Gebrauchskeramik │ Glashütte "Bremer Wiese"

Klaus A.E. Weber

 

Fundbestand Haushaltskeramik

22. Januar 2023

 

Kugeltopfware

rote, gelbe und graue Irdenware als Koch- und Vorratsgefäße

Lesefunde zeigen uneinheitlich gebrannte, stark zerscherbte unglasierte rote, hellgelbe und vor allem graue Irdenware, teils mit Randscherben (vermutlich kugelbauchige Keramikformen), die eine Datierung der Glashütte um 1200 erlauben.

Grundsätzlich kann bei den dünnwandigen Fragmenten von Kugeltöpfen als Koch- und Vorratsgefäße unterschieden werden zwischen

  • überwiegend reduzierend gebrannter dunkler, grauscherbiger Irdenware

  • nicht allzu hoch oxidierend gebrannter hellscherbiger Irdenware

  • rotoxidierend gebrannter Irdenware (eisenreicher Ton?)

  • bleiglasierte Irdenware fehlt

Nur wenige Randpartien dünnwandiger bauchiger Töpfe liegen vor.

Die keramischen Werkstätten sind nicht zweifelsfrei bekannt.

Somit bleibt die Frage offen, ob es sich bei der Haushaltskeramik um lokale Töpfereiwaren oder aber um Importe (aus Nordhessen) handelt.

 

Mittelalterliche Waldglashütte

"Bremer Wiese"

spätes 12. Jahrhundert

Vielfältige Fragmente

grauscherbiger Kugeltopfware

© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Spinnwirtel zur Wollverarbeitung

Zwei mit Drehriefen verzierte, doppelkonische Spinnwirtel

Am Hüttenstandort konnten als Alltagsgegenstände ein dunkelgrauer sowie ein hellgrauer, aus Ton auf einer Drehscheibe stufig abgedrehter Spinnwirtel (Irdenware mit Drehriefen) doppelkonischer Zweckform freigelegt werden:

  • Höhe: 16 mm │ Durchmesser Wirtelkörper: 27 mm │ Durchmesser Bohrung: 7 mm

Die Bodenfunde der Irdenware bezeugen als Schwungmasse den Gebrauch frei hängend betriebener Handspindeln zur Garnherstellung resp. Fadenzwirnung aus Wolle auf der mittelalterlichen Glashütte.

 

Mittelalterliche Waldglashütte

"Bremer Wiese"

spätes 12. Jahrhundert

Zwei mit Drehriefen

verzierte, doppelkonische

Spinnwirtel aus Ton

© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Als Geräte zur Wollverarbeitung können die Spinnwirtel als Indiz dafür herangezogen werden, dass einerseits Frauen vor Ort textiles Handwerk ausübten, andererseits auf dem Hüttengelände Glasmacher gemeinsam mit ihren Familien aus rohstoff- und betriebstechnischen Gründen in unmittelbarer Nähe der Ofenanlage zumindest in der Zeit von Ostern bis Martini auf der Hütte gewohnt und gearbeitet haben.[3][4]

Im Hinblick auf einen vermuteten Klosterhüttenstandort des Zisterziensklosters Amelungsborn vergleiche die Spinnwirtel des späten 12. bis frühen 14. Jahrhunderts [1] aus der Grangienwüstung Rozedehusen des 1140 gegründeten Zisterzienserklosters Hardehausen im benachbarten westfälischen Erzbistums Paderborn [2].

 

Mittelalterliche Höhenburg

"Großer Everstein"

Mit Drehriefen verzierte, doppelkonische

Spinnwirtel aus Ton

© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber

 

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[1] LVR-LANDESMUSEUM BONN 2017, S. 126 Abb. 3, 257 Kat. 89.

[2] LVR-LANDESMUSEUM BONN 2017, S. 311.

[3] STEPHAN 2010, S. 134.

[4] DBU 2018, S. 130.