BUTTERN - Von der Milch zur Butter

Klaus A.E. Weber

 

Dienstmagd mit Milchkrug um 1660

Original im Rijksmuseum Amsterdam

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Het melkmeisje │ Dienstmagd mit Milchkrug │ um 1660

Original: Öl auf Leinwand │ 45,5 × 41 cm

häusliche Szene: Magd mit Milchkrug │ Die Küchenmagd │ Die Milchmagd

Die Magd, die eine Reste-Mahlzeit aus altem Brot und Bier sowie Milch zubereitet, gießt andächtig Milch in eine hohe Schale.“[4]

Delfter Barockmaler Jan (Johannes) Vermeer, gen. Vermeer van Delft (1632–1675)

 

Milch ist nicht gleich Milch

Das durch händisches Melken gewonnene Lebensmittel mit hohem Nährstoffgehalt ist eine weiße, trübe Emulsion,

  • die zu 87 % aus Wasser besteht

  • die Milchfette, Kohlenhydrate, Proteinen, Mineralstoffe, Vitamine und Spurenelemente wie Calcium, Phosphor, Kalium, Magnesium und Zink enthält

  • die unerwünschte Stoffe enthalten kann, wie beispielsweise Tierarzneimittel, Pflanzenschutzmittel, Polychlorierte Biphenyle (PCB), Nitrit, Nitrat, Nitrosamine, Reinigungs- und Desinfektionsmittel, Schwermetalle (Blei, Cadmium, Quecksilber und Arsen) und Radionuklide sowie Mykotoxine

Laktose-Intoleranz

  • weltweit vertragen viele Menschen keine Milch

 

Vom Stall bis in die Küche

Milchkuhhaltung

Kopf senken – fressen - Milch geben

 

Händische Buttergewinnung - Harte Arbeit mit Geduld und Kraft

Der Prozess der Butterung - die Arbeitsschritte des Rahmens und Butterns – war früher in der kleinbäuerlichen Selbstversorgung ausschließlich harte Handarbeit - vor allem der Landfrauen.

Die meisten Hellentaler Kleinstellenbesitzer waren im 18./19. Jahrhundert Waldarbeiter, die mit einem Mischeinkommen nebenerwerblich eine kleinbäuerliche Landwirtschaft mit je 1-2 Kühen betrieben.

Die durch das Handmelken gewonnene Kuhmilch wurde primär zur Herstellung von Butter zum häuslichen Eigenbedarf verwendet.

 

Die Butter

Als „weißes Gold“ ist Butter eines der ältesten Lebensmittel, das aus Milch mit hohem Nährstoffgehalt gewonnen werden konnte.

Butter diente in den Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sogar als „Währung“.

Als Streichfett wird Butter aus dem Rahm überwiegend von Kuhmilch hergestellt, aber auch von Schaf- oder Ziegenmilch.

Um Frischbutter zu gewinnen, war es erforderlich, die Rohmilch in Magermilch (Buttermilch) und Rahm, die fetthaltige Phase der Kuhmilch, zu trennen.

Der fetthaltige Milchanteil besteht aus einer weißen, trüben Emulsion bzw. kolloidale Dispersion von Proteinen, Milchzucker und Milchfett in Wasser – nach Reifung das Ausgangserzeugnis für die Butterherstellung durch Butterung.

Wurde die frisch gewonnene Rohmilch nicht verarbeitet, setzte sich nach etwa zweitägigem Stehenlassen in Milchsatten aus glasiertem Steinzeug oder Ton der fetthaltige Rahm der Milch an der Oberfläche durch Entmischung von selbst ab, da er am leichtesten ist.

Der Rahm, der sich oben auf der Milch absetzte, wurde vorsichtig abgeschöpft.

Die Trennung in Butter und Buttermilch war der grundlegende Schritt der Buttergewinnung.

 

Aus Rahm wird Butter und Buttermilch

Abhängig von der Menge wurde der abgesetzte Rahm, der früher immer sauer war, in ein

  • Stoßbutterfass

  • Butterfass mit Handkurbel

  • Butterglas

gegeben, in denen mechanisch die Butterung erfolgte.

Bei der Butterung wurde der Rahm solange geschlagen, gestoßen oder gerührt, bis sich durch das Verklumpen der Fettkügelchen Butter und Buttermilch trennten.

Hierbei werden die Fettkügelchen des Milchfetts zerstört und die einzelnen Klümpchen zu einer großen Fettmasse zunehmend verdichtet.

Durch das Aufbrechen der Fetthülle treten die Lipidbestandteile aus, verkleben untereinander; Teile der Fetthüllen, Wasser, Milchsäure und Milcheiweiß werden eingeschlossen.

