Pestepidemien in der Region

Klaus A.E. Weber

Leitender Medizinaldirektor / Amtsarzt a. D.

 

Wiederholt suchten Pestepidemien auch Städte und Dörfer in der südniedersächsischen Region heim und verbreiteten stets große Schrecken.

In Summa: Gott reißet sie von den Kanzeln, aus den Ratsstuben, aus den Haushaltungen und fordert sie in sein Gewahrsam“, soll der Pfarrer in Halle im 16. Jahrhundert geschrieben haben.[6]

 

1350-1681 │ Braunschweig

Zwischen 1350 und 1681 traten auch Pestepidemien in Braunschweig auf, welche mit tausenden Todesopfern bzw. Verlustquoten von teilweise mehr als 30 % der Bevölkerung einhergingen.

So suchten vor allem in den Jahren

  • 1350

  • 1358

  • 1364/1366

epidemische Ausläufer der europäischen Pestwelle die Stadt Braunschweig heim.

Zwei große Pest-Epidemien gab es auch während des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648).

Während der Pestwelle von 1625/1626 sollen etwa 30–40 % der Bevölkerung verstorben sein, während der des Jahres 1636 nur etwa 25 %.[1]

Wie RAULS [6] ausführt, mussten, um Raum für die Gräber zu schaffen, in Braunschweig jene Steinwege aufgehoben werden, die über die Kirchhöfe führten.

Für das Jahr 1681 ist der letzte Ausbruch einer Pestepidemie in Braunschweig belegt.

 

16. Jahrhundert

 

1565 │ Einbeck

 

1566 │ Bevern

Hinweise zum regionalen wie lokalen Pestgeschehen sind Ausführunen von RAULS [3] zu entnehmen.

Danach wurde u.a. 1566 im Messbuch der Kirche von Bevern [4] eingetragen, dass dort etwa 150 Menschen an der Pest verstorben seien::

„Anno post natum Christum sein allhier zu Beuern an der pestilentz achthalb stiege minnische in Gott salich entschlafen als man schrieb tausendfünfhundertsechszigsechs.“

"Nach Christi Geburt sind hier zu Bevern an der Pestilenz die achte Stiege halb = 7 1/2 Stiegen = 150 Menschen in Gott selig entschlafen, als man schrieb 1566."

 

1566 │ Moringen

In der Stadt Moringen zählte man etwa 800 Todesopfer, die auf dem Pestanger südlich des Kirchhofes von St. Martini beisetzte.[5]

 

1580 │ Bodenwerder

RAULS [6] führt aus, dass Hartung Hake vor der Pest in Bodenwerder floh und im Pfarrhaus zu Halle Unterkunft fand, "wo er bis an sein Ende gepflegt wurde".

 

1581 │ Stadtoldendorf

Unter vielen anderen in Stadtoldendorf, so erlag auch Pfarrer Bigeminus im Alter von 35 Jahren und seine Frau der Pest.[6]

 

1597 │ Halle

In den Jahren 1597 und 1598 begrub man "dreimal soviel Menschen wie sonst, im Kirchspiel insgesamt 120 Bewohner".[6]

In dieser Zeit war die kleine Gemeinde Kreipke besonders schwer von der Pest betroffen; acht Personen in einem Haus verstarben in Dohnsen.

 

1598 │ Alfeld

Mehr als ein Drittel der Einwohner*innen von Alfeld, 597 Personen, verstraben an der Pest.

 

17. Jahrhundert

 

1613 │ Halle

Um 1613 war es in der Parochie Halle zu einer Pestepidemie gekommen, bei der 149 Menschen verstorben sein sollen.[2]

Nach RAULS [2] gab es hierbei auch einige Dorfbewohner*innen, die zwar von der Pest befallen waren, aber überlebten.

Der Pastor von Halle habe berichtet:

Jost Schenken sein Weib zu Doensen, eine böse Haut von Jugend auf, bekommt die Pest, und weil ihr Herz böser ist als die Pestilenz, kommt sie wieder auf; denn Unkraut vergeht nicht.

 

1613 │ Dohnsen

75 Personen verstarben in Dohnsen an der Pest, mehr als ein Drittel der Bevölkerung[6]

 

1625 │ Stadtoldendorf

In Stadtoldendorf soll es 1625 – während des Dreißigjährigen Krieges - durch Einquartierung zu einer Seuche gekommen sein, der binnen drei Monate 50 Personen zum Opfer gefallen seien, so auch Kaplan Stromeier.[3]

 

DORF:REGION

Zur Bedeutung und zum Auftreten der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Pest-Epidemien in der Dorf:Region zwischen nördlichem Sollingrand und dem Holzberg ist bislang keine wissenschaftliche Forschung durchgeführt worden.

In keinem der herangezogenen Kirchenbücher ist ab 1648 für Heinade und Merxhausen die Todesursachenangabe „Pest“ oder eine vergleichbare Diagnoseformulierung dokumentiert worden war.

Diese Beobachtung erscheint insofern epidemiologisch plausibel, als sich die letzten drei bevölkerungsrelevanten Pest-Epidemien bereits vor dem Ende des Dreißigjährigen Krieges ereigneten:

  • 1613

  • 1625/1626

  • 1636

  • 1641

 

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[1] JARCK/SCHILDT 2000, S. 260, 529.

[2] RAULS 1983, S. 80.

[3] RAULS 1974, S. 67; RAULS 1983, S. 79.

[4] Nach RAULS Aufbewahrung im Bistumsarchiv in Paderborn.

[5] DOMEIER 1753, S. 51; StadtA MOR, Akte 14, S. 268.

[6] RAULS 1974, S. 67.