Brotbacken im Museumsbackofen

Klaus A.E. Weber

 

© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Frisches Brot auf traditionelle Weise gebacken

Jenseits heutiger Industrialisierung des Brotgewerbes wird in dem restaurierten und rekonstruierten Dorfbackofen des Museums im Backhaus des HISTORISCHEN MUSEUMS HELLENTAL wieder duftend frisches Brot gebacken - im Solling seit jeher mehr als ein bloßes Lebensmittel.

Traditionell, vornehmlich mit frisch gemahlenem Vollkornmehl aus der Getreidemühle gebackenes Brot enthält wichtige Nährstoffe und hochwertiges Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe sowie wertvolle, für die Verdauung und den Stoffwechsel wichtige pflanzliche Ballaststoffe.

Auf den wenigen Ackerflächen der Gemarkung Hellental wurde als Getreide vornehmlich Roggen angebaut.[3]

 

Beim Anheizen

© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Phasen traditionellen Brotbackens

im Holzbackofen mit herzoglich „vorbeschriebenen Maasse“

Nach der von Herzog Carl I. 1744 erlassenen Verordnung sollen „die neu anzulegende Back-Oefen nur ¾ Ellen in der Höhe halten“ (42,8 cm │ Baudokumentation: 35,0 cm).

„Der Boden soll von Barnsteinen 2 Steine hoch gemachet werden“ (Baudokumentation: doppel-lagige Herdplatte).

„Das Ofen-Loch soll eine Elle breit“ (57,07 cm │ Baudokumentation: 58,0 cm) „und 1½ Viertel hoch gemacht“ (21,4 cm │ Baudokumentation: 21,0 cm) „auch mit einer eisernen Thür verwahret werden“.

 

  • Aufheizen

In dem Herdgewölbe wurde über die Einschuböffnung direkt auf der leicht ansteigenden Backfläche aus trockenem Buchenholz ein knisterndes Feuer entfacht, das dann lodernd den Herdinnenraum nach hinten durchzog.

Die sich beim mehrstündigen Aufheizen entwickelnden Rauchgase wurden durch drei Schachtöffnungen über drei in ganzer Länge der Brennkammer aufliegende Rauchkanäle abgeführt.

Die mit eisernen Drosselschiebern versehenen Rauchabzüge - gleicher Länge und somit gleichem Zugverhaltens - erlaubten von der Stirnseite des Backofens her, die Luftzufuhr und Temperaturverteilung im Herdinnern manuell zu steuern.

Durch Öffnen und Schließen der Kanäle konnte die Flammenintensität und -richtung geregelt, die Anfangshitze auf die Seiten verteilt und die Luftzufuhr gefördert oder verringert werden.

So optimal reguliert, erwärmte die entstandene Hitze das Backgewölbe für den dann folgenden Backvorgang lange anhaltend und gleichmäßig.

 

Hartlaubholz Buche zur Ofenbefeuerung

In dem Gewölbe sind etwa 0,5 m³ getrocknetes Buchenholz lose aufgeschichtet [ca. 0,5 Raummeter], das entspricht ca. 85 l Heizöl oder ca. 85 m³ Erdgas.

Eigenschaften der Buche als Brennstoff:

  • klimafreundlich, da neutrale CO2-Bilanz

  • hoher Heizwert - entwickelt viel Glut, dadurch gleichmäßige, lang anhaltende Nutzwärme

  • preisgünstig verfügbar, da im Solling heimisch

 

  • Ausräumen

Nach dem Abbrennen des Buchenholzfeuers werden dessen Verbrennungsrückstände mit der Aschekratzer (Ascheausziehkrücke) aus dem Backofen gezogen.

Die Ofeninnenfläche wird mit einem Auskehrbesen ausgefegt und mit einer „Bäckerfahne" (langer Stiel mit befestigtem feuchten Lappen) feudelnd gereinigt.

 

  • Einschießen

Ist nach der hohen Anfangsbacktemperatur (ca. 320° C) eine Einschieß-Temperatur von ca. 280° C erreicht, werden auf der großen Grundplatte nach einer kurzen Abstehzeit gleichzeitig die vorbereiteten 50 - 60 Brotlaibe zu je 1,0 kg mit dem hölzernen Brotschieber „eingeschossen“.

Die hohe Anfangsbackhitze fällt über Stunden hinweg allmählich ab.

Durch die langsam abgegebene Speicherwärme der Ofensteine des Herdgewölbes wird das Backgut über etwa eine Stunde schonend und gut ausgebacken.

 

Beim Einschießen

© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber

 

  • Ausschießen

Ohne Nachzuheizen werden nach gelungenem Abschluss des Backvorgangs die in bester Qualität gebackenen Brote mit dem langstieligen Holzschieber „ausgeschossen“.

 

Als im 19. Jahrhundert und zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den Sollingdörfern noch selbst Brot gebacken wurde, pflegten die backenden Frauen zuhause drei Kreuze über dem Brotteig (Sauerteig) zu machen, um die Hexen von ihm fern zu halten.

Schnitt der alte Bauer Nickel aus Dinkelhausen ein Brot an, machte er stets zuerst drei Kreuze unter dem Brotlaib und sprach „In Gottes Namen“.[1]

 

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[1] nach SOHNREY: Die Sollinger. Berlin 1924, S. 267.

[2] nach FRANKE im TAH vom 14./15. Oktober 2017.

[3] HAUS BÜRGEL 2010, S. 74-75.