Biologische Vielfalt im Solling
Klaus A.E. Weber
Die historisch gewachsene Kulturlandschaft des Hellentals bietet Lebensräume für zahlreiche Pflanzenarten und Tierarten sowie Pflanzen- und Tiergesellschaften mit einer wiederholt dokumentierten Biodiversität.
Dabei sind die Wiesen des Grünlandtals mit ihrer Vielfalt der Artenzusammensetzung auf engstem Raum vornehmlich von den vorherrschenden Bodeneigenschaften (Wasserhaushalt, Nährstoffgehalt) wie auch von der Bodennutzung abhängig.
Der Buntsandstein im Solling lässt eher nährstoffarme "saure Böden" entstehen.
Bei extensiver Weidenutzung werden diese Böden von seltenen Pflanzenarten wie Bärwurz (Meum athamanticum) und Arnika (Arnica montana) besiedelt.
Sehr seltene und hoch spezialisierte Pflanzenarten zeichnen zahlreiche Wiesen im Hellental aus, welche auf Störungen (Düngung) äußerst empfindlich reagieren.
Nach § 2 Abs. 1 der alten Naturschutzgebiets-Verordnung von 1990 zeichnete sich der Südwestteil des ehemaligen Naturschutzgebietes „Hellental“ aus durch das Vorhandensein von
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quelligen Feuchtwiesen
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feuchten Borstgrasrasen.
Hinzu kommen Reste montaner Bergwiesen, die vergleichbar in Niedersachsen nur noch im Harz vorkommen.
Ein Erlenquellwald, Waldbinsen- und Waldsimsensümpfe sowie Ohrweidengebüsche bereichern die dortige naturnahe Bachniederung.
Das ehemalige, seit dem 12. Oktober 1990 unter Naturschutz stehende 182 Hektar große Naturschutzgebiet mit den Kennzeichen NSG HA 149 (Landkreis Holzminden) und NSG BR 104 (Landkreis Northeim) ist nunmehr Bestandteil des am 09. Juni 2019 neu ausgewiesenen FFH-Gebietes bzw. Naturschutzgebietes "Moore und Wälder im Hochsolling, Hellental" sowie und des EU-Vogelschutzgebietes V55 „Solling“.
Bedeutsam und bewahrenswert ist die Schutzwirkung der Wald- und Grünlandflächen für Boden und Wasser, aber ebenso für den lokalen Klimaausgleich bzw. Immissionsschutz im Hellental.
Insgesamt 131 Landschaftsteile und -bestandteile waren 1996 als Naturdenkmale im Landkreis Holzminden ausgewiesen.
Im Hellental wurde hingegen unverständlicherweise bislang keine „Einzelschöpfung der Natur“ zu einem Naturdenkmal nach dem ehemaligen NNatG erklärt.
Die geowissenschaftlich bedeutsame Bachschwinde im Muschelkalk in dem ca. 1 km südwestlich von Merxhausen gelegenen Seitental erfüllt die Voraussetzung zur Ausweisung als Naturdenkmal.
Hellentaler Bärwurzwiese
Meum athamanticum
Mai 2018
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
Flora und Fauna
Wandel des historischen Kulturlandschaftsbildes
Inmitten des nördlichen submontanen Sollings gelegen, durchquert das schmale, nur wenige hundert Meter breite, aber langestreckte Hellental als muldenförmig gestalteter Grabenbruch im Buntsandsteingewölbe das größte zusammenhängende Waldgebiet im Landkreis Holzminden.
Das Hellental ist fast vollständig von Waldkomplexen umgeben, mit einigen größeren Buchwäldern.
Das lang gestreckte Sollingtal liegt innerhalb des etwa 536 km² großen, 1984 anerkannten Naturparks Solling-Vogler, dem weitaus größten Landschaftsschutzgebiet innerhalb des landschaftsreichen Landkreises Holzminden.
Als Natur- und Landschaftsschutzgebiet waren bis 2019 etwa 46 % der Fläche des Landkreises ausgewiesen:
- Offenland: ca. 1/5
- Wald: ca. 4/5
Die Land- und Forstwirtschaft prägt die stark reliefierten Landschaftsräume innerhalb des Landkreises Holzminden entscheidend, so auch im Hellental.
