Glasfunde aus dem Kloster

Klaus A.E. Weber

 

Hohlglas

 

1.1 Blaue Deckeldose [1]

Deckel- und Wandungsscherben

Zeitstellung: Mitte 18. bis Mitte 19. Jahrhundert

Herkunft: keine eindeutige regionale Zuweisung möglich

plump geformte Deckeldose (Abb. 3,8) mit opaker Emailbemalung über dunkel kobaltblauem Glas, sehr massive Wandung, starkwandiger Gefäßboden

wahrscheinlich zur Dose gehörender Deckel (Abb. 3,7) aus farblosem Glas mit aufgeschmolzenem blauem Faden, bekrönt mit dunkelblauem Knauf auf gestauchtem, klaren Sockel ruhend

separierter Knauf (Abb. 3,4) mit leicht gestauchtem Kugelgriff, Farbwechsel nach Kobaltblau

 

1.2 Rippenkanne [2]

als Kugelkanne mit gesponnenem Fuß rekonstruierbar (Kugelflasche bei GÖHMANN [9])

Zeitstellung: 18. Jahrhundert

Herkunft: süddeutsch/möglicherweise Tirol

in die Form geblasenes, kugeliges Gefäß aus azurblauem, korrodiertem Glas, Bauch durch vertikale Rippen gegliedert (Abb. 3,9), gesponnener Standfuß mit gezacktem oder gewelltem Abschluss

 

1.3 Plattflasche [3]

Zeitstellung: Mitte 18. Jahrhundert

Herkunft: möglicherweise Norddeutschland/Solling

wahrscheinlich in einer Form gefertigte kleine, weitgehend erhaltene, dickwandige Plattflasche (Abb. 3,1) aus farblosem Glas mit ovalem Querschnitt, optisch geblasenen Längsrippen und Standring

 

1.4 Sonstige Flaschen [4]

größter Anteil der Glasfunde mit einer braunen Flasche und 11 grüne, grün-olive/olivfarbene Flaschen

 

1.4.1 Zylinderflasche

Zeitstellung: 18. Jahrhundert

Herkunft: unbekannt

unbeschädigte, 30,8 cm hohe, eingebauchte Zylinderflasche (Abb. 4,12) aus gelblich-grünem Glas, mit einer Linksdrehung der Glasmacherpfeife aufgeweitet, Verstärkungsfaden unterhalb der Öffnung zur Befestigung des in der Mündung erhaltenen Korkstöpsels mit Schnüren

 

1.4.2 Flaschenhälse

Zeitstellung: unbekannt (Anfang bis Mitte 19. Jahrhundert?)

Herkunft: unbekannt

zwei mit der Eichmarke „3/4. T“ (Abb. 4,7) gekennzeichnete Flaschenhälse

 

1.4.3 Flaschenböden

Zeitstellung: unbekannt

Herkunft: unbekannt

stark hochgestochene Flaschenböden (Abb. 4,11)

 

1.4.4 Bierflasche, Einbecker Typ

Zeitstellung: Ende 19. Jahrhundert

Herkunft: unbekannt

dunkelgrünes Glas, mit Aufschrift „DOMEIER & BODEN BRAUEREI EINBECK“

 

1.5 Schulter-Glassiegel [5]

zwei dunkelgrüne Glassiegel auf der Schulter von Wasser-/Weinflaschen

 

1.5.1 Glassiegel „ D.MINERA“

Zeitstellung: 18. Jahrhundert / um 1800

Herkunft: Oberwesergebiet

bekröntes, gevierteiltes Wappenschild (Abb. 3,5) und Umschrift mit der Buchstabenfolge „D.MINERA“ (…)

 

1.5.2 Glassiegel „F.K“

Zeitstellung: 18. Jahrhundert

Herkunft: Oberwesergebiet

sehr sorgfältig ausgeführtes, mit Serifen versehenes (Messing-Glasstempel) Glassiegel mit den Großbuchstaben „F.K“ (Abb. 3,6), Monogrammstempel wahrscheinlich mit Initialen des Hüttenmeisters

Als einziger Glasmacher, auf den die Initialen an Hand der Literatur zutreffen würden, konnte ein Mitglied der Gläsnerfamilie Kunkel ermittelt werden, das von einer ungenannten Wanderglashütte auf die zwischen 1717 und 1744 produzierende Grünglashütte an der Steinbeke im Hellenbachtal/Solling übersiedelte (BLOSS 1977, 116).“

Dem hingegen erbrachten die detaillierten genealogischen Untersuchungen zur Glashütte Steinbeke keinen eindeutigen Nachweis für einen Hüttenmeister F. Kunkel auf dieser neuzeitlichen Glashütte im Solling.

