Telegraphenstation № 27

Klaus A.E. Weber

 

Telegraphenstation der Königlich Preußischen Optischen Telegraphielinie

Berlin-Coeln-Coblenz │ 1833-1849

 

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Nach Beendigung der mitteleuropäischen "Befreiungs-/Freiheitskriege" (1813-1815) wurden 1815 vom "Wiener Kongress" dem Königreich Preußen die Rheinprovinz sowie Westfalen zugesprochen.

Um in der Folge eine schnellere wie sicherere (codierte) politische und militärische Nachrichtenverbindung vom preußischen Kernland in die neuerworbenen Landesteile der Rheinprovinz technisch herzustellen, wurde ab 1832 nach Anordnung des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. (1770-1840) zwischen der Hauptstadt Berlin und Koblenz eine moderne optisch-mechanische Nachrichtenverbindung als militärische Einrichtung errichtet [9] - über

  • Potsdam

  • Magdeburg

  • das Königreich Hannover

  • das Herzogtum Braunschweig (Staatsvertrag)

  • das Paderborner Land

  • Köln.

 

"Auf dem Weg zum Handy" [8]

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war die optische Telegraphie die schnellste Technik, um Nachrichten über längere Strecken zu übermitteln.

Tagsüber und bei guter Fernsicht konnte seinerzeit mittels der frühen preußischen Kommunikationstechnologie eine verschlüsselte amtliche oder militärische Depesche innerhalb von nur ca. 90 Minuten von Berlin nach Koblenz - und umgekehrt - gesendet werden (rund zwei Minuten über 100 km).

Die 62 zwischen 5 und 24 km von einander entfernt liegenden Signalstationen der Königlich-Preußischen Optischen Telegrafenlinie - von der alten Sternwarte in Berlin bis zum Schloss Koblenz - wurde von 1833 bis 1849 betrieben, verteilt auf die Gesamtstrecke von rund 587 km.

Die aus Gebäuden und Türmen konstruierten Signalstationen besaßen einen Signalmast, der auf drei Stationen über ein Seilzug gesteuerte Flügelpaare aufwies, um verschlüsselt Zahlen, Buchstaben, Silben, Wörter oder ganze Sätze zu übermitteln.[9]

 

Fundamentplatte

optisch-mechanische

Telegrafenstation № 27

von 1833

Holzberg

Oktober 2014

© [hmh, Fotos: Klaus A.E. Weber

 

Spuren des preußischen Nachrichtenwesens

auf dem "ausländischen" Holzberg

1833 wurde auf der Bergkuppe des imposanten Holzbergs bei Linnenkamp/Heinade die optisch-mechanische Telegrafenstation № 27 der "Königlich Preußischen Optischen Telegraphielinie Berlin-Coeln-Coblenz" als eigens entwickelter Funktionsbau eingerichtet - um "in die Luft zu schreiben ..." [3].

Die aus Fachwerk errichtete Telegrafen-Station mit dazugehörigem Wohnhaus auf dem rund 400 m hohen Holzberg lag einst zwischen der 7,0 km entfernten Nachbarstation № 26 bei Mainzholzen auf dem Elfas und der 8,7 km entfernten Nachbarstation № 28 bei Warbsen-Bevern [5] auf dem Burgberg (technisches Kulturdenkmal mit erhaltenem Turmgebäude).

 

Koordinaten [10]

Gauß/Wittstein

  • Ordinate (m): - 20433,90 │ Abszisse (m) 36749,52

Gauß-Krüger-System

  • Rechts: 3544591 │ Hoch: 5747359

Geografische Koordinaten

  • Länge: 9° 38' 46'' │ Breite: 51° 51' 30''

 

Vergleichbar mit der Nachbarstation № 28 auf dem Burgberg [11] wurde der dreigeschossige Signalturm als Fachwerkbau erstellt, die Telegrafen-Station und das Wohngebäude aus Kalkstein erbaut und mit Solling-Buntsandsteinplatten gedeckt.

In dem Wohnhaus befanden sich Wohnungen für die zwei Telegrafisten mit ihren Familien aus dem "ausländischen" Preußen.

