Werkswohnungen in Zeilenbebauung

Klaus A.E. Weber

 

Um angeworbene Arbeiter und Handwerker sesshaft und somit einheimisch werden zu lassen, förderte der braunschweigische Hof die frühesten Arbeitersiedlungen in der deutschen Geschichte.

Vor diesem Hintergrund des Werkwohnungsbaus in Zeilenbebauung werden ab 1745 zur dauerhaften Ansiedlung von Hüttenpersonal solide Fabrikantenhäuser als Wohnungen für Glasmacherfamilien auf Kosten der Fürstlichen Kammer gefördert [3] und planmäßig in einer Reihe und in "einerlei Größe" und gleicher Einrichtung errichtet.

Ein beredtes Beispiel dieses Werkwohnungsbaus ist die „Von Langen-Reihe“ in Fürstenberg, ein 1754 errichteter Gebäudekomplex aus sechs Reihenhäusern für Belegschaftsangehörige der Porzellanmanufaktur Fürstenberg.

Insgesamt gesehen, sind es gute Beispiele dafür, dass sich durch Inustrialisierungsvorgänge die Hausformen wandelten.[8]

1768/1774 weist die "Fürstliche Glashütte" neben den Hüttengebäuden 32 "Feuerstellen" (Wohnhäuser/Haushalte) mit 216 Einwohner*innen auf.[2]

1793 sind es dann 35 Wohngebäude mit 235 Bewohner*innen.

 

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"Plan von der Glashütte zu Schorborn 1795"

NLA WO 50 Neu 4 Nr. 3637

 

Bauphase 1

In der ersten Bauphase waren in der "Langen Reihe" eingeschossige Fabrikantenwohnhäuser von gleichen Abmessungen errichtet worden: Ass.-№ 1-13.

Bauphase 2

Während der zweiten Bauphase wurden am Westrand der Siedlung sechs Fabrikantenhäuser in der "Lüttjen Reihe" sich in den Abmessungen gleichende Wohnhäuser erbaut: Ass.-№ 19-24.

Bauphase 3

Der 1765 begonnene, dritte Bauabschnitt umfasste am Nordrand des Dorfes (am "Arholzer Kollieberge") weitere sechs Fabrikantenwohnhäuser, erstellt in gleicher Fluchtlinie.

 

Anbauer und Fabrikantenhäuser 1759-1781

 

1759

Nach BLOSS [3] soll Christoph Stender am 07. November 1759 in einem Ehekontrakt versprochen haben, "seiner Tochter Engel Regina 30 Thaler abzugeben, welche an dem Haus stehen, daß sein Schwiegersohn Philipp Kaufhold in Besitz hat und bey denselben auch 30 Thaler für seine Frau zu genießen hat, maßen er, Christoph Stender, für solches Haus 60 Thaler an die Hütten Casse bezahlet hat".

Für das abgewohnte Haus wollte der Schwiegersohn Philipp Kaufhold aber nicht den relativ niedrigen Kaufpreis akzeptieren, obwohl er jährlich 100 Thaler verdiente.

Stender habe eingewandt, "daß er zwar das Haus bewohnt, selbiges aber erst noch völlig wohnbar gemacht und mehr als die Kaufsumme der 60 Thaler darin verwandt hätte ... daß er auch die Gärten vor und hinter dem Hause gerodet und in völligen Stand gesetzt" habe.

Bei kritischer Würdigung dieser biografischen Angaben von BLOSS ist festzuhalten, dass zwar Johann Philipp Kauffelt (* 1731 err., † 1778) Glasmacher in Schorborn und "Wercker auf der Grünenhütte" war, aber in erster Ehe 1755 in Schorborn Anna Sophia Stender (* um 1735, † 1773) heiratete.[4]

Dem steht jedoch der genealogische Nachweis von NÄGELER [5] gegenüber, welcher den "Wercker auf der Grünenhütte" Johann Ludwig Wiegel belegt, der am 13. November 1759 die Heirat mit der von BLOSS genannten "Tochter" Engel Regina Stender († 1804) in Schorborn vollzieht.

Auch lässt sich Christoph Stender nicht genealogisch gesichert belegen.

Der "Wercker auf der Grünenhütte" Johann Ludwig Wiegel wurde am 26. August 1736 in Hellental geboren; er verstarb am 26. Oktober 1783 in Schorborn.[6]

Somit zählt Johann Ludwig Wiegel zu den ersten Übersiedlern der Glashütte Steinbeke, die das Know-how der Grünglasherstellung zu Beginn der Schorborner Glashütte mitbrachten.

Wie BLOSS [3] ausführt, hatte Johann Ludwig Wiegel 1756 bereits vor der Verpachtung der Glashütte 3/5 der ursprünglichen Kaufsumme abgetragen ("60 Thaler an die Hütten Casse bezahlet").

Nur wenige Jahre vor seinem Tod, habe er 1780 zur "Abtragung nötiger Schulden" bei der Witwenkasse der Glashütte ein Darlehen über 30 Thaler für sein Wohnhaus mit Gärten als "spezielle Hypothek" aufgenommen ("30 Thaler ... welche an dem Haus stehen").

1843 weist ein Nachtrag unter dem Obligationsschein aus, dass "wegen Aufhebung des Witwen Waisen und Sterbe Cassen Instituts der Glashüttenarbeiter zu Schorborn ... alle Rechte und Ansprüche dem unter Verwaltung des herzoglichen Finanz Collegiums stehenden Kloster Kaital Fonds cediert worden" seien.

