Hermann Löns im Hellental

Klaus A.E. Weber

 

© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Historisch belastete Person: Zur Diskussion gestellt

Mythos mit Verbindung zur nationalsozialistischen Diktatur

Zeitkritisch wird Hermann Löns als Quartalstrinker und Frauenfeind beschreiben, einhergehend mit nationalistischer und antisemitischer Einstellung, die er auch freimütig bekundete.

"Ich bin Teutone hoch vier. Wir haben genug mit Humanistik, National-Altruismus und Internationalismus uns kaputt gemacht, so sehr, dass ich eine ganz gehörige Portion Chauvinismus sogar für unbedingt nötig halte. Natürlich passt das den Juden nicht und darum zetern sie über Teutonismus. Das aber ist der Weg, die Wahrheit und das Leben."[14]

 

© Historisches Museum Hellental

 

Hermann Löns (1866-1914) gab Hellental mit seinen beiden Erzählungen

sowie mit seinem Gedicht

einen bleibenden literarischen Namen.

 

Eine Zigarre rauchender Hermann Löns

Portraitfotografie │ April 1914

© Foto: Ausstellung Historisches Museum Hellental

 

„Fritz von der Leine“

Hermann Löns, am 29. August 1866 in Westpreußen geboren, war einer der meist gelesenen deutschen Autoren der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Vor allem wegen seiner präzisen Naturbeobachtungen ist Hermann Löns bis heute in literarischer Erinnerung geblieben.

 

Hermann Löns im „nationalen Rausch“ der wilhelminischen Zeit

"Mein rotestes Gelüste ist, eine Schlacht mitzumachen, aber mit der Waffe in der Hand, so eine, wo man das Weiße im Auge sehen kann beim Gegner."[14]

Im August 1914, von dem millionenfach in Deutschland vorherrschenden „nationalen Rausch“ ergriffen, meldete sich der 48-jährige Hermann Löns trotz seines vorgerückten Alters und seiner schwachen Gesundheit zu Beginn des Ersten Weltkrieges als Kriegsfreiwilliger zum aktiven Kriegsdienst mit Dienstbeginn am 24. August 1914.

Anfang September zog er als Kriegsfreiwilliger mit einem Ersatztransport der 4. Kompanie des Füsilier-Regiments Prinz Albrecht von Preußen (Hannoversches) Nr. 73 nach Westen ins Feld, wo er vom 13.-26. September 1914 an Gefechten in Frankreich teilnahm.[13]

Nordnordwestlich von Reims, nahe Loivre fiel Hermann Löns am 26. September 1914.

Sein Tagebuch mit Bleistiftnotizen blieb der Nachwelt erhalten.

 

Hermann Löns – Ein Sorgenkind

Elsbeth Löns erzählt 1934 in Münster von ihrem Bruder Hermann.

 

Journalist │ Naturfreund │ Jäger │ Schriftsteller

Sich bewusst als Hannoveraner und Niedersachse fühlend arbeitete Hermann Löns 15 Jahre lang mit seiner ersten Ehefrau Elisabeth als Lokalredakteur in Hannover, zunächst über fast 9 ½ Jahre beim Hannoverschen Anzeiger (HA).

Der als „Heidedichter“ bekannt gewordene Journalist, Naturfreund, Jäger und Schriftsteller [1] hielt sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts des Öfteren - erstmals wohl um 1903 – in der Sollingregion auf.[2]

Der gebürtige Westpreuße mit dem beachtlichen „Kaiser-Schnurrbart“ weilte hierbei auch mehrfach im alten Hellentaler Dorfkrug, von dem aus er das Hellental und seine natürliche Umgebung gerne durchstreifte.[3]

 

[17]

© Archiv Historisches Museum Hellental

 

Aus dem literarisch schaffenden, umtriebigen Hermann Löns entwickelte sich das in der Vergangenheit vielseitig beanspruchte, historisch nicht unumstrittene „Mythos Löns”, das auch in Hellental lange gepflegt wurde.

 

[hmh Inv. Sammlungsbereich IV

 

Aus dem Leben von Hermann Löns

Seine Aufenthalte im Hellental

Der noch heute teils noch populäre Hermann Löns, am 29. August 1866 in Kulm an der Weichsel (Westpreußen) als Sohn eines Gymnasiallehrers geboren und als Soldat zu Beginn des Ersten Weltkrieges am 26. September 1914 vor Reims in Loivre gefallen, war einer der meist gelesenen deutschen Autoren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Hermann Löns fühlte sich bewusst als Hannoveraner und Niedersachse.

Der passioniert Tabak rauchende Hermann Löns wurde in diesem Kontext zugleich auch der bekannteste Dichter der vormals als öde und langweilig angesehenen Lüneburger Heide, die er als Gegenpol und „Kompensationsheimat” zum „großstädtischen Moloch” empfand.

Durch die Massenauflage seiner Werke war Hermann Löns auch für die Ausbildung eines niedersächsischen Einheitsbewusstseins im 20. Jahrhundert bedeutend; er redigierte von 1898 - 1900 die Zeitschrift „Niedersachsen”.

15 Jahre lang arbeitete Löns als Lokalredakteur in Hannover (preußische Provinz), zunächst über fast 9½ Jahre beim „Hannoverschen Anzeiger“ (Lokalredaktion mit seiner ersten Ehefrau Elisabeth).

Unter dem Pseudonym „Fritz von der Leine“, eines von mehreren, schrieb Löns Woche für Woche seine populären satirischen Sonntagsplaudereien.