Natur und Landschaft des Hellentals sind allgegenwärtig und untrennbar miteinander verbunden.
Der ehemalige neuzeitliche Glasmacherort, das 1753 gegründete Sollingdorf Hellental ist siedlungsgenetisch in der angrenzenden Landschaftskulisse entstanden und wurde von ihr topografisch, siedlungsstrukturell und vegetativ charakteristisch geprägt.
Die Vegetation des Hellentals weist noch heute ein reichhaltiges Mosaik verschiedener Pflanzengesellschaften auf.
In den Jahren 1982 und 1991 waren umfangreiche floristische und faunistische Kartierungen im heutigen Naturschutzgebiet „Hellental“ durchgeführt worden.
Das Wiesental wird vornehmlich als Wirtschaftsgrünland mit vereinzelter Umtriebs-Weidewirtschaft genutzt.
Obgleich ökologisch wirksame Beeinträchtigungen für den Berglandschaftslebensraum Hellental seit Jahrzehnten zu verzeichnen sind, weist das Wiesental bis heute einen sehr hohen Anteil seltener und naturraumtypischer Pflanzengesellschaften auf und ist daher großenteils eine für Südniedersachsen einmalige Kulturlandschaft.
In der Untersuchung von 1991 zählten 16 stark gefährdete, schutzbedürftige Pflanzengesellschaften zu jenen der „Roten Liste Niedersachsen“.
Hervorzuhebende Besonderheiten des Hellentals von hohem Naturschutzwert sind vor allem die sonst seltenen Kleinseggenrieder (Flohseggenried, Grauseggensumpf) sowie die Borstgrasrasen (Torfbinsen- und Bärwurz-Borstgrasrasen) als Charakterpflanzen historischer Wirtschaftslandschaften.
Die heutigen Waldbestände im und um Hellental repräsentieren ausschließlich vom Menschen stark veränderte Wirtschaftswälder, vornehmlich im Rahmen der Forstwirtschaft.
Das "Sollingische Forstbereitungsprotocoll" von 1735-1736
Dem allgemeingeschichtlich wie insbesondere forstwirtschaftlich bedeutsamen "Sollingischen Forstbereitungsprotocoll" von 1735-1736 ist für den damaligen hannoverschen Solling zu entnehmen, dass in den 1730er Jahren dort alte und junge Laubwaldbestände folgender Baumarten für forstwirtschaftliches Nutzholz vorherrschten:
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Birken, "Buchen" (= Rotbuche)
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Eichen, "Ellern" (= Erlen)
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"Espen" (= Pappeln)
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"Haar Weyden" (= Haarweiden)
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"Haßeln" (= Hasel)
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"Heyn-Buchen, Heynebuchen, Haynebuchen" (= Hainbuchen)
- "Söhlen" (= Salweiden).
Des Weiteren wurde verbissenes struppichte Buschwerk und Buchen Unterholz forstamtlich dokumentiert.
Zudem bestand regional, wie mehrfach alte Karten und noch heute gebräuchliche Flurnamen zeigen, auch eine Vielzahl von Brücher, vereinzelt mit Birken bestandene Sumpf- bzw. Moorgebiete, wie beispielsweise der „Mecklenbruch“ („Eckernbruch“, Moßberger Moor) und der „Hülsebruch“ im oberen Hellental.
Einige der Torfmoore im Solling (Hochmoore) wurden im 18. und 19. Jahrhundert durch Torfstecher („Torfgräber“) für Brennzwecke abgebaut.
In den Sollingforsten zu Beginn des 18. Jahrhunderts gab es öko-katastrophal viele große "Holtz Blößen" mit einzelnen alten Birken, "bloße Plätze, worauf gar kein Holtz stehet".
Aus forstwirtschaftlicher Sicht jener Zeit sollten diese Forstorte nach und nach mit jungen Eichen bepflanzt oder mit Fichtensamen eingesät werden.
Noch heute ist im Hellental die Rotbuche (Fagus sylvatica) die Leitbaumart, wo noch Hinweise auf alte Buchenwaldbestände bestehen.
Problembereiche
"Monokulturelle Fichtenwälder"
Als standortfremdes, aber nachhaltiges Nadelgehölz kommt vorwiegend die Fichten (Picea abies) und Lärchen (Larix decidua) vor.
