Waldglas - Natürlich grün
Klaus A.E. Weber
Zeittypisches Waldglas besaß eine charakterisierende, mehr oder minder intensive Grünfärbung, da Quarzsand und andere Rohstoffe vor allem durch Eisenoxidanteile verunreinigt waren.[6]
Überhaupt verursachten Verunreinigungen der Glasrohmasse durch mineralische Komponenten in den Rohstoffen eine grünliche oder gelbliche bis hin auch leicht bräunliche Färbung des Glasendproduktes, die durch Metalloxidbeigaben zudem noch verstärkt werden konnten.
Diese Glastönung sowie kleinste Einschlüsse und Bläschen gaben jenen Gläsern ein typisches Aussehen.
Grünliches, transparentes Waldglas
erste Hälfte 16. Jahrhundert
Ausschnitt
Gemälde "Bauernhochzeit"
1550 [3]
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
„Gemein, einfach, grün“ [5]
Nach MUCHA [5] verdankt „Waldglas“ seine natürliche Färbung den „Oxiden von Eisen, Mangan und Titan, die als Verunreinigungen der verwendeten Rohstoffe Sand (Eisen- und Titanoxide) und Asche (Mangan- und Eisenoxide) unbeabsichtigt in die Schmelzmasse gelangen“.
Neben vornehmlich kräftig grünem und grünlichen gab es aber auch farbiges mittelalterliches und frühneuzeitliches Waldglas.
Das grünliche Waldglas steht für jenes Holzasche-Glas oder Holzasche-Kalk-Glas, das vom Hoch- bis Spätmittelalter bis in zur Neuzeit rohstofforientiert inmitten von Laubwald gelegenen Waldglashütten bis zur Resourcenerschöpfung produziert wurde, wie im Umfeld des Hellentals im Solling - dem "Alten Tal der Glasmacher".
Trinkgläser, wie Becher, Paßgläser, Ringelbecher oder auch schwere Humpen waren teils angereichert mit am Ofen angebrachten Verzierungen, Nuppen, umgelegten Glasfäden, tief eingestochenen und ausgezwackten Böden.[1]
Grün - Modefarbe der Renaissance
Grüne Trinkgläser waren zu verschiedenen Zeiten im Mittelalter zudem in Mode gewesen, was zu der Vermutung Anlass gibt, dass möglicherweise Sand mit deutlich höherem Eisenanteil bei deren Herstellung eine Rolle gespielte.[4]
Im frühen 16. Jahrhundert war die Verwendung der teuren "antiken" Modefarbe Grün modern geworden - und wurde zur bestimmendnen Farbe der Renaissancemode für reiche Kaufleute und wohlhabende Bürger*innen.[7]
Römer
Beerennuppen am Hohlschaft
Mitte 17. Jahrhundert
Glasmuseum Hentrich
Museum Kunstpalast, Düsseldorf
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
Weshalb ist Waldglas grün?
Eisen-Ionen haben eine eher schwächere Färbewirkung im Vergleich mit Cobalt- oder Kupfer-Ionen.[8]
Die Grünfärbung von Waldglas beruht einerseits auf der unvermeidliche Verunreinigung des Gemenges durch die Rohstoffe Sand mit Eisen- und Titanoxiden und Holzasche mit Mangan- und Eisenoxiden - Eisenoxide im Solling-Buntsandstein - und der Schmelztemperatur.
Andererseits kann Eisen auch als Färbemittel bewußt eingesetzt werden.
Wertigkeit | Farbeffekt | Glasschmelze |
Lichtadsorbtion | ||
Eisen (Fe) Ionen [8] | ||
Fe³+ [Eisen(III)oxid, Fe2O3] |
||
dreiwertig | gelblich | oxidierend (Sauerstoffüberschuss) |
Fe²+ [Eisen(II)oxid, FeO] |
||
zweiwertig | bläulich - himmelblau | reduzierend (Sauerstoffmangel) |
ansonsten Mischfarben | blaugrün - braungelb | |
etwa gleicher Anteil = grün |
„Das Gleichgewicht zwischen Fe 2+ und Fe 3+ ist sehr stark von der Glasmatrix, der Schmelztemperatur und möglichen Reaktionspartnern abhängig.“[9]
Von Cosimo de‘ Medici geschätzt: Waldglas für Laborzwecke
Wie STEPHAN [2] ausführt, habe man „als robustes, wohlfeiles und dennoch gutes Gebrauchsglas sowie als Glas für alchemistische Zwecke … das grüne, speziell das deutsche und hier besonders gerade auch das „hessische“ Glas aus dem Werra- und Weser-Bergland im 16. und noch im 17. Jahrhundert hochgeschätzt und zu Recht fast europaweit gerühmt.
Selbst in den berühmten Venezianer Hütten und am Hofe der in den angewandten Künsten mit Einschluss der Alchemie versierten Großherzöge Francesco I. sowie Cosimo de‘ Medici in Florenz und vielerorts anderswo wusste man von der besonderen Eignung hochwertiger grüner Waldgläser für Laborzwecke.“
Cosimo de‘ Medici (1389-1464)
Monument in Florenz │ 2017
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
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[1] SÜSSMUTH (1950), S. 18.
[2] STEPHAN 2021, S. 218.
[3] Gemälde von Pieter Aersten (1508/09-1575), Kunsthistorisches Museum Wien.
[4] DBU 2018, S. 183.
[5] MUCHA 2022, S. 107.
[6] KOCH 2011, S. 16-21.
[7] ROEHMER 2022, S. 18-19.
[8] ROEHMER 2022, S. 161-162.
[9] DRÜNERT/MÖNCKE/STEPPUHN 2022, S. 393.