Was die historischen Waldglashütten kennzeichnet
Klaus A.E. Weber
Für die archäologisch hinreichend sicher identifizierten Standorte der im Wiesengelände oder unter Waldbedeckung lokalisierten mittelalterlichen Waldglashütten des 12.-13./14. Jahrhunderts und frühneuzeitlichen Glashüttenanlagen im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts sowie der Glashütte der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist durch Befunde hinterlegt im Wesentlichen gemeinsam kennzeichnend, dass
- sie temporär betriebene Glashütten zur Herstellung von Waldglas waren
-
sich die Aktivitätszone zumeist im Talverlauf der Helle befindet
- sie prinzipiell in kulturgeografischer Gunstlage errichtet und betrieben wurden
- die Glasherstellung dreiphasig erfolgte mit einer archäologischen „Fundlücke“ im Zeitraum des 15.-16. Jahrhunderts
- sämtliche nachgewiesenen mittelalterlichen wie frühneuzeitlichen Glashütten - vermutlich eher geomorphologisch als territorial bedingt - westlich des Grenzbaches Helle liegen, also im ehemals braunschweigischer Anteil des Sollings
- alle im Talverlauf befindlichen mittelalterlichen Glashüttenplätze im Randbereich vom Bachrand der Helle bis hinauf zum Plateau der Hüttenanlage zu lokalisieren waren
-
kleinräumig der glastechnologische und glaskulturelle Fortschritt auch von Schlüsselphasen des Klimawandels beeinflusst wurde
-
die hydrogeografische Situation der Hüttenstandorte stets eine Gewässerlage zeigt, konzentriert zumeist entlang von Bachniederungen und nahe von Hangquellen
- alle im Gelände fassbaren mittelalterlichen Glashütten unscheinbar und nur partiell durch stark verflachte, teils kaum erkennbare Hügelstrukturen erkennbar waren
- die mittelalterlichen Waldglashütten im lichten Laubwald (Rotbuchen) fern mittelalterlicher Besiedlungsräume betrieben wurden und (Fern-)Handelsbeziehungen bestanden
- alle mittelalterlichen Waldglashütten stark verflachte, teils kaum erkennbare Hügelstrukturen aufweisen
-
als Baumaterial für die Glasmacheröfen in Lehm verlegte, lokal anstehende rötliche Buntsandsteine (Solling) verwendet wurden
-
im Mittelalter sowohl Ein-Ofen-Anlagen (Erschmelzen von Rohglasmasse) als auch Mehr-Ofen-Anlagen (kombinierte Glaserzeugung und -verarbeitung) betrieben wurden
-
die mittelalterlichen Waldglashütten auffallend kleine Glasschmelzgefäße aufweisen
-
auf allen mittelalterlichen Hüttenstandorten keine Fragmente spezieller keramischer Kühlgefäße für Glaserzeugnisse nachgewiesen werden konnten
- im Gegensatz zu den frühneuzeitlichen Hüttenplätzen, auf den mittelalterlichen Glashütten Metallfunde äußerst selten sind
-
frühneuzeitliche Waldglashütten als Mehr-Ofen-Anlagen einen deutlich flächengrößeren Werksbereich benötigten als mittelalterliche, vermutlich verbunden mit differenzierteren Arbeitsprozessen und ausgedehnten Wohnbereichen außerhalb der Werkszone.
- bei mittelalterlichen Glashütten ein System parallel verlaufender Strukturabschnitte zu erkennen ist: Bach - Fahrweg - Hüttenanlage - Nutzwald;
- die Glasmacherfamilien durch Arbeitsmigration in das Umfeld des wirtschafts- wie sozialräumlich abgelegenen Sollingtals gelangten.
Vermutlich durch Erosionsvorgänge wurden die Hüttenplätze überdeckt und jene Betriebsanlagen weitgehend zerstört, die sich in exponierter Lage direkt am Helle-Bach mit wechselndem Wasserlauf befanden.