Cholera-Epidemie in Hamburg
Klaus A.E. Weber
Leitender Medizinaldirektor / Amtsarzt a. D.
Während der fünften Cholera-Pandemie 1883-1896 trat Mitte August 1892 in der Hansestadt Hamburg eine dramatische Cholera-Epidemie auf, die letzte große Cholera-Epidemie in Deutschland.
Sie betraf in dem heißen Sommer von 1892 vornehmlich das Gängeviertel der Kirchspiele St. Michaelis und St. Jacobi, wo innerhalb des innerstädtischen Slums Hafenarbeiter:innen und ihre Familien in engen Gassen und überfüllte Wohnquartieren lebten.
Der als preußischer Beamter vom Kaiserlichen Reichsgesundheitsamt zum Krisenmanagement in der Elbstadt entsandte Robert Koch [1] soll hier beim Rundgang durch die Gängeviertel schockiert festgestellt haben [2]:
„Meine Herren, ich vergesse, dass ich in Europa bin.
Ich habe noch nie solche ungesunden Wohnungen, Pesthöhlen und Brustätten für jeden Ansteckungskeim angetroffen wie hier.“
Ökonomische Interessen und Klassenlager
Wie WULF [2] im Hinblick auf die soziale Ungleichheit kommentiert, habe die Sanierung jener Armenviertel allerdings erst 1896/1897 nach einem massiven Streik der Hafenarbeiter:innen entscheidende Fortschritte gemacht – „und war dabei auch motiviert durch den Versuch einer politischen Kontrolle, da die Slums laut Polizeibehörden zugleich als „Brutstätten des Kommunismus“ galten“.
Zur Sicherung privatwirtschaftlicher Gewinne aus dem Überseehandel galt es: „Der Hafen musste offen bleiben, koste es was es wolle (am Ende waren die menschlichen „Kosten“ in Hamburg über 8000 Todesopfer) und deshalb wurde die medizinische Diagnose Cholera immer wieder zu einer politischen.“
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[1] Als Kolonialmediziner diente Robert Koch auch dem Erhalt der kolonialen Wirtschaft.
[2] WULF 2023.