Am 16. September 1902 gründete er gemeinsam dem Journalisten Richard Hamel (1853-1924) in der Herschelstraße 31 die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ), die aber aus ökonomischen Gründen bereits am 31. Januar 1904 wieder eingestellt wurde.

Hermann Löns gilt inzwischen als eigentlicher Namensgeber der 1949 erstmals (wieder) gedruckten „HAZ“.

Sein "ausschweifender Lebenswandel" wie auch seine "exzessiver Arbeitsweise" für seine Romane, nicht jedoch für die Zeitung, führten dazu, dass er 1909 seine Anstellung als Redakteur verlor.[17]

Neben den Frauen liebte Hermann Löns nicht nur den herben Charme der Lüneburger Heide, sondern wohl auch den der Natur des Sollings.[14]

Auf seinen Ausflügen, die Hermann Löns von Einbeck oder Dassel aus mit einem Fahrrad unternahm, gelangte er in größere wie auch kleinere Orte am nordöstlichen Sollingrand (u.a. Markoldendorf, Dassel).

In den Jahren um 1910 entdeckte er bei seinen Fahrradausflügen von Einbeck aus wohl mehr zufällig das Hellental, das er in mehreren Kurzurlauben „kompensierend” und dichtend aufsuchte.[6]

Der klassische Darsteller der Heide - der "Heide-Schriftsteller" - beschrieb schwärmerisch und stilisierend das Hellental als „Das Tal der Lieder” und als „Das Hellental”, wo er die ländliche Lebensweise, die Geborgenheit und Harmonie im Sollingtal als beschaulich und den Charakter der Dorfbewohner/innen bewundernd empfand.[5][14]

 

Hermann Löns und Hellentaler Landleute

In seinem letzten Lebensjahr, 1914, veröffentlichte Hermann Löns in seinem Niedersächsischen Skizzenbuch den Aufsatz „Das Hellental”.

Hier beschrieb Löns anschaulich und auf seine Art romantisierend das offene Wiesental, das ungewöhnliche Bergdorf und seine arbeitsamen Bewohner*innen im Nordsolling zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wo er die ländliche Lebensweise, die Geborgenheit und Harmonie im Sollingtal als beschaulich und den Charakter der Dorfbewohner*innen bewundernd empfand.

Gleiches gilt für seine bekanntere, schwärmerisch stilisierende Erzählung „Das Tal der Lieder” [12], die erstmals am 04. Juni 1913 veröffentlicht wurde.

Hermann Löns bediente damit zugleich ein in seiner Zeit vorherrschendes romantisches Sujet einer ungestörten Naturlandschaft und eines abseits gelegenen Walddorfes.

Aus beiden Erzählungen lassen sich orientierende Rückschlüsse auf den landschaftlichen und dörflichen „Status” Hellentals am Ausgang des 19. Jahrhunderts bzw. zu Beginn des 20. Jahrhunderts ableiten.

Hermann Löns traf sich gerne mit den arbeitsamen Hellentaler Landleuten zum Gespräch.

Auch erfreute er sich an den Hellentaler Mädchen, die, trotz ihrer schweren Landarbeit, noch abends Lieder singend nach Hause in ihr Bergdorf zurückkehrten.

Vom letzten Mollenhauer im Solling, dem „Meister“ Gehrmann aus Hellental ist bekannt, dass er mit Löns befreundet und mit ihm oft in der grünen Waldeinsamkeit des Sollings unterwegs war.

So berichtete Gehrmann davon, dass Löns abends gerne auf der Bank vor irgendeinem Haus gesessen und mit Vergnügen zugehört habe, wenn man sich Jagd- und Wilderer-Geschichten erzählte.

 

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[1] Eine Übersicht über die zahlreiche Veröffentlichungen von Hermann Löns erstellten CREYDT [1988, S. 56-57] und MEYER [1987, S 61, Nr. 230, 231].

[2] CREYDT 1988, S. 55.

[3] MEYER 1998; CREYDT 1985, 1988.

[4] vermutlich mit Bezug auf die heute nur noch teilweise erhaltenen Birken an einem Wirtschaftsweg am südwestlichen Ortsausgang.

[5] MEYER 1998.

[6] CREYDT 1985.

[7] CREYDT 1988a, S. 55-58.

[8] Hermann-Löns-Blätter, Heft 2, 1988.

[10] RINDFLEISCH 1938, FESSLER 1936.

[11] Anschauliche Einzelheiten zu Aufenthalten von >Hermann Löns im Solling< sind dem gleichnamigen Aufsatz von CREYDT in „Wilhelmbuschs Beziehungen zu Dassel - Hermann Löns im Solling“ [Dasseler Schriftenreihe, Heft 1, 1985; S. 31-38] zu entnehmen.

[12] Hermann Löns [1924], S. 110-114 und [1916].

[13] In Hannover aufgestelltes Füsilier-Regiment „General-Feldmarschall Prinz Albrecht von Preußen“ (Hannoversches) Nr. 73.

[14] WDR: "26. September 2004 - Vor 90 Jahren: Hermann Löns stirbt".

[15] STRELOW 2017.

[16] Originalfoto: NLA WO, 99 N Nr. 691.

[17] LESSMANN 1984, S. 35-38.

[18] Kalliope ist der überregionale Verbund und zugleich das nationale Nachweisinstrument für Nachlässe, Autographen und Verlagsarchive.