Glasmacherdynastie der Gundelach-Becker-Linie
Klaus A.E. Weber
Großalmerode und die Familien Gundelach
Kelchglas mit Gravur
um 1710
Werkstatt Frantz Gondelach
(1663–1726)
Hofglasschneider
beim Landgrafen von Hessen-Kassel
Gondelach gilt als einer
der bedeutendsten Glasschneider
des Barocks
Stadtmuseum Kassel
© [hmh, Fotos: Klaus A.E. Weber
Die Familien der Gundelachs zählen zu den ältesten und bedeutendsten deutschen Glasmachersippen.
- LOTZE [12] zu Glasmachern im ReinhardswaId - Gundelach/Becker
Zugleich ist Gundlach auch der Name eines mecklenburgischen Adelsgeschlechts.
Noch heute begegnet man in der Stadt Großalmerode nicht selten noch dem traditionellen Glasmachernamen "Gundelach".
Anzunehmen ist, dass Jobst Heinrich Gundelach, obgleich in Mecklenburg aufgewachsen, die Sollingregion und ihre günstigen Bedingungen zur Glasherstellung nicht völlig unbekannt gewesen sein dürfte.
Bereits mehrere Vorfahren aus der Glasmachersippe Gundelach hatten in Sollingtälern Glashütten betrieben, so dass ihre dortigen Produktionserfahrungen mit nach Mecklenburg gelangt sein dürften.
Dem resourcenreichen Solling treu bleibend, wirkten dort bis ins 18. Jahrhundert, neben den hessischen Glasmacherfamilien Gundelach, auch Familien aus den Glasmachersippen Wentzel, Kaufhold und Seitz.[29]
In der waldreichen Umgebung von Großalmerode, im heutigen niederhessischen Geo-Naturpark Meißner-Kaufunger-Wald romantisch gelegen, gab es seit jeher reichlich feuerfesten Ton, der u.a. "vorzüglich zu Schmelztiegeln von der beßten Art verarbeitet wird".[30][2]
Ergänzend ist glashistorisch anzumerken, dass Großalmerode als Hochburg der Glasmacher und ab 1537 zugleich auch der Zunftort des über die Landesgrenzen hinaus bedeutenden hessischen „Gläsnerbundes“ war, erhoben zum Bundeshauptort des gesamten norddeutschen Gläsnerhandwerks (mit bedeutender Zunftordnung).[7]
Hier stand zugleich auch das ehemalige Stammhaus der Bundesmeister Becker-Gundelach.
Die Bundesbriefe von 1537 und 1559 nennen die Gläsnerfamilien Gundlach, Becker, Seitz, Konckel, Wenzel, Kauffold, Lippert, Grün und Strecker.
Einige von ihnen begründeten auch Glashütten im Solling [31], wie beispielsweise die beiden hessischen Glasmacher Wilhelm Gundelach │ August Gundelach, die um 1600 in der Nähe von Schießhaus "beim Haselborn auf dem Sollinge" (südlich des ehemaligen Gasthauses Mund) eine Glashütte betrieben haben.[8]
Zusammenstellung
Nach Angaben von POSER [1], DREIER [3], ALMELING [4], Glasmuseum Immenhausen am Reinhardswald ergibt sich folgende Übersicht:
Meister Contz-Becker
1406 Mitglied des Spessartbundes
Johannes Becker
1468 Oberkaufungen
Meister Hans Becker
1513 Glashütte am Staynberge bei Almerode
Hans Becker, genannt Gundelach
~1470-1558
1537 erster Bundesmeister der hessischen Gläsner
- Sohn:
Jobst Gundelach/Becker
1502-1563
- Enkel:
Frantz I Gundelach/Becker - Bruder: Jörge Becker
~1525-1600
hessischer Bundesmeister: 1549-1559
"Weißglashütte" in den Schörgründen (Alt-Münden) [6] am Reinhardswald
- Sohn:
Frantz II Gundelach
~1550-1628
"Weißglashütte" in den Schörgründen am Reinhardswald [6][14]
bis 1594 Niestehütte („Frantz-Gundelach-Hütte“)
1595 Altmündener Weißglashütte │ Hüttenbeständer (Glasermeister und Pächter)
- Sohn:
Frantz III Gundelach
1590-1670
ab 1641 Meister im hessischen Gläsnerbund
1644-1657 Glasmeister auf der Altmündener Glashütte
ab 1658 Glasmacher auf einer Glashütte im Gut Perdoel bei Plön
- Sohn:
Frantz IV Gundelach
~1622 - ~1680
ab 1658 Glasmacher auf einer Glashütte im Gut Perdoel bei Plön
Christoph Gundelach
Hans/Jost Gundelach
Georg Gundelach
~1605 – vor1652
Frantz V Gundelach
~1635-1694
Glasermeister zu Nischwitz/Oranienbaum im Fürstentum Anhalt-Dessau
- Sohn:
Frantz VI (Franz) Gondelach [5]
1663–1726
zählt zu den bedeutendsten Künstlern des barocken Glasschnitts
bis 1720 Hofglasschneider in der Landgrafschaft Hessen-Kassel
ab 1682 im Dienst von Landgraf Carl von Hessen-Kassel (reg. 1677–1730) [10]
- Sohn:
Johann Heinrich Gundelach II [13]
(? - 1749)
Hofglasschneider um 1726/1747
Glashütte Altmünden
Engelhardt Gundelach
1623-1704
hessischer Glasmacher
1664 angestellt in der Kristallglashütte der Bonhomme in Lüttich
1685-1704 "Fürstlicher Kristallmeister" und Glasschneider auf der Glashütte Altmünden [9]
- Kristallglasfertigung nach "Lütticher Art"
- Sohn:
Benedict Gundelach
Glasmeister auf der Altmündener Glashütte
Gundelach ...
