Krankheitsbehandlung und Lebensführung

Klaus A.E. Weber

Leitender Medizinaldirektor / Amtsarzt a. D.

 

Krankheitsbehandlung und Lebensführung in der aufkommenden Neuzeit

An der Schwelle zur frühen Neuzeit begann eine gemeinnützige landesherrliche Fürsorge in Verklammerung mit der sozialen Verantwortung der politischen Macht – nicht zuletzt auch in Form einer staatlichen Armenmedizin.

Das Leiden von Patienten zu lindern und sie zu unterstützen war in der frühen Neuzeit eine originäre kurative Aufgabe des approbierten Arztes.

 

Pharmaziemuseum

Universität Basel

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert befassten sich akademische Ärzte zunehmend mit Fragen einer adäquaten Krankheitsbehandlung auf dem Boden der alten lateinischen „Buchmedizin“.

Ein hierfür zeittypischer Vertreter ist Theophrastus Bombast von Hohenheim, genannt Paracelsus (1493–1541)

Als wandernde Gelehrter [1] reiste sein Leben langdurch Europa und wurde zu einem der berühmtesten Ärzte.

Im ausgehenden 19. Jahrhundert und im 20. Jahrhundert wurde die durch theoretisches Wissen und durch empirisches Engagement geprägte Erfahrungsmedizin mit dem Aufstieg der modernen, zunehmend wissenschaftlicher agierenden Medizin in den Hintergrund gedrängt.

Die Medizin entwickelte sich schließlich zur praxisorientierten Erfahrungswissenschaft mit den modernen Aufgabenfeldern

  • Prävention (Vorbeugung) von Erkrankungen oder von deren Komplikationen

  • Kuration (Heilung) von heilbaren Erkrankungen

  • Palliation (Linderung) der Beschwerden in unheilbaren Situationen

  • Rehabilitation (Wiederherstellung) der körperlichen und geistigen Fähigkeiten der Patienten.

 

Pharmaziemuseum

Universität Basel

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Noch von der antiken „Viersäftelehre“ beeinflusst, bestanden die allgemein üblichen therapeutischen Maßnahmen der gelehrten Medizin des späten 18. und des 19. Jahrhunderts dem gegenüber vornehmlich

  • im Aderlass

  • der Eingabe von Brech- und Abführmitteln

  • sonstiger „Arzeneyen“.

Mit der auf antikem Wissen beruhenden Prämisse, dass die Grundlage menschlicher Gesundheit in der angemessenen Ernährung liegt, wurde bereits Ende des 5. Jahrhunderts ein überzeitlicher medizinischer Ratschlag erteilt.

Die Diätetik sollte die Lebensführung regeln.

Auch für den Solling volkskundlich überlieferte Gebräuche lassen im Zusammenhang mit der Verwendung von allerlei Kräutern in der einfachen Küche durchaus ernährungstherapeutische Komponenten im Hinblick auf die volksmedizinische Traditionen erkennen.

So gab es im östlichen Solling einmal einen Arzt, der Sauerkohl und Schweinefleisch „gut für‘s kalte Fieber“ gehalten habe.

Damit kurierte er einen Schmied so erfolgreich, dass er das gleiche Rezept immer häufiger angewandte, so auch bei einem Schneider.

Im Gegensatz zum Schmied verstarb aber der Schneider.

 

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[1] Blog-Artikel des Schweizerischen Nationalmuseums vom 13. November 2020 von Christophe Vuilleumier, Historiker und Vorstandsmitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte.