Eisenverhüttung und Schmiedehandwerk

Klaus A.E. Weber

 

Das Schmiedehandwerk hat eine sehr lange Kulturgeschichte

Die Eisenverhüttung und das Schmiedehandwerk haben auch regional eine lange Kulturgeschichte.

Im Solling gibt es mehr oder minder große Eisenerzvorkommen in zumeist obertägig zugänglichen sekundären Erzlagerstätten.

Um hier eine Eisenhütte und Hammerwerk (Eisenhammer) im Mittelalter und größere Eisenhütten im 16. Jahrhundert zur Eisenerzeugung und -verarbeitung anzulegen, gab es relativ günstige Voraussetzungen.

In der Frühzeit der Eisenverhüttung wurde das Eisen wahrscheinlich im so genannten Stückofenverfahren (Rennofen) gewonnen, eine Verhüttungstechnik, die die Verfügbarkeit von Wasserkraft und Holzkohle voraussetzte.

Um 1 kg Eisen zu gewinnen, wurden damals rund 3 m³ Holz benötigt.

  Schmiedehandwerk in Mittelalter und Neuzeit

 

Bearbeitbarkeit des Eisens

Um erste Eisenhütten und Hammerwerke im Mittelalter und größere Eisenhütten im 16. Jahrhundert zur Eisenerzeugung und -verarbeitung anzulegen, gab es im Solling relativ günstige Voraussetzung [7], wie

  • Holzreichtum der Sollingwälder

  • wasserreiche Gewässer mit hinreichendem Gefälle

  • in kleinen Mengen vorkommendes Eisenerz.

 

Metallurgische Anlagen - mit Wasserkraft betrieben

Am Nord- bis Nordostrand des Sollings finden sich zahlreiche Relikte zur Metallverarbeitung (Reste von Eisenschlacken).

Eine Eisenverhüttung im Raum Merxhausen erfolgte vermutlich ab dem 12./13. Jahrhundert.

Hier lagen abwärts des Spülig-Baches Eisenhütten, die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Tagebau gewonnenes eisenreiches Gestein von der Lagerstätte Steinberg bei Markoldendorf verhütteten.

Mit Wasserkraft betriebene Hammerwerke im Umfeld von Merxhausen dienten als einfache Arbeitsmaschinen zum Schmieden.

Insbesondere konnte hierdurch die Qualität der Eisenverarbeitung gesteigert werden.

 

Fundmaterial unterhalb des Steinbergs │ Mai 2020

Schlackenreste mit zwei Keramikscherben [11]

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Fundmateriai

  • Schlacke aus der Eisenverhüttung einer Merxhäuser Eisenhütte um 1560–1580 glasig erstarrte, massive bis poröse Schmelzrückstände bei der Verhüttung regionalen eisenhaltigen Erzes

  • spätmittelalterliche Keramikscherbe, vermutlich eines Kugeltopfes

  • renaissancezeitliche Keramikscherbe [12]

  • kleine angeschnittene Luppe, experimentell erzeugt durch Direktreduktion von Eisenerz in einem Rennofen aus Lehm (Nachbau Heidbrink)

  • Schlackenreste aus der Eisenverhüttung am "1. Schlag" (Hammerschlag) am Fuße des Steinbergs nahe der "Saakelschen Mühle" [10]

 

Blanke Eisenwaren

„Blanke“ Eisenwaren durch den Schmiede- und Schleifprozess herzustellen, oblag dem Blankschmied.

Seine schmiedeeiserne Rohware konnte er direkt von einer Eisenhütte beziehen, wie in Südniedersachsen die am östlichen Sollingrand von 1727-1985 betriebene Blankschmiede der Handwerkerfamilie Neimke - Blankschmiede Neimke in Dassel - von der Eisenhütte Dassel.[8]

Zu einer Blankschmiede gehörte auch ein von einem Wasserrad angetriebener schwerer Aufschlaghammer, weshalb Blankschmieden auch als Hammerschmieden bezeichnet werden.

Der Schmiedevorgang und grundlegende Schmiedefertigkeiten werden in einer Abhandlung von HILLEGEIST [9] ausführlich beschrieben.

 

Schlackenreste │ Mittelalterliche Homburg

12.-16. Jahrhundert

aus der Eisenverhüttung unterhalb des Komplexes der Höhenburg Homburg bei Stadtoldendorf

glasig erstarrte, massive bis poröse Schmelzrückstände

 

Eisenverhüttung und Hammerhütten unterhalb von Merxhausen

Eine lokale Eisenverhüttung im Raum Heinade und Merxhausen erfolgte vermutlich ab dem 12./13. Jahrhundert.

Unterhalb von Merxhausen lagen einst am Spülig-Bach drei frühneuzeitliche Hammerhütten, die in Stücköfen Eisenerz von der Eisenerzlagerstätte Steinberg bei Markoldendorf verhütteten.

 

Schlackenreste │ Eisenverhüttung bei Merxhausen

  • Schlacke aus der Eisenverhüttung einer Merxhäuser Eisenhütte um 1560–1580

  • Schlacke aus der Eisenverhüttung am "1. Schlag" (Hammerschlag) am Fuße des Steinbergs nahe der "Saakelschen Mühle"

glasig erstarrte, massive bis poröse Schmelzrückstände bei der Verhüttung regionalen eisenhaltigen Erzes

 

∎ Luppe

kleine angeschnittene Luppe ("Eisenschwamm")

experimentell erzeugt durch Direktreduktion von regionalem Raseneisenerz

in einem Rennofen aus Lehm │ Nachbau: Domäne Heidbrink bei Polle (Weser)

[hmh Inv.-Nr. 1285

 

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[2] CREYDT 2020, S. 117 Abb.

[3] CREYDT 2020, S. 120 Abb.

[4] CREYDT 2020, S. 78-79 Nr. 62 Abb.

[5] CREYDT 2020, S. 51-52.

[6] CREYDT 2020, S. 117.

[7] STREICH 1996, S. 153-154.

[8] HILLEGEIST 1998, S. 221.

[9] HILLEGEIST 1998, S. 223-228.

[10] NLA WO, Alt 2104, darin K13341│ CREYDT 2013, S. 84 Abb. 1.

[11] Prospektion entlang des Spüligbachs am 21. Mai 2020 durch Dr. Klaus A.E. Weber und Christel Schulz-Weber, Hellental.

[12] vergl. CREYDT 2013, S. 90 Abb. 4.