Rauchende Kohlenmeiler im Hellental

Klaus A.E. Weber

 

Im Hellental ist heute das Köhlereihandwerk ein längst erloschenes und inzwischen fast vergessenes ländliches Handwerk.

 

Geländespuren zweier Standorte

Kohlenmeiler im mittleren Hellental

September 2008

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Zu dem Gewerbe der Köhlerei im Hellental ist nur wenig urkundlich überliefert.

Gleichwohl stößt man im Talverlauf immer wieder auf "Köhlerplatten", auf obertägig noch erkennbare Überreste einstiger Kohlenmeiler.

Auch Toponyme, wie „Köhlerrinne“ und „Köhlerborn“, erinnern an das alte Köhlergewerbe im Umfeld des Hellentals.

Zudem soll der Name "Hammershütte" im Solling auf den aus dem Harz stammenden Köhler Hans Hamer zurückgehen, der um 1664 an dieser Stelle wöchentlich einen Meiler errichten durfte.

Etwa kreisförmige, ebene Flächen und Bodenkleinfunde belegen, dass im Hellental über eine lange Zeitperiode hinweg rauchende Kohlenmeiler und die dazu gehörenden „Köten“, "Katen" oder Köhlerhütten gestanden haben.

In den Sommermonaten dürfte der Rauchgeruch des Schwelbrandes von feuchtem Holz von den Kohlenmeilern häufig durch das lang gestreckte Hellental gezogen sein.

Die während der Regierungszeit des Braunschweiger Herzogs Carl I. (reg. 1735–1780) von seinem Hofjägermeister v. Langen im „Weser-Distrikt“ vorangetriebene Forstreform zur rationelleren, nachhaltigen Forstwirtschaft [5] hatte letztlich auch zur Folge, dass Köhler allmählich aus dem durch anhaltend zügellosen Raubbau heruntergekommenen, erheblich devastierten Sollingwald gedrängt wurden und sich an den Waldrändern und Waldtälern ansiedelten.

Das Köhlereiwesen des Sollings und somit auch das im Hellental hatte im 17./18. Jahrhundert seine größte Ausbreitung und Blütezeit; die Meiler-Köhlerei „boomte” in jener Zeit.

Die expandierenden Hüttenbetriebe und Eisenhämmer in Merxhausen und in den Kleinstädten Uslar, Dassel und Holzminden verbrauchten große Mengen von Holzkohle aus dem Solling für ihre Eisenerzverhüttung, aber auch die Eisen- und Silberhütten des Westharzes.[6]

Das Köhlereihandwerk war damals von besonderer Ortstreue gekennzeichnet, da auf den alten, vormals angelegten Kohlstätten der Brennvorgang im Kohlenmeiler am besten gelang.

Es wurde darauf geachtet, dass der Standort des Kohlenmeilers recht nahe an einem Weg lag und somit für die Holzanfuhr und die Holzkohlenabfuhr verkehrsgünstig zu erreichen war.

An den teils recht steilen Ost- und Westhängen des Hellentales waren allerdings eher selten von Natur aus ebene Flächen für Meilerstandorte anzutreffen.

Die Größe bzw. der Durchmesser eines Kohlplatzes richtete sich nach der Menge des zu verkohlenden Holzes.

Im Frühjahr zog der Köhlermeister mit seinen Gesellen und Hilfskräften in einem Pferdewagen zu den vorgesehenen Kohlstätten.

Dabei nahmen sie auch ihren Hausrat und das benötigte Handwerkszeug mitnahmen.

Die Köhler arbeiteten in der Regel als Saisonarbeiter mehrere Monate, meist vom März bis zum Buß- und Bettag, gelegentlich auch länger.

 

Geländespuren von Kohlenmeilern

Heute erinnern vielerorts im Umfeld des Hellentals nur noch schwarz verfärbte Maulwurfshügel als Bodenspuren an den Standort eines einstigen Kohlenmeilers.

Im oberen Hellental, im Hellentaler Grund, konnten nach eigene Feldbegehungen auf Wiesenflächen mehrere Kohlstätten anhand der kleinräumigen Topografie und entsprechender Holzkohlenfunde in den Jahren 2002 - 2005 nachgewiesen werden.

Beispielsweise befindet sich auf einer Wiesenfläche am Osthang, oberhalb der Holzbrücke über die Helle, ein etwa parallel zur Helle verlaufendes Plateau, das durch Holzkohlenreste als Standort einer ehemaligen Kohlstätte auszumachen ist.

Unweit dieser Fundstelle besteht hinter dem Holzgatter, zwischen Fahrweg und Helle-Ufer ein weiterer Holzkohlenfundort (Ø ca. 12 m).

Gegenüber liegend, auf einer Weidefläche am Fuße des „Räuwekopfes“, konnten Holzkohlenreste gefunden werden, dazu passend eine fast ebene, zum Westhang hin kreisförmige Fläche (Ø ca. 16 m).

Weiter oberhalb im Hellentaler Grund, auf dem abgetieften Plateau schräg unterhalb des ehemaligen Glashüttenstandortes am „Dreiämterstein“, bestehen ebenfalls Spuren eines kleineren Köhlereiplatzes (Ø ca. 9 m).

Ein forstwirtschaftlicher Weg, etwa 2 km westlich von Hellental, zwischen dem „Hellentaler Berg“ und dem Kleinen Ahrensberg (433 m üNN), trägt heute der kleine Bachlauf die Bezeichnung „Köhlerrinne“, so dass davon ausgegangen werden kann, hier ein Areal eines oder mehrerer ehemaliger Köhlereiplätze vorzufinden.

 

Geländespuren

unterschiedlich großer Kohlenmeiler

im oberen Hellental

© [hmh, Fotos: Klaus A.E. Weber

 

Verdrängung der jahrhundertealten Meiler-Köhlerei

Da um die Wende des 19./20. Jahrhunderts die industrielle Holzkohlenproduktion auch in der Sollingregion zunehmend die jahrhundertealte Meiler-Köhlerei verdrängte und es aus Arbeitszeit- und Lohngründen immer schwieriger wurde, Köhlergesellen zu gewinnen, ging das alte Handwerk des Köhlers wirtschaftlich schlechten Zeiten entgegen, nicht zuletzt auch im Hellental.

Aufgrund der veränderten Erwerbssituation gingen Köhler wie Köhlermeister, neben ihrem eigentlichen Köhlerhandwerk, fast ausnahmslos weiteren Erwerbstätigkeiten nach.[8]

Der Zeitpunkt, zu dem schließlich die alte Meiler-Köhlerei und damit das Köhlereigewerbe im Hellental ganz aufgegeben worden war, ist nicht sicher belegt, könnte aber, wie auch anderorts in der Sollingregion, gegen Ende des 19. Jahrhunderts gelegen haben.

Im Zeitraum des 18./19. Jahrhunderts waren denn auch nur zwei Männer, Johann Anton Bremer und August Heinrich Ludwig Meyer, für Hellental nachzuweisen, denen in den Kirchenbüchern die Berufsbezeichnung Köhler zugeordnet war.[9]

 

Hellentaler Köhlermeister August Eikenberg (1857-1935)

"Putzers-August-Fedder" │ um 1900

 

[10]

 

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[5] TACKE 1951.

[6] BRODHAGE/SCHÄFER 2000; JARCK/SCHILDT 2000; SCHUBERT 1997; BRODHAGE/MÜLLER 1996.

[8] BRODTHAGE/SCHÄFER 2000; JARCK/SCHILDT 2000; BRODTHAGE/MÜLLER 1996.

[9] NÄGELER/WERBER 2004

[10] in LESSMANN 1984, S, 93.