Damit wird Milch als flüssige Fett-in-Wasser-Emulsion in Butter als feste Wasser-in-Fett-Emulsion („Butterkorn“) überführt, so dass bei der Trennung des „Butterkorns“ von der im Rahm enthaltenen Flüssigkeit die Buttermilch (Magermilch) entsteht.

Der Arbeitsgang des Butterns war dann beendet, wenn sich die dichte Buttermasse auf der Buttermilch abgesetzt hatte und dadurch das manuelle Bearbeiten zunehmend schwerer wurde und sich zugleich die Geräusche durch das allmähliche Zusammenklumpen deutlich veränderten.

Danach wurde die gewonnenen Butterportionen in einer Schüssel mit kaltem Wasser "gewaschen" und die noch verbliebenen Anteile der Buttermilch durch das Zusammendrücken herausgepresst.

Bei den Arbeitsvorgängen war immer eine gute Kühlung erforderlich; ggf. benötigte man im Arbeitsprozess kaltes oder warmes Wasser.

Ehemals benötigte man den Rahm von etwa 15 Liter Milch, um 500 g Butter zu erzeugen.

Für ein Kilogramm Butter werden heute rund 10 Liter Milch benötigt.

 

֍ Buttern mit dem Butterglas │ Freilichtmuseum Hessenpark

֍ Buttern mit dem Butterfass │ Schwäbisches Bauernhofmuseum Illerbeuren

֍ Buttern mit dem Drehfaß │ LVR-Freilichtmuseum Kommern

 

⊚ Zum Anklicken

Butterglas │ keramisches Stoßbutterfass

© [hmh, Foto: Mechthild Ziemer

 

Das hölzerne Stoßbutterfass

Das Butterfass ist ein von Küfern hergestellter Holzbehälter, in das abgeschöpfter Rahm gegeben, auf verschiedene Weise in Bewegung gebracht und anschließend zu Butter gestoßen wird - ein kräftezehrender Arbeitsschritt, der bis zu einer Stunde andauern konnte.

Die Grundformen des Stoßbutterfasses unterschiedlicher Größe (je nach Milchviehbestand) repräsentieren die ältere und im 19. Jahrhundert am weitesten verbreitete Form der häuslichen „Verbutterung“, die um 1900 nur noch regional anzutreffen war.

Dabei wird der fetthaltige Rahm solange im Stoßbutterfass mittels eines hölzernen Stößels gestoßen, bis sich die Fettklümpchen zu einer Buttermasse verdichtet haben.

Dabei benötigte man Rahm von etwa 15-20 Liter Milch, um 500 g Butter zu erzeugen.

 

Das hölzerne Drehbutterfass

Das hölzerne Drehbutterfass wurde um 1900 in Flandern entwickelt.

Vor allem seit den Jahren 1900-1920 wurden die Stoßbutterfässer von industriell hergestellten Drehbutterfässern verdrängt, die es sowohl in liegender als auch in stehender Ausführung gab.

Mit Hilfe der manuell betriebenen Flügel des Drehbutterfasses wurde beim Umrühren die Haut der Rahmkügelchen zerstört und die fetthaltigen, kleinen Klümpchen des Rahms zum Herstellen der Butter verdichtet.

Die von der 1899 gegründeten Firma Miele als Buttermaschinen bezeichneten Haushaltsgeräte wurden ab 1902 in deren Produktpalette mit aufgenommen.

Die bäuerliche Nutzung manueller Drehbutterfässer war allerdings nur von kurzer Dauer, da erste genossenschaftlich ausgerichtete Molkereien entstanden.

 

Die Milchzentrifuge

Um Milch zu Butter zu verarbeiten, wurde das Aufrahmen durch Milchsatten später im ersten Arbeitsschritt von Milchzentrifugen ersetzt, die den für die Butterung benötigten Rahm erzeugten.

Dadurch konnte bei gleichbleibender Qualität ein wesentlich höherer Fettgehalt als bei den Milchsatten gewonnen werden.

Beim Zentrifugieren wird das Prinzip der Massenträgheit genutzt, wobei man ein rundes Gefäß mit Rohmilch mittels einer Handkurbel in eine gleichförmig schnelle Drehbewegung versetzt.

Die hierdurch erzeugte Zentrifugalkraft trennt den fetthaltigen Rahm von der fettärmeren Magermilch aufgrund ihrer unterschiedlichen Dichten.

Nach Beendigung des Zentrifugierens kann der abgesetzte Rahm von der Milchflüssigkeit, der Buttermilch, problemlos abgeschöpft werden.

 

Abschließende Zubereitung

Mit Stößern, Stampfern oder Schlägern wird die gewonnene Buttermasse mit Muskelkraft bearbeitet und zu einer homogenen, cremigen Masse mit speziellen Holzbrettern geknetet, um die Masse zusammenzuhalten, die anschließend in Butterformen (Holzmodel) geformt wurde.

Hinzugegeben wurde Wasser sowie Salz für den Geschmack.

