ende hin verjüngende Glasröhren, vermutlich Schnabelfragmente von Alembices oder Retorten [12]

Es erscheint nicht gänzlich unwahrscheinlich, dass sich hierunter auch Laborgläser aus der hier betrachteten Waldglashütte des ersten Drittels des 17. Jahrhunderts befanden.

 

Gläserner Destillierhelm

mit Endknopf (Alembik)

langer, dünner

Schnabel („Nase“)

Pharmaziemuseum

Universität Basel

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

___________________________________________________________________

[1] STEPHAN 2021, S. 187-256.

[2] STEPHAN 2021, S. 38-42, 45-62.

[3] STEPHAN 2021, S. 214-215.

[5] RING 2003, S. 170.

[6] RING 2003, S. 172-173.

[7] Medizin-/Apothekenglas mit dem Erscheinungsbild der "Blätterlein" als kleinste, mundgeblasene Kugelfläschchen, Einmalgefäße.

[8] FRANZE 2018.

[9] KULESSA 2022, S. 275-288.

[10] SACHSSE 2022, S. 289-306.

[11] SACHSSE 2022, S. 298.

[12] vergl. SACHSSE 2022, S. 300 Abb. 14.