 

1.6 Becher [6]

Zeitstellung: Ende 18. Jahrhundert/Beginn 19. Jahrhundert

Herkunft: unbekannt

singuläre Bodenscherbe eines Gefäßtyps „Becher“ (Abb. 4,9) aus farblosem Glas mit leichtem Grünstich, längsoptisch gemusterte Wandung

 

1.7 Stangengläser [6]

Varianten der hohen zylindrischen Becherformen (Abb. 4,1-3), blassgrünes Glas, achtkantige und runde Scherben

Zeitstellung: 16.-18. Jahrhundert

Herkunft: regionale Herstellung

 

1.7.1 Achtkantiges Stangenglas

drei Fragmente von acht Seitenflächen eines schräg-optisch geblasenen Gebrauchsglases, umfasst von zwei dicht beieinanderliegenden, in der Stärke variierenden Fäden, der untere ist gekerbt

 

1.7.2 Siebenkantiges (?) Stangenglas

ungewöhnliches, schräg-optisch geblasenes Gebrauchsglas (Abb. 4,2), vollständig erhaltene Seitenflächen mit breit umlaufendem, deutlich gekerbtem Band

 

1.7.3 Passglas

zylindrisches, längsoptisch gemustertes Passglas in Eisglastechnik (Abb. 4,3) mit großem Durchmesser, Pässe mit aus feinen Glasfäden

 

1.8 Trinkgläser [7]

 

1.8.1 Fußschale oder Fußbecher (?)

Zeitstellung: 2. Hälfte 18. Jahrhundert

Herkunft: norddeutsch

Lippenfragment mit aufgeschmolzenem kobaltblauem Faden (Abb. 4,5)

 

1.8.2 Kelchglas

Zeitstellung: 2. Hälfte 18. Jahrhundert (ab 1770/1780)

Herkunft: norddeutsch (auch Solling)

wuchtiges Unterteil mit Kranz aus acht eingestochenen senkrechten Luftblasen (Abb. 4,10), umgeschlagene, aufgewölbte Fußscheibe, Ansatz der trichterförmigen Kuppa

 

1.8.3 Kelchglas/Schnapsglas (?)

Zeitstellung: 19. Jahrhundert (?)

Herkunft: unbekannt

Wandungsscherbe (Abb. 4,8) eines Kelchglases mit gerader, konischer Kuppa oder Schnapsglas mit konischer Kuppa

 

1.9 Glasschale [7]

Zeitstellung: 19. Jahrhundert

Herkunft: unbekannt

zahlreiche Randscherben von Schalen aus Waldglas, Rekonstruktion eines zusammengesetzten, durch Ausschwenken geweiteten Gefäßes (Abb. 4,6), mit der Wandung verschmolzener Hohlwulst im Mündungsbereich

 

Flachglas

Zeitstellung: grüne Originalverglasung des Rektor- und Kantorhauses (vor 1725) - danach bei Umbauten Ersatz durch farblose Scheiben

Herkunft: vermutlich aus der Umgebung des Klosters, Verarbeitung vor Ort

 

2.1 Gotisches Fensterglas [8]

Zeitstellung: 1330/1340

„verirrtes“ hellgrünes Scheibenfragment eines gotischen Fensterglases mit Resten von dunkelbraun verfärbter Schwarzlotmalerei, Motiv zwar nicht erkennbar, aber schraffierte Teilflächen einer wahrscheinlich nicht figürlichen Abbildung

 

2.2 Scheibenfragmente

Nachweis von mehr als 3 kg kleinteilig zerschlagenen Fensterscheiben aus grünlichem Waldglas

Bruchstücke mit erhaltenen Ecken, untereinander verbunden mit Bleiruten aus Blech, im Rahmen fixiert mittels Fensterkitt

Scheibenfragment mit angerissener Absprenglinie und feiner intentionellen Durchlochung

 

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[1] LEHMANN 1996, S. 180-181.

[2] LEHMANN 1996, S. 181-183.

[3] LEHMANN 1996, S. 183.

[4] LEHMANN 1996, S. 184.

[5] LEHMANN 1996, S. 184-186.

[6] LEHMANN 1996, S. 186.

[7] LEHMANN 1996, S. 187.

[8] LEHMANN 1996, S. 187-188.

[9] GÖHMANN 1994, S. 43-49.11