Mit Hilfe geschnitzter Buttermodeln oder Butterstempeln konnte die Butter mit vielfältigen Motiven aus der Tier- und Pflanzenwelt dekorativ verziert werden.

Für die Selbstversorgung hergestellte Butter wurde in Keramiktöpfen aufbewahrt und zur längeren Konservierung zusätzlich Salz beigemengt.

 

Milchlieferungen

Milchlieferungen aus Hellental erfolgten an Molkereien in Mackensen │ Dassel │ Markoldendorf.

 

Volkskundliche Arbeitsgeräte

Die in zwei Themenräumen ausgestellten historischen Hausgeräte zeigen die Arbeitsschritte, die mit Geduld und Kraft verbunden waren und zumeist in den Arbeitsbereich der Frauen gehörten:

Hierzu zählen ein Melkschemel, Zentrifugen, eine Rahmschüssel und Milchkannen sowie zur Butterherstellung Butterfässer, Buttermodel, Butterlöffel und Butterknetbretter.

Bis in die 1950er Jahre hinein war für Milch in flüssiger Form die Milchkanne das bedeutendste Transportbehältnis.

 

© [hmh, Foto: Mechthild Ziemer

 

∎ Milchkanne M. G. Markoldendorf

um 1970

Eisen, verzinkt

Hellental

M. G. Markoldendorf │ Molkerei seit 1891

mit einsteckbarem Deckel │ für den Ab-Hof-Milchverkauf

[hmh Inv.-Nr. 1182

 

∎ Milchkannen

um 1950

emailliertes Blech

Hellental

[hmh Inv.-Nr. 1186

 

∎ Kleine Milchkannen

um 1960

Aluminium

Hellental

mit Henkel und einsteckbarem Deckel

[hmh Inv.-Nr. 1183

 

∎ Hölzernes Drehbutterfass, halbrund

Kurpeldrehschleuder │ ab 1900

Holz, Eisen

Hellental

Butterschleuder mit Handkurbel (Holzschlegel) und sich innen bewegenden hölzernem Schlagwerk (Schaufeln), an einer  mit eisernen Welle mit Lager befestigt

ohne Spundloch

[hmh Inv.-Nr. 1156

 

∎ Hölzernes Stoßbutterfass

um 1900

Holz, Fassreifen aus Eisen

Hellental

stehendes Fass mit Holzstempel (Stößel) und Holzdeckel

auf- und abgehender Stößer

[hmh Inv.-Nr. 1157

 

∎ Hölzernes Stoßbutterfass

mit Holzstempel

um 1900

Holz

regional

[hmh Inv.-Nr. 1172

 

∎ Stampfbutterkrug

um 1920

Keramik, Holz

Odenwald

„Butterstößer“ mit Holzstempel (Stößel) und Holzdeckel

[hmh Inv.-Nr. 1249

 

∎ Butterschleuder / Drehbutterglas

um 1950

Glas, Holz, Metall

Odenwald

[hmh Inv.-Nr. 4164

 

∎ Hand-/Milchzentrifuge

1. Hälfte 20. Jahrhundert

Gusseisen, Edelstahl

Deensen

Standard-Werke G.m.b.H. Werl Kreis Soest (SWW)

[hmh Inv.-Nr. 1175

 

∎ Handbuttermaschine C

Schlagbutterfass mit Handkurbel und Welle

1901

Holz, Eisen

Holzminden

Mielewerke A. G. Gütersloh / Westfalen

[hmh Inv.-Nr. 1176

 

∎ Milchbecken

mit geschältem Ast-Quirl

um 1950

Keramik, Holz

Odenwald

[hmh Inv.-Nr. 5124

 

∎ Rahm-/Schmandpott

um 1950

Keramik

Hellental

[hmh Inv.-Nr. 5125

 

Runde hölzerne Buttermodel

um 1900

Hellental

Holz

innen mit eingetieften. teils floralen Schnitzereien zur individuellen Verzierung

[hmh Inv.-Nr. 1179

 

∎ Hölzerne Butterlöffel

um 1900

Holz

Hellental

[hmh Inv.-Nr. 1180

 

∎ Butterlöffel/Portionierlöffel

um 1950

Aluminium

Hellental

[hmh Inv.-Nr. 1258

 

∎ Hölzerne Butterknetbrett (Schläger)

um 1900

Holz

Hellental

[hmh Inv.-Nr. 1181

 

∎ Hölzerner, dreibeiniger Melkschemel

um 1900

Massivholz halbrund

Hellental

[hmh Inv.-Nr. 1181

 

∎ Milcheimer

um 1950

weiß emailliertes Blech

10 Liter

Hellental

[hmh Inv.-Nr. 1259

 

∎ Butterschüssel

um 1950

braun

Metall

Hellental

[hmh Inv.-Nr. 1260