GLAS schaffen│formen│gestalten

Klaus A.E. Weber

 

Glasperlen

wikingerzeitlicher Halsschmuck

9.-10. Jahrhundert

Nachbildungen

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Die Anfänge der Glasherstellung in den frühen Hochkulturen, aber auch bei bronzezeitlichen Randkulturen der Alten Welt (Vorderasien, Europa, Nordafrika) reichen bis weit ins 2. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung zurück, mindestens bis in die Zeit um 1600. …

Ein enger Zusammenhang mit der frühen Metallurgie und der Glasurtechnik ist allenthalben unverkennbar.

Glas war damit nach der Keramik und den Metallen einer der ältesten künstlich vom Menschen hergestellten Werkstoffe.“[1]

 

Hohlglas der Antike

Römisch-Germanisches

Zentralmuseum │ Mainz

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Ressourcen │ Rohstoffe und Technik │ Wissen │ Handwerk │ Handel

Glas ist ein besonderer künstlicher Werkstoff und beonderes Kulturgut, gekennzeichnet durch seine chemische Zusammensetzung und physikalischen Eigenschaften.[12]

Dessen komplexe Herstellung ist seit etwa sieben Jahrtausenden überliefert.

Seit mehr als 3000 Jahren wurde im vorgeschichtlichen Europa Glas vornehmlich in Form von Perlen als Schmuck- und Trachtbestandteil verwendet, wobei Seltenheit und enge Bindung an reich ausgestatte Gräber im bronzezeitlichen Glas ein exklusives, kostbares und prestigeträchtiges Material erkennen lassen.[18]

Glasperlen aus Gräbern, Horten und Siedlungen der Mittel- bis Spätbronzezeit (14.-9. Jahrhundert v. Chr.) repräsentieren das älteste Glas zwischen Alpenkamm und Ostsee.[18]

Hierbei ist die Glasgewinnung im engen Zusammenhang mit der frühesten Metallverarbeitung und dem Brennen irdener Gefäße zu sehen.[10]

Eine maßgebliche antike Quelle zur Glasherstellung ist in dem enzyklopädischen Bericht des römischen Autors Plinius der Ältere (23-79 n. Chr.) zur Zeit des römischen Kaisers Vespasian (9-79 n. Chr.) zu sehen ⦋Plinius, Nat. Hist. 36, 190-194⦌.[13]

 

Glasgefäß

Ostmittelmeerraum

Römisch-Germanisches

Zentralmuseum │ Mainz

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Werkstoff │ Wertstoff │ Problemstoff │ Baustoff │ Kunst-Stoff

Der Mensch arbeitet seit rund 3.000 Jahren mit Glas, einem der ältesten künstlich geschaffenen und faszinierenden Werkstoffe der Menschheitsgeschichte.

Glasmacher des östlichen Mittelmeerraumes fertigten als erste kleine Glasgefäße, indem sie einen Tonkern als Negativform benutzten.

An einem Stab befestigt, tauchten die Handwerker die Form in heiße, flüssige Glasmasse.

Nach deren Erkalten wurde der Tonkern ausgewaschen und das erste Hohlglas kam in Gebrauch.

Mit Erfindung der Glasmacherpfeife in Syrien erlangte die Glasverarbeitung den entscheidenden technischen Durchbruch.

Sehr bald verstanden Glasmacher diesen Fortschritt zu nutzen.

Das Glas wurde zum Erzeugen gleichartiger Produkte bald auch in hölzerne Formen geblasen und schnell erfanden Glasmacher eine Methode zum Fertigen von Flachglas (Fensterscheiben).

Während der Römischen Kaiserzeit erlangte das Glasmacherhandwerk seine erste Blüte.

Überall im Römischen Reich, auch in dessen Provinzen, wurden Glashütten betrieben.

Es entstanden kunstvolle Glasprodukte.

Im Mittelalter bildete Venedig den Mittelpunkt abendländischer Glasmacherkunst, die im Schaffen reinsten Kristallglases gipfelte.

Von hieraus dürfte etwa im 12. Jahrhundert die Glaserzeugung und –verarbeitung im deutsprachigen Raum nördlich der Alpen neue Impulse erhalten haben.

Als Kulturgut veränderte Glas maßgeblich die Ernährungs- und Trinkgewohnheiten, speziell auch die Ausübung der Heilkunde.

Alte Gebrauchsgläser sind formenreich und vielfältig in ihrer Verwendung.

Sie weisen handwerklich verschiedene Verarbeitungsmerkmale auf, ebenso unterschiedliche Färbungen und objekteigene Gestaltungen, abhängig von der jeweiligen Stilepoche bzw. vom Produktdesign seitens des Auftraggebers.

Formgläser waren stets Verbindungen von Form, Funktion und "Schönheit" - und deren Wandel.

Die Frage, wann das Glas „erfunden“ wurde, kann bislang nicht sicher beantwortetet werden.

Wahrscheinlich wohl zufällig als Nebenprodukt der Keramikherstellung entstanden, liegt der technische Ursprung der Glasherstellung in der Bronzezeit.

Der seither verwendete Werkstoff entsteht durch einen komplexen chemo-thermischen Prozess - im "kunstvollen Spiel" mit dem Feuer und Sand.

Dabei bildet sich ein amorphes anorganisches Schmelzprodukt, das abgekühlt und als Schmelze erstarrt ist, ohne jedoch zu kristallisieren.

 

„Köln-Braunsfelder Diatret“

spätrömisches Prachtgefäß

4. Jahrhundert n. Chr.

Römisch-Germanisches Museum

Köln

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 


Studioglasobjekt von Wilhelm Vernim

2016

LWL-Industriemuseum

Glashütte Gernheim

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

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[1] DBU 2018, S. 20.

[10] JANKE/JUNGHANS/LEWERENZ 2010.

[13] TRIER/NAUMANN-STECKNER 2016, S. 28.

[18] Julius Maximilians-Universität Würzburg, Lehrstuhl für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie: Bronzezeitliches Glas zwischen Alpenkamm und Ostsee.