Die nachrichtentechnische Signalanlage wurde über Rollen und Seilzüge mit drei beweglichen Flügelpaaren und einem dekadischen Zahlensystem mit 4.095 Kombinationsmöglichkeiten betrieben.

Zudem bestanden auf dem Wachtzimmer zwei auf die benachbarten Telegrafen-Stationen ausgerichtete Fernrohre.

Das der preußischen Armee unterstellte Telegrafen-Dienstpersonal bestand aus zwei Beamten des Preußischen Telegraphen-Corps - aus einem Unter- und aus einem Obertelegrafisten.

Hierzu ist einer Zeitungsveröffentlichung zu entnehmen:[4]

"Obertelegrafist Carl Ludwig Ferdinand Kortenbeil war seit 1833 auf der Telegrafenstation Nr. 27 und diente zusammen mit Untertelegrafist Heinrich Ludwig Kirchbach auf dem Holzberg bei Linnenkamp.

Schon im Jahr 1834 traf Kortenbeil ein schwerer Schicksalsschlag.

Seine Ehefrau Louise verstarb im Kindbett, auch sein Sohn überlebte nur kurz.

Der Grabstein der Telegrafenfrau befindet sich an der linken Seite am Eingang zur Friedhofskapelle Linnenkamp."

 

Ehemaliges Forsthaus

auf dem Holzberg

© Archiv HGV-HHM

 

Die Veräußerung an die herzoglich-braunschweigische Kammerdirektion für Forsten und Jagd ist es zu verdanken, dass nach dem Ende der Betriebszeit der königlich-preußischen Telegrafen-Station kein Abbruch erfolgte.[11]

Die Anlage wurde als Revierförsterei genutzt und letztlich auch bewirtschaftet.

Das ehemalige Telegrafisten-Wohnhaus  ist noch um 1900 fotodokumentiert.[4]

Mit Nebengebäuden diente es als "Holzbergforsthaus" (Forstwarte), dessen letzter Forstwart Otto Stöhr war - der "Holzberggeist".[7]

1949 bestanden noch Reste einer ehemaligen Wetterwarte.[7]

Das alte Forstwarthaus, eine Zeit lang auch als Gaststätte genutzt, wurde 1966 abgerissen.

 

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[1] KNOLL/BODE 1891, S. 88 f.

[2] ANDERS 2004, S. 193 f.

[3] "In die Luft geschrieben ... - Die königlich-preußische optische Telegrafenlinie Berlin Koblenz 1833-1849": Titel der Ausstellung im Kulturzentrum Weserrenaissance Schloss Bevern vom 31. März - 01. Juni 2014. Hierzu auch: "Das ist die Krönung unserer Arbeit". Ausstellung "In die Luft geschrieben..." feierlich eröffnet. In: Täglicher Anzeiger Holzminden, Ausgabe 31. März 2014, S. 19.

[4] "Als Nachrichten noch über die Berge hüpften ... Ein Beitrag zur Ausstellung über die königlich-preußische Telegrafenlinie im Schloss Bevern von Reinhold Zabel". In: TAH vom 10. Mai 2014, S. 21.

[5] "Die ehemals Königlich Preußische Telegraphenstation auf dem Burgberg bei Bevern. Von Erich Sander aus Bevern -  Eine Gedenktafel für das Technische Kulturdenkmal." In: Schaufenster vom 18. Dezmber 1981, S. 13.

[6] "Auf dem Weg zum Handy": Vortragsveranstaltung des HGV-HHM mit Hartwig Drope, Interessengemeinschaft optische Telegrafie, am 05. November 2000 im Lönskrug.

[7] TAH vom 18. November 1949.

[8] "Auf dem Weg zum Handy": Vortragsveranstaltung mit Filmeinspielung des HGV-HHM mit Hartwig Drope, Interessengemeinschaft optische Telegrafie, am 05. November 2010 im Lönskrug.

[9] SCHMIDT 2020, S. 103-111.

[10] Angaben bei SCHMIDT 2020, S. 105.

[11] SCHMIDT 2020, S. 109.