HtGM 2-1 - Verwendung von Blei- und Kupferoxid?

Klaus A.E. Weber

 

Mutmaßliche Herstellung von farbigem Holzasche-Blei-Glas

Indirekte Nachweise

Es kann anhand von oberflächennahen Bodenfunden bei Detektorbegehungen ein kleiner Metallverarbeitungsofen (Bleischmelzstelle) zum Einschmelzen von Blei und Kupfer die Herstellung von farbigem Holzasche-Bleiglas für die Waldglashütte des späten 12. Jahrhunderts angenommen werden.

 

Mittelalterliche Waldglashütte

"Bremer Wiese"

spätes 12. Jahrhundert

Bodenfragmente

verschiedener Bleiglashäfen

tiefe Korrosionsspuren

auf der Bodeninnenseite

© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Mittelalterliche Waldglashütte

"Bremer Wiese"

spätes 12. Jahrhundert

Glasurfleck (Bleirest?)

auf der Innenseite

Korrosionsspuren ("Lochfraß")

im Bodenbereich

des restaurierten

Glasschmelzhafens

© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Als Bodenfunde im Umfeld des Hüttenstandortes konnten mehrere kleine Reste von geschmolzenem, weißlichem bis grauem oxidiertem Blei (Bleioxid-Gussreste) nachgewiesen werden, welche vermutlich für die Herstellung hochwertiger Bleigläser vorgesehen waren.

Bodenfragmente von Bleiglashäfen mit innenseitig tiefen Korrosionsspuren, dem für Bleihäfen typischen „Lochfraß“, glasurartigen weißlich-grauen Anhaftungen auf den Innenseiten von Gefäßwandfragmenten, smaragdgrüne Verglasungen sowie ein Rest rotopak gefärbter Glasschmelze lassen den Einsatz von Blei- und Kupferoxid in der Waldglashütte vermuten.

Ohnehin gelten der aggressive „Lochfraß“ in Bodenfragmenten als typisch für Bleiglashäfen wie auch dünne grüne Bleiglasschichten auf Wandungsinnenseiten.

Anzumerken ist, dass bei der qualitativen Untersuchung einer Probe (P2) der frühneuzeitlichen kobaltblauen Hohlglasfragmente mit der zerstörungsfreien Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA-Handgerät) an der Technischen Universität Clausthal kein Nachweis von Blei (Pb) geführt werden konnte.[3]

Ein Ofenlehmfragment mit glasurartiger smaragdgrüner Auflage ist am ehesten auf eine mit Hafenton beschmierte und stark verglaste Innenverkleidung einer Schmelzkammer zurückzuführen.[1]

 

Mittelalterliche Waldglashütte

"Bremer Wiese"

spätes 12. Jahrhundert

Glasurartige Auflage

von smaragdgrünem Bleiglas

auf einem Lehmbruchstück

Schmelzkammer-Innenverkleidung

Vermutlich Hinweis

auf die Verwendung von

Blei-Kupferverbindungen

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Kleiner, dünnwandiger „Probierhafen“ aus Ton

Das ungewöhnlich zierliche, schalenförmige, 5,1 cm große Gefäßfragment mit einer Wandungsstärke von 0,7 cm , gefertigt aus rot gebranntem Ton (keine Feuerfestkeramik) mit dünnem hellgrau-gelblichem Überzug an der Außenwandung, ist am ehesten als kleiner „Probierhafen“ (Gusstiegel) zur Verwendung für rotes und blaues Glas bei der Herstellung von Bleiglas anzusprechen.[2]

 


Mittelalterliche Waldglashütte

"Bremer Wiese"

spätes 12. Jahrhundert

Fragment eines kleinen, dünnwandigen

„Probierhafens“ (Gusstiegels)

wahrscheinlich zur Verwendung

bei Herstellung von farbigem

Holzasche-Bleiglas

© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber

 

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[1] STEPHAN/MYSZKA/WILKE 2018, S. 327.

[2] vergl. DBU 2018, S. 84.

[3] Qualitative RFA-Analyse vom 01. August 2023 durch den Diplom-Mineralogen Dr. Wilfried Ließmann, Institut für Endlagerforschung/FG Lagerstätten und Rohstoffe der Technischen Universität Clausthal.