So ist der obere, südwestliche Bereich des Hellentals stärker als der untere Talabschnitt mit landschaftsuntypischen Fichtenaufforstungen durchsetzt.
Die ursprünglich in 200-300 m Höhenlage vorherrschende Rotbuche (Fagus sylvatica) wurde dabei üblicherweise durch die widerstandsfähige, anspruchslose Fichte (Picea) weitgehend ersetzt, insbesondere in höher gelegenen Bereichen.
Besucher*innen mag zwar die anthropogene Ersatzgesellschaft der ansehnlichen Fichtenhochwälder imponieren, indes sind sie für den Solling in seiner floristischen Ursprünglichkeit untypisch und standortfremd.
Wegen des reduzierten Lichtangebotes und sauren Nadelstreues ist, wie im Hellental gut erkennbar, der Unterwuchs in den Fichtenwäldern, wenn überhaupt, nur spärlich vorhanden mit einer standorttypischen, eher artenarmen Vegetation.
Tierökologisch wichtige Rückzugsbiotope können hier nicht in dem faunistisch erforderlichen Maß ausgeprägt werden.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass monokulturelle Fichtenhochwälder ökologisch ziemlich instabil sind, wie - auch im Hellental - ihre Anfälligkeit gegenüber
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natürlichen Schädlingen
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Umweltbelastungen („Waldsterben“)
zeigt, im Gegensatz zu den naturnahen Buchenwäldern mit ihren ökologischen Nischen für die Tierwelt.
Buchen- und Mischwaldbestände
Der Waldrand im Hellental wird in den unteren Höhenlagen durch die an die hangwärts ziehenden Wiesen- und Weidengflächen angrenzenden Waldbestände charakterisiert.
Wohl dem Waldrand, der von einem Rotbuchenbestand gebildet wird, wo Übergangszonen und Saumgürtel aus Kraut- und Strauchschicht, wie beispielsweise im Bereich des Buchholzes, eine relevante Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren ermöglichen.
Die von Nadelbäumen gebildete Waldgrenze ist dem hingegen häufig auffallend geradlinig ausgeprägt.
Die im Verlauf des gestreckten Hellentals anzutreffenden Buchen- und Mischwaldbestände tragen positiv zur Landschaftsgestaltung und zur vielbeschriebenen Schönheit und Natürlichkeit des tertiären Muldentales im Nordsolling bei.
Wiesen- und Heckenlandschaft
Wo vormals im eng begrenzten Landschaftsraum des Hellentals entlang der Helle vornehmlich Erlenbruch- und Erlenauwälder stockten, ist durch menschliche Kulturnahme und Pflege das heutige Charakterbild einer Wiesen- und Heckenlandschaft geschaffen worden, anhand der landschaftsstrukturierenden Elemente
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Hecken
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Gebüsche
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Acker- und Wegsäume
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Gräben
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Einzelbäume
- (Obst-)Wiesen.
Auenwälder
In den Tallagen bildete schließlich der Schwemmlöß ein nährstoffreiches Substrat für die Ausprägung einer ursprünglich artenreichen und ausgeprägten Vegetation, wie die der vielfältigen Pflanzengesellschaften in den Auenwäldern der Talauen.
Unterschiedliche Tiergesellschaften folgten dieser faunistischen Entwicklung.
Die vormals relativ regelmäßigen Überschwemmungen der Helle und die aus Hanglagen erodierten Lößbodenanteile begünstigten diese ursprüngliche ökologisch wertvolle, weil artenreiche Entwicklung im Hellental.
Durch die zunehmende Landnahme des Menschen wurden die Auenwälder extensiv beweidet, nicht zuletzt, um auch größere Freiflächen für die Mahd zu erlangen.
Nach und nach erfolgte dann eine Auflichtung der Auenwälder, schließlich ihre irreversible Verdrängung, mit ihnen auch die der unterschiedlichsten Pflanzen- und Tiergesellschaften.
Grabenbruch │ Helle-Bach │ Niedermoor │ Grünlandnutzung │ Naturschutz
Im Regionalen Raumordnungsprogramm 2000 wird der „Hellentaler Graben“ als großflächiges Vorranggebiet für Natur und Landschaft eingestuft.
Es ist ein für den Naturschutz besonders wertvolles Gebiet.
Daher war das Hellental schließlich im September 1990 als Naturschutzgebiet (NSG) ausgewiesen worden, um das „Sollingtal mit seiner charakteristischen Vielfalt“ mit hervorragendem Landschaftsbild und seiner Ausstattung mit „Lebensräumen standorttypischer, teilweise hochgradig bedrohter Tier- und Pflanzenarten sowie deren Lebensgemeinschaften“ zukunftsorientiert pflegen und entwickeln zu können.
Eine Vielzahl von für den Naturschutz wesentlichen Flächen wurden nach § 28a des ehemaligen NNatG als besonders wertvolle Biotope geschützt („28a-Biotope“).
Das Hellental im Nordsolling bietet in der Tat auf relativ engem Raum ein recht abwechslungsreiches Erscheinungsbild mit vielfältiger, struktur- und artenreicher Landschaft.
Es hat wertvolle Habitatstrukturen mit großer Vielfalt an Biotoptypen und ist daher ein hervorgehobenes Naturschutzgebiet von landesweiter Bedeutung.
Allerdings waren noch 1984 bei der Biotopkartierung des Landes Niedersachsen lediglich der Bachlauf der Helle sowie die Brachflächen des „Hülsebruchs“ als für den Naturschutz bedeutsame Areale abgegrenzt worden.
Trotz allem naturschützenden Engagement ist eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten auf Dauer gefährdet.
Vornehmlich das Wiesental um den Sollingbach Helle ist durch allmähliche Nutzungsaufgabe von zunehmender Verbrachung bedroht, weniger durch fortgesetzte Aufforstungen.
Das kleinräumig gegliederte Grünland des Hellentales sowie der streckenweise naturnahe Bachverlauf stellen einen hervorgehobenen erlebniswirksamen Raumtyp dar, mit besonders ausgeprägter Eigenart, aber auch mit ausgeprägter Vielfalt und Naturwirkung.
Fast ausschließlich in oberen Bereichen des wärmebegünstigten Südost-Talhangs kommen artenreiche Pflanzenbestände vor; ärmere Bestandsausbildungen sind hingegen auf dem lokalklimatisch benachteiligten Nordwest-Talhang anzutreffen.
Auf der dortigen Niedermoorfläche war 1991 großflächig ein Torfbinsen-Borstgrasrasen entwickelt, einer der größten und bestausgebildetesten Bestände in Niedersachsen.
Im Jahr 1982 war eine erste Erfassung und Bewertung auf den Bergwiesen im unteren Hellentaler Grund (Hülsebruch) vorgenommen worden.
Wenige Jahre später erfolgten 1991 anlässlich der Erstellung des Pflege- und Entwicklungsplanes NSG „Hellental“ erneut umfängliche Vegetationskartierungen von Pflanzengesellschaften und -arten im Hellental.
Gleichermaßen wurden hierbei auch ausgewählte Tierarten des NSG erfasst und deren, z.T. bedrohten oder gefährdeten Bestände umfänglich dokumentiert.
Die beiden dauerhaften Vegetationsbestände des Hellentals sind
- der Wald und markante Einzelbäume,
- das offene Grünland.
Rückschlüsse auf die vormals artenreiche Vegetation erlauben die mageren, wegbegleitenden Säume und „mageren Weidezaungesellschaften“, die sich beim Wandern rasch erschließen und den ursprünglich viel mageren Charakter des Hellentaler Grünlandes erahnen lassen.
Grünlandbestände sind heute meist aufgedüngt.
Das von standortheimischem Laubmischwald, aber auch von standortfremdem Fichten- und Nadelmischwald (Aufforstungen/Weihnachtsbaumkulturen seit den 1950er Jahren) umgebene, vom „Hellentaler Bach“ unüberhörbar durchflossene Wiesental ist durch vielfältiges Wirken des Menschen entstanden und bis heute von Menschenhand deutlich geprägt.
Die vormals natürlicherweise das gesamte Tal einnehmenden Bestände von Laub- und insbesondere Auwäldern wurden nach und nach durch die sich seit dem 18. Jahrhundert entwickelnde Grünlandnutzung gerodeter Flächen reduziert.
Die heute noch als schmale, bachbegleitende Überreste der ehemals ausgedehnten Auwaldbestände sind wertvoll und schutzbedürftig.
