Fundkomplex aus der Kantorei

Klaus A.E. Weber

 

Klausur-Bereich 1729

Ausschnitt

„Ichnographia Specialis

des Klosters Amelunx-Born“ [5]

F: „Neue Rector- und Cantor Hauß“

(„Kantorey“)

 

Im inneren Klosterbezirk möglicherweise an der Stelle eines gotischen Vorgängerbaus errichtet, wird ein 354 m² großes, südöstlich der Klosterkirche gelegenes Doppelhaus als „Kantorey“ bezeichnet, in der sich auch seit 1569 die alte Klosterschule mit Internat und Wohnung des Rektors befand.[1]

 

Südliche, unverputzte Längswand der „Kantorey“

September 2022

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Nach GÖHMANN [2] wurde das barocke „Neue Rector- und Cantor Hauß“ im ausgehenden 17. bis beginnenden 18. Jahrhundert von Grund auf neu errichtet; erstmals 1729 abgebildet auf der „Ichnographia Specialis des Klosters Amelunx-Born“ von Joh. Arnold Hallensen, Scient. et Jur. Pract. Anno 1729.

Eine Restaurierung und Sanierung des ehemaligen Wohn- und Unterrichtsgebäudes von Rektor und Kantor erfolgte von Herbst 1991 bis Herbst 1992, wobei bei der Freilegung des Fundamentes ein nicht unbedeutender baugeschichtlicher Fund zur Nutzungsgeschichte zutage trat:

  • schlichte Arkadenstütze aus der ersten Bauphase der romanischen Abtei in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts: Buntsandsteinbruchstück mit planer, eckiger Deckplatte (Abakus), Zwillingshalbsäulen mit doppelreihigem Blattkapitell und Schaftring (Säule-Steg-Säule-Anordnung) – nicht geborgene Gewölbestütze bzw. Portalmittelpfeiler im Kreuzgangbereich [3]

In der Mitte der südlichen Längswand der „Kantorey“ konnte bereits im Sommer 1991 bei der Inaugenscheinnahme eines freigelegten, etwa 2,4 m hohen Mauerschachtes ein Fundkomplex geborgen werden, der über eineinhalb Jahrhunderte streute.

Neben organischem Abfallmaterial, umfasste der archäologische Fundkomplex bei großer Qualitäts- und Altersstreuung (17.-20. Jahrhundert) eine große Anzahl nachreformatorischer Keramikscherben, Hohl- und Flachglasfragmenten und Porzellanfragmenten, zudem Eisenobjekte (u. a. ein kleines Bügeleisen, handgeschmiedete Nägel), lederne Schuhe und Billigsteingutteller.[4]

Bei anderen baulichen Eingriffen traten u. a. zahlreiche Keramikscherben und eine Ofenkachel zu tage.

 

Verlauf des Mauerschachtes

in der Südwand des Kantorhauses [6]

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Fundstelle „Neues Rector- und Cantor Hauß

 

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[1] GÖHMANN 1994, S. 33-35.

[2] GÖHMANN 1994, S. 38.

[3] GÖHMANN 1994, S. 36-39.

[4] GÖHMANN 1994, S. 41-42.

[5] NLA WO, K 141.

[6] vergl. LEHMANN 1996, S. 180 Abb. 2.