Das Mesolithikum │ 9.500-5.500 v. Chr.

Klaus A.E. Weber und Nadja Lüdemann M.A.

 

Bis an den Nordrand des Sollings reichte einst die Südgrenze der Elster-Vereisung, dem hingegen berührte die spätere Saale- und Weichsel-Eiszeit dieses Gebiet nicht mehr direkt.[1]

Während die Altsteinzeit - das Paläolithikum - vom Eiszeitalter geprägt war, begann der Zeitabschnitt der Mittleren Steinzeit - das Mesolithikum - mit dem Ende der letzten Eiszeit ab 9.800 v. Chr., und mit Beginn des Holozän, unserer heutigen Warmphase.[2]

Durch das Abschmelzen des nordischen Inlandeises in Richtung Skandinavien, konnten während des Mesolithikums alle Naturräume besiedelt werden.

Mit der Erwärmung des Klimas kommt es zu einer zunehmenden Bewaldung mit Birken, Kiefern und Hasel.

Im Laufe der Zeit entstehen erste Laubmischwälder.

Die Veränderung der Landschaft hat zur Folge, dass die bis dahin vorherrschende Großwildfauna, beispielsweise Wollnashorn und Riesenhirsch aus ihrem Lebensraum verdrängt werden und aussterben.

In den dichten Wäldern breiten sich Rothirsch, Reh, Elch und Wildschwein aus.

 

„Flehmender“ Elchhirsch

Alces alces

Ostpreußisches Landesmuseum

Lüneburg

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Während des Holozäns entstehen in vielen Teilen Niedersachsens verschiedene Moore, zu ihnen gehören auch die bekannten Hoch- und Niedermoore des Sollings, zum Beispiel das Hochmoor „Mecklenbruch“.

Mit der zunehmenden Wiederbewaldung der Landschaft, werden auch die Rohmaterialressourcen für die Herstellung der Steinwerkzeuge knapper.

Die durch eiszeitliches Geschiebe (sekundäre Lagerstätte) abgelagerten Gesteine, beispielsweise Silex (Feuerstein), Kieselschiefer oder verschiedene Quarzite, sind durch die zunehmende Vegetation nicht mehr unbegrenzt zugänglich.

Das Rohmaterial das für die Steinartefakte im Hellental verwendete wurde, entstammt keinen örtlichen eiszeitlichen Ablagerungen, dieser wurde aus einigen Kilometer entfernten sekundären Lagerstätten dorthin verbracht.

Seit dem Jungpaläolithikum hat sich die Jagd mit Pfeil und Bogen etabliert.

Die Geschossspitzen werden unter Berücksichtigung der zunehmenden Rohmaterialknappheit im Laufe der Zeit immer kleiner.

Für die Pfeilspitzen wurden während des Jung- und Spätpaläolithikums Rückenspitzen und Rückenmesser (Federmesser) verwendet.

Im Mesolithikum werden diese durch so genannte "Mikrolithen" abgelöst.

Sie werden mittels einer gezielten Klingentechnologie und der damit verbundenen Kerbtechnik hergestellt.

Über die Mikrolithenformen kann eine klare zeitliche Trennung definiert werden.

Während des Frühmesolithikums herrschen dreieckige Mikrolithenformen vor, als Beispiel ist dafür der Fundplatz Merxhausen 26 zu nennen; hier wurden zwei partiell retuschierte Einfachspitze gefunden.

Im Spätmesolithikum findet ein Wechsel zu trapezförmigen Mikrolithen statt.

Im Hellental ist das Spätmesolithikum mit einem Trapezmikrolithen vom Fundplatz Merxhausen 9/10 belegt.

Auch die Phase des Endmesolithikums kann mit einer Pfeilschneide von dem eben genanntem Fundplatz für das Hellental belegt werden.

Als Lagerplätze bevorzugten die Mesolithiker Orte mit Gewässernähe, mittlere Hanglagen und kleinere Geländekuppen.

Ihre Subsistenz beruht auf dem Sammeln von Früchten (Beeren, Wurzeln, Haselnüsse etc.), der Jagd auf Wild und maritimen Nahrungsquellen.

Es ist anzunehmen, dass sie als Behausungen Zelte und Windfänge verwendeten.

Diese können im archäologischen Befund allerdings nur selten nachgewiesen werden.

Das Mesolithikum endet während des 5. vorchristlichen Jahrtausends.

Die Kultur der Linienbandkeramik, die über den fruchtbaren Halbmond, der Levante, mit den neuen Technologien des Ackerbaues und der Viehzucht nach Europa einwandern und in Südniedersachsen um 5.500 v. Chr. sesshaft werden, verdrängen zunehmend die etablierten Sammler-Jäger-Fischergemeinschaften.

 

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[1] WERKMEISTER 1963, S. 7.

[2] Übersicht mit "Göttinger Typentafeln" bei LEHMANN 1991.