© [hmh, Fotos: Klaus A.E. Weber
Sensible Lebensgemeinschaften
Pflanzen- und Tierarten
Trotz relativ rascher Reduzierung ihres ehemaligen Bestandes in den letzten Jahrzehnten kommen noch viele verschiedene Pflanzenarten und Tierarten sowie deren Lebensgemeinschaften auf den recht unterschiedlichen Standorten des Hellentals vor.
Noch bis in die 1950er Jahre hinein sollen flächendeckende Orchideen-Vorkommen auf bachnahen Wiesen und Massenbestände der Arnika (Arnica montana) in den ortsfernen Feuchtwiesen des südwestlichen „Hülsebruchs“ bestanden haben, die überwiegend von Hand gemäht wurden.
Manche Pflanzen- und Tierbestände sind seit Jahrzehnten akut vom Aussterben bedroht, andere sind bereits unwiederbringlich ausgestorben.
So konnten sich beispielsweise nur wenige Arten gegen den Verbiss und den häufig anzutreffenden Tritt der Milchkühe und Rinder auf den lntensivweiden behaupten.
Gehen nun Bestände bestimmter Pflanzenarten zurück oder verarmen Pflanzenformationen bzw. werden dezimiert, so zieht dies im Ökogefüge des Hellentals ebenfalls einen Bestandrückgang bei den von ihnen abhängigen Tierarten und Tiergemeinschaften nach sich.
Im Frühjahr beherrscht vor allem der Gewöhnliche Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) gebietsweise das Bild des Wiesentals, da er regenerationsfähig und trittfest ist.
Optisch hinzugesellen sich später Sumpfdotterblumen (Caltha palustris) auf den Nasswiesen.
Der Solling gilt als eines der besten deutschen Reviere für Rotwild (Cervus elaphus).
Ende September bis Anfang Oktober imponiert die Hirschbrunft - das „Hirschebrüllen“.
Landschaftsrahmenplan von 1996
Heute werden wohlbekannte Konflikte zwischen Zielen des Landschafts- bzw. Naturschutzes und anderen Nutzungsinteressen und -ansprüchen, wie vornehmlich die der Land- und Forstwirtschaft und der Jagd, auch in der historischen Kulturlandschaft des Hellentals an einigen Stellen deutlich fokussiert.
Das landschaftstypbezogene Zielkonzept des Landschaftsrahmenplans von 1996 sah ehemals für das Hellental als Teilgebiet mit Zieltyp „vorrangig Erhalt“ vor, dass
- die Borstgrasgesellschaften, Bergwiesenfragmente und Feucht-/Nassgrünland extensiv zu nutzen sind, ggf. auf wechselnden Teilflächen vorübergehend brachfallen zu lassen
- intensiv genutzte Grünlandflächen extensiviert werden sollen
- die Beweidung von Quellen auf den Schutzbedarf abzustimmen ist
- das Hellental in seiner Gesamtheit offenzuhalten ist, allerdings sollen vorhandene Hecken- und Gehölzstrukturen erhalten bleiben.
Hinsichtlich des Bachlaufes der Helle werden im Landschaftsrahmenplan 1996 als Pflege- und Entwicklungsmaßnahme eine extensive Grünlandnutzung und die Schaffung von Uferschutzstreifen an beiden Ufern vorgegeben.
Kulturbiotope von Wild- und Kulturpflanzen
Sowohl im Sollingdorf Hellental als auch in seiner Umgebung im Talverlauf sind bis heute Obstwiesen ein charakteristisches und teilweise noch flächenbildendes Grünelement, ein ökologisches wie gestalterisches Bindeglied zwischen der angrenzenden Tallandschaft und den naturnahen Lebensräumen der bebauten Hellentaler Ortslage.
Bisweilen wurden solche Obstwiesen zudem auch als Viehweide genutzt (Obstweiden).
Eine besondere, auch ortsbildbestimmende Bedeutung kommt hierbei den kleineren wie größeren Streuobstwiesen zu, die einerseits entlang den hinter der Ortsbebauung ansteigenden Talhängen, andererseits auf Freiflächen in und im Hellental angelegt wurden.
Diese „Kulturbiotope“ umfassen sowohl Kulturpflanzen (hochstämmige Obstbäume, Walnussbäume) als auch Wildpflanzen der umgebenden Wiesen und Hecken.