- auf der Glashütte Oranienbaum
Der in Gross-Almerode geborene Glasmacher Georg Gundelach (um 1621 – 1682) gründete 1669 die Glashütte Oranienbaum bei Dessau.
- auf der Glashütte Wendorf
Friedrich Gundlach und Hans Hinrich Gundelach arbeiteten als Glasermeister von 1696-1716 auf der Glashütte Wendorf, wo sie zugleich auch als Hüttenmeister tätig waren.
- auf der Glashütte Bolz
Der Glasermeister Johann Jürgen Gundelach begleitete von 1705-1717 als Hüttenmeister die Glashütte Bolz.
- auf der Spiegelberger Glashütte
1705 gründete der Spiegelmeister Johann Georg Gundelach aus Darmstadt die Spiegelberger Glashütte (Spiegelmanufaktur Spiegelberg).
- auf der Glashütte Scharmützel
1705 errichtete Johann Jürgen Gundelach die Glashütte Scharmützel (Kolonisation Scharmützelhütte) bei Ferdinandshof in Vorpommern.
Er wurde zum „Königlichen Glasmeister“ ernannt, mit Verleihung eines eigenen Glashüttensiegels.
- als Glasmacher in Königssteele
Als Sohn von Franz Gundelach, der nachweislich 1730 als Glasmacher auf der 1723 gegründeten Glashütte Königssteele an der Ruhr tätig ist, ist Johann Jost Gundelach (~1747-1820) 1774 ebenfalls als Glasmacher in Königssteele nachweisbar.
Er erhielt 1792 eine (einzigartige) Schnapsflasche mit polychromer Emailbemahlung.[11]
- als "Glaßmaler" und Tiegelmacher
Im nordhessischen Großalmerode [2] haben auch einige der Sippe Gundelach als "Glaßmaler" hervorgetan.
Der bekannteste von ihnen war Matthäus Gundelach, der bei Kaiser Rudolf II. in Prag als Hofmaler beschäftigt wurde.
Der Hofglasschneider Franz Gundelach schuf Anfang des 18. Jahrhunderts herrliche, im Hochschnitt verzierte Kristallgläser.
Daneben sind nach HÖCK [2] einer Liste aus Großalmerode aus dem Jahr 1738 die Namen folgender "Tiegelmacher" zu entnehmen:
Heinrich Gundelachs Erben, Johann Gundelach, Johann Jost Gundelach.
1693 lieferte Georg Gundelach Schmelztiegel.[2]
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[1] POSER 2018, S. 29-31.
[2] HÖCK 1981.
[3] DREIER 1996, S. 227.
[4] ALMELING 2006.
[5] ALMELING 2006, S. 51-56.
[6] ALMELING 2006, S. 28.
[7] BLOSS 1977, S. 19 ff.
[8] BLOSS 1950, S. 6.
[9] ALMELING 2006, S. 60-63.
[10] DREIER 1996, S. 17-20.
[11] KRAMER 2019, S. 34-35.
[12] LOTZE 1992, S. 89.
[13] DREIER 1996, S. 69-77.
[14] STEPHAN 2021, S. 220.
[29] BLOSS 1950.
[30] zit. in HÖCK 1975.
[31] WOLLENGHAUPT o. J.