 

1781

Auch ein Kaufbrief vom 29. Dezember 1781 gibt Auskunft über die Höhe des Preises eines Fabrikantenwohnhauses:[1]

"Hochfürstliche Kammer verkauft das ohnlängst für herrschaftliche Rechnung erbaute, demnächst aber auf 83 thl. 2 gg und 2 pf taxierte zwischen Christoph Schlieker und Christian Hirschberger belegene Wohnhauß ... nebst denen dazu gehörigen beyden Garten Plätzen ... an den Werker Ludwig Wiegel um und für zuerst gedachte achtzig drey Reichsthaler drey gute Groschen und zwey Pfennige.

Wie nun auf auf anberegte Summe vor Verpachtung der Hütten 53 Thaler und 18 Groschen abgeführet gewesen ... so wird Käufer nicht nur auf die richtige Auszahlung der stipulirten Kauf-Gelder ... bündigst quttiret sondern auch derselbe in völligen und ruhhigen Besitz erwähnten Hauses und beyder Gartenplätze gesetzt...""

Bei dem im Kaufbrief benannten Fabrikantenhaus von Johann Ludwig Wiegel handelt es sich um das Gebäude №5 der "Langen Reihe".

Johann Ludwig Wiegel wohnte bereits 1756 in dem Haus zwischen den Häusern Schlieker №4 und Hirschberger №6.

Der 1749 in Rühle geborene Fuhrmann Johann Anthon Helmer (1749-1816) [6] erhielt als Holzaufseher 1793 die Erlaubnis, "sich in Schorborn anzubauen".[7]

Ihm wurden 2/3 des Forstzinses erlassen.

Wie nicht zuletzt auch die ablegene Platzierung seines Hauses №30 unschwer erkennen lässt, war er der erste nicht zur Glashütte gehörende Neuanbauer.

Wie hierzu der Bericht des Hüttenpächters Seebaß vom 24. November 1794 ausführt, sei es deshalb nun "von Hochfürstlicher Kammer Gnade" abhängig, "ob demselben gewiße Freyjahre angedeihen sollen".[7]

 

Die Glashütte zu Schorborn um 1795

 

Ausschnitte aus dem "Plan von der Glashütte zu Schorborn 1795"

NLA WO 50 Neu 4 Nr. 3637

 

Explicatio

 

1. Herrschaftliche Gebäude.

  • №1. das Herrnhaus.

  • lit a. ein Pferdestall.

  • „ b. „ Kuhstall.

  • „ c. das Schulhaus.

  • „ d. der Hüttenstall und die Knechtswohnung.

  • „ e. das Glasmagazin u. die Schneidestube

  • „ f. die Flaksmühle

  • „ g. der Kuh. und Schweinestall.

  • „ h. die Stampfmühle

  • „ i. ein Holz- und Wagenschauer

  • „ k. „ Schweinekoven.

  • „ l. Backhaus beim Herrnhause.

  • „ m. Backhaus bei der Mühle.

  • „ N. das Hüttengebäude.

  • „ o. die Schleifstube

 

2. Privat. und Fabricanten.Wohnungen.

  • №1. Christian Kauffold.

  • „1a dessen Stall.

  • „2. Christian Jürgens.

  • „2a dessen Anbau.

  • „3. Batholomaeus Seitz.

  • „4. Christoph Schlieker.

  • „5. Ludwig Wiegels Wittwe

  • „6. Joh. (Johann) Jürg. (Jürgen) Hirschbergers Wittwe

  • „7. Franz Beckers Wittwe

  • „8. Friedrich Kauffolds Erben

  • „8a deren Anbau.

  • „9. Christoph Kronen Wittwe

  • „9a deren Anbau.

  • „9b deren Stall.

  • №10. Christoph Runge.

  • „10a dessen Hintergebäude.

  • „10b „Stall.

  • „11. Friedrich Jürgens.

  • „11a dessen Hintergebäude.

  • „12. Lotte Kunkel.

  • „13. Christoph Runge

  • „14. Christoph Wiegand.

  • „15. das Hirtenhaus

  • „16. Justus Raulfs.

  • „17. Jürgen Brand.

  • „18. Heinrich Leese

  • „19. Christian Wiegel.

  • „20. Steinvogt Grupe.

  • „20a dessen Stall.

  • „21. Herr Revisor Seebaß.

  • „21a dessen Kuhstall.

  • „21b „ Schweinestall.

  • „22. Nicolaus Fleischhauer.

  • „23. Anton Schlieker.

  • „24. Heinrich Seitz.

  • „24a dessen Stallung.

  • „25. Christoph Utermöhle

  • „25a

  • „26. Christoph Paffe.

  • „27. Jürgen Christoph Stender.

  • „28. Friedrich Seitz.

  • „29. das Kruggebäude.

  • „29a die Stallung.

  • „30. Aufseher Hellmer

  • „31. (Re?) Peineken, modo Krebs.

 

▷ vergl. NÄGELER, WOLFGANG F.

Ortsfamilienbuch Schorborn mit Schießhaus 1746-1902. Stadtoldendorf 2013.

 

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[1] BLOSS 1950a, S. 21.

[2] NLA WO, K 3 Blatt 5.

[3] BLOSS 1950a, S. 20-21.

[4] NÄGELER 2013 Ziff. 600/601.

[5] NÄGELER 2013 Ziff. 1573.

[6] NÄGELER 2013 Ziff. 465/466.

[7] BLOSS 1950a, S. 22.

[8] LILGE 2ßß3, S. 191.