Ihr Mikroklima begünstigt eine artenreiche Kleintierwelt - wie Vögel und Insekten.
Der unbebauten und zusammenhängenden, den Hang zwischen der Dorfkapelle und dem Dorfgemeinschaftshaus ansteigenden Grünzone kommt eine besondere ökologischer Bedeutung durch die Verbindung verschiedener Naturräume zu.
Zugleich ist sie die „Grüne Lunge“ des Dorfes, bestanden mit hochstämmigen Obstbäumen der extensiv genutzten Obstwiesen, teilweise großkronigen Laubbäumen und mit standorttypischen, freiwachsenden Strauchgehölzen.
In den noch vorhandenen schmalen Gassen des alten Dorfkerns bildete sich auf den unbefestigten und ungenutzten Restflächen eine dorftypische Ruderalvegetation aus.
Auch die ehemals als Holzlagerstätten genutzten Hausvorplätze der alten „Sollinghäuser“ weisen ähnliche, ökologisch bedeutsame Vegetationsflächen auf, aber auch die unbefestigten Straßen- und Wegrandstreifen als „Linienvegetation“.
Artenreiche Spontanvegetation von 1993
Eine artenreiche Spontanvegetation konnte 1993 auf dem fast unbenutzten Grasweg auf halber Hanghöhe zwischen der Ansiedlung „Am Berge“ und der „Sollingstraße“ festgestellt werden, so u.a. zum Wegende nach Nordosten:
a) |
als Krautschicht: |
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Beinwell |
Symphytum peregrinum |
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Brennessel |
Urtica dioica |
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Frauenmantel |
Alchemilla vulgaris |
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Giersch |
Aegopodium podagraria |
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Hahnenfuß |
Ranunculus repens |
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Klebkraut |
Galium aparine |
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Taubnessel |
Lamium album |
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b) |
als Strauchschicht: |
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Brombeere |
Rubus fruticosus |
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Hainbuche |
Carpinus petulus |
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Holunder |
Sambucus nigra |
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Weißdorn |
Crataegus monogyn |
Kilometerlange Sandstein-Trockenmauern
Die zahlreichen, zur Hangbefestigung errichteten Naturstein-Trockenmauern aus anstehendem Buntsandstein stellen als Kleinbiotope für Flora und Fauna Ersatzbiotope für Felswände dar.
Den Aktenunterlagen der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Holzminden ist zu nehmen, dass das Institut für allgemeine und angewandte Ökologie e.V. bei Kartierungsarbeiten im Sommer 1984 auf „ausgedehnte Trockenmauern (aus Buntsandstein) in Hellental aufmerksam“ wurde.
Mit Unterstützung der ehemaligen Jugendgruppe des örtlichen „Sollingvereins“ [1] wurden die Trockenmauern kartiert, wobei teilweise auch „lückige bzw. eingefallene Strecken“ erfasst und noch „weitere zugeschüttete und überwachsene Bereiche“ von einer ca. 2,5 - 3 km Länge erwartet wurden.
Die Höhe der kartierten Trockenmauern betrug zwischen 1-3 m.
Im Oktober und November 1984, wurde von dem Hardegsener Institut „mittels 50 modifizierter Barberfallen“ an den Trockenmauern und am Mauerfuss ein Teil des Arteninventars erfasst, um Aussagen über deren ökologische Bedeutung zu erhalten.
Hierbei wurden nachgewiesen
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Schneckenarten
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Asselarten
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Spinnenarten
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Hundertfüßlerarten
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Tausendfüßlerarten
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Käferarten
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Wanzenarten
- Köcherfliegen (einzige, seltene terrestrische Art).
Die besondere Bedeutung der Trockenmauern als Lebensraum für Insekten wurde hervorgehoben, ebenso ihre Relevanz für Amphibien, Reptilien und Vögel.
Den Untersuchern schien es daher im Hinblick auf die Trockenmauern notwendig, diese im Sollingraum nahezu einmalige Situation durch Erhalt bzw. Restaurierung langfristig und nachhaltig zu sichern („geschützter Landschaftsbestandteil“).
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[1] unter der wenig geachteten Leitung von Claus Caninenberg (†), Hellental.