Glas der Spätantike und des Frühen Mittelalters

Klaus A.E. Weber

 

Nach dem Zerfall des Römischen Imperiums übernahmen Germanen in der Spätantike die Technik der Glasherstellung von den römischen Glasmachern.

Dabei veränderten sie etwa 400-700 n. Chr. weitreichend den Stil ihrer Glaserzeugnisse nach eigenem Formverständnis, Dämonenglauben und Trinkverhalten (Fränkisches Glasgeschirr).

Bei der Hafenforschung an frühmittelalterlichen „Gewerbewurten“ und „Geestrandburgen“ an der deutschen Nordseeküste konnten frühmittelalterliche Glasfunde in Form zahlreicher, unterschiedlich großer und verschiedenfarbiger Glasperlen und Fragmenten von Hohlglasgefäßen vom Fundplatz Kamp-Seeburg in Cuxhaven, Ortsteil Altenwalde (Wallanlage) geborgen werden.[1]

 

Frühmittelalterliche

Schale mit Schnalle

Gold

7.-9. Jahrhundert n. Chr.

2. Hälfte 8. Jahrhundert n. Chr.?

Kunsthistorisches Museum

Wien

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Germanischer (wandalischer) Halsring

Schmuckstück

um 300 n. Chr.

massives Gold

grüner Glasknopf

Kunsthistorisches Museum

Wien

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Prunkfibeln

Völkerwanderungszeit

ostgermanisch

Anfang 5. Jahrhundert n. Chr.

Silber

mit Goldblech überzogen

Steineinlagen

Glas, Email

Kunsthistorisches Museum

Wien

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Fenstergefäße

Römische Kaiserzeit und Völkerwanderungszeit

MOHNIKE [4] berichtet über vier lokal gefertigte keramische Urnen mit dekorativen Öffnungen in der Wandung und eingesetzten grünen Glasscherben aus einem Brandgräberfeld des 3. – 6. Jahrhunderts bei Uelzen-Veerßen (Römische Kaiserzeit und Völkerwanderungszeit).

Die meist formschönen und verzierten Tongefäße werden als „Fenstergefäße“ beschrieben: „Die in den Boden oder die Wandung der handgemachten Gefäße eingesetzten Glasscherben stellen jedoch Überbleibsel römischer, in jüngeren Kontexten fränkischer Glasgefäße dar.“[4]

 

Gräberfelduntersuchung von EBERTH [2]

Frühmittelalterliche Glasperlen

Im südwestdeutschen Lauchheim ‚Wasserfurche‘ konnten in einem frühmittelalterlichen Gräberfeld 1308 Gräber mit einer Belegungszeit von etwa 200 Jahren ausgegraben werden, wovon 434 Gräber (33,2 %) perlenführend waren – mit einer Perlengesamtmenge von 22.155 Perlen.

Bei 90 % der Perlen war das Hauptmaterial Glas mit Variationen,

  • nach der Lichtdurchlässigkeit im Wesentlichen aus drei Grundkörpern bestehend: transluzid, semitransluzid und opak,

  • nach der Herstellungstechnik unterteilt in gedreht, gezogen, individuell, überzogen, teils mit komplexen Verzierungen wie Millefiori, Mosaik und Reticella (Kompositperlen).

Vielfältige Trageweisen und Verwendung von Perlen nach EBERTH [3]

  • Halskette

  • Halskette / Pektoral

  • Halskette / Gürtel

  • Halskette / Gürtelgehänge

  • Halskette / Pektoral / Gürtel / Gürtelgehänge

  • Halskette / Pektoral / Armband

  • Pektoral

  • Pektoral / Gürtelgehänge

  • Gürtelgehänge

  • Gürtelgehänge / Armband

 

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[1] JÖNS 2021, Abb. 3.

[2] EBERTH 2022, S. 179-180.

[3] EBERTH 2022, S. 183 Abb. 3.

[4] MOHNIKE 2023, S. 71-73.