Zu Michaelis 1842 - Einstellung der Glasherstellung

Klaus A.E. Weber

 

Nicht zuletzt wegen

  • der Brandkatastrophe in der Filialglashütte Mühlenberg am 19. Juni 1841

  • des absehbaren Holzmangels mit zunehmendem Missverhältnis zwischen dem Produktionsvolumen der Glashütten und dem nicht nachhaltigen Holzangebot aus den Sollingforsten

  • des Mangels an innovativen Betriebsverbesserungen

war am 23. Juli 1841 in Holzminden zwischen dem Pächter Friedrich Christian Werner Seebaß und der fürstlichen Kammer die Beendigung der Glasherstellung an den "Sollinghütten" vereinbart worden.

Nach BECKER [3] machte letztendlich der mangelnde Erfolg der Bemühungen der fürstlichen Kammer, "der besonders im Hinblick aus die Entstehung eines selbständigen Veredelungsgewerbes sehr zu bedauern ist, da dazu durchaus günstige Grundlagen und auch vielversprechende Ansätze vorhanden waren", die Fortführung des Betriebes der "Sollinghütten" unmöglich.

So wurde die Glasherstellung in sämtlichen "Sollinghütten" mit Wirkung "zu Michaelis" am 29. September 1842 eingestellt - 98 Jahre nach der ersten Hüttengründung.[4]

Dem Pächter Friedrich Christian Werner Seebaß wurde von der Fürstlichen Kammer zugesichert, die Versicherungssumme der Mühlenberger Glashütte ausgezahlt zu bekommen.

Für erworbene Grundstücke wurde der Kaufpreis, für das angeschaffte Bauholz und für die Verluste, die durch Einstellung des Glashüttenbetriebes erwuchsen, hatte die Fürstliche Kammer eine Vergütung in Höhe von 5.000 Thaler zu Michaelis 1842 angeboten, auch wurde ihm erlaubt, das noch in Mühlenberg lagernde Brennholz zu verkaufen.

Die Glasvorräte, Instrumente, Hüttengerätschaften und Materialien verblieben im Eigentum von Seebaß.

Bis zum Jahr 1853 sollten Friedrich Christian Werner Seebaß in vierteljährlichen Raten jährlich 1.500 Thaler ausgezahlt werden, ab 1853 nur noch 500 Thaler.

Gegen die Zahlung der Versicherungssumme und der Reparaturkosten wurde Friedrich Christian Werner Seebaß oder seinen Erben über einen Zeitraum von 11 Jahren, bis zum Jahr 1853, das Herrenhaus samt den dazu gehörenden Ländereien überlassen.[1]

Was folgte, war entweder eine Abwanderung von Glasmachern mit ihren Familien oder aber deren Verbleib im Raum Schorborn.

 

Abwanderung

Die Abwanderung von Glasmachern mit ihren Familien führte an andere Glashüttenstandorte [2], wie möglichweise solche

in der Deister-Süntel-Osterwald-Region

  • Glashütte am Kleinen Süntel

  • Glashütte Münder

  • Glashütte Steinkrug

  • Lauensteiner Glashütte / Osterwald

  • Glashütte in der Sümpelbreite

oder in

  • Obernkirchen

  • Lamspringe

  • Schildhorst bei Freden.

Glasmacher aus Schorborn können namentlich in den Kirchenbüchern von

  • Ziegenhagen

  • Neuhaus │ Gründung um 1853/1856

  • Hemmendorf

nachgewiesen werden.[2]

Als weitere Glashüttenstandorte im Weserraum kommen Betriebe bei Bad Driburg und in der Region Paderborn in Frage.

 

Verbleib

Die meisten ehemaligen Glashüttenleute verblieben mit ihren Familien vor Ort im Solling, wo sie über die Jahre Grundstücke erworben hatten.[2]

Orientiert an den im Solling vorhandenen Ressourcen vollzog sich zudem ein Berufswechsel, um den Unterhalt der Familien sicher zu stellen.

Bei Schorborn bestehen nach STEINACKER 1907 "große Steinbrüche des roten Sandsteines".[4]

So wurden aus einstigen hochgeschätzten Glasarbeitern

  • Waldarbeiter

  • Steinbrecher

  • Tagelöhner.

 

BECKER [3] schrieb 1927:

"Der Gewaltakt der Einstellung der Hütten ist allerdings als ein sehr bedenkliches Mittel anzusehen und hätte für die Erwerbsverhältnisse des braunschweigischen Wesergebietes die größten Schädigungen zur Folge haben müssen, wenn nicht die günstige Lagerung der Standortsfaktoren ein baldiges Wiederaufleben der Glasindustrie im Solling bewirkt hätte."

 

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[1] OHLMS 2006, S. 24-25.

[2] NÄGELER 2013.

[3] BECKER 1927, S. 88.

[4] STEINACKER 1907, S. 197-199.