Zur zisterziensischen Kunst der Glasmalerei

Klaus A.E. Weber

 

Die Fenster sollen weiß sein ...

Nach der Kunsthistorikerin SCHAG [1] kommt in den Zisterzienserklöstern der Glasmalerei bei den Erzeugnissen der bildenden Kunst ein besonderer Stellenwert zu, wobei die älteste, vor 1134 entstandene Vorschrift, weißes Glas ohne jede Bemalung verordnet habe.

Folgt man GÖHMANN [4], so waren, als „in west- und mitteleuropäischen Kirchen und Kathedralen die romanische und gotische Glasmalkunst in hoher Blüte stand“, in den hochmittelalterlichen Anfangsjahren die Klosterkirchen der Zisterzienser wegen des konsequenten Farb-, Bilder- und Figurenverbots im Geiste asketischer bernhardinischer Frömmigkeit zunächst nur farblose Glasscheiben erlaubt, „die allerdings durch Bleiruten zu ornamentalen Mustern, sog. Grisaillen, aufgelöst werden konnten.“

Wie SCHAG [1] in ihrer Masterarbeit ausführt, sei der Zisterzienserorden Bernhards von Clairvaux (um 1090-1153) polemisierenden Ansichten zur Buntverglasung gefolgt, weshalb es in entsprechenden Beschlüssen des Generalkapitels der Zisterzienser Mutterabtei Cîteaux heißt:

Die Initialen sollen einfarbig und ohne Illustration sein, die Glasfenster weiß und ohne Kreuz und Bilder.“

Neben anderen französischen Klöstern sollen aus der ehemaligen Zisterzienserabtei Eberbach die ältesten Fragmente einer „Blankverglasung“ aus dem 12. Jahrhundert stammen.

Nach SCHAG [2] nehmen in der Entwicklung der kirchlichen Glasfenster die Grisaille-Fenster der frühen Zisterzienser eine Sonderform ein.

Um die Mitte des 12. Jahrhunderts entstand in Frankreich diese Ausdrucksweise der „zisterziensischen Glaskunst“, die „im Spannungsfeld der gegensätzlichen Positionen zwischen Abt Suger in Saint-Denis, der ein prächtiges, lichtdurchflutetes Himmlisches Jerusalem mit edelsteinernen Wänden in seinem Gotteshaus darstellen wollte und dem asketischen Bernhard von Clairvaux, der Einfachheit und Schmucklosigkeit in allen Lebensbereichen forderte“, stand.[2]

Jedoch begann bereits im 13. Jahrhundert der Zisterzienserorden damit, sich von der strengen Monochromie ohne jegliche ästhetische Überhöhung und von der Abstraktheit zu lösen.[3]

Ab dem Übergang zum Spätmittelalter lassen während des 13. Jahrhunderts Schwarzlotmalerei (s. 2.1), erste Farbakzente, pflanzliche Ornamente und einzelne eingestreute Bilder ein Zurücktreten von dem strengen Farb- und Bilderverbot mit zugleich aufkommender künstlerischer Vielfalt erkennen.

Schließlich wurde die Schlichtheit der Glasfenstergestaltung mehr und mehr außer Acht gelassen - und es entstanden die prächtigen bunten Glasfenster der Gotik.

 

 

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[1] SCHAG 2015, S. 17.

[2] SCHAG 2015, S. 38.

[3] SCHAG 2015, S. 39.

[4] GÖHMANN 1996, S. 59.

[5] LAMPE/WILLING 2012.