Geologische Grabenstruktur

Klaus A.E. Weber

 

Erdgeschichte

vor 1,8 Mio. Jahren

65 Mio. Jahren

145 Mio. Jahren

205 Mio. Jahren

250 Mio. Jahren

295 Mio. Jahren

355 Mio. Jahren

 

Im Solling stehen wir unter Druck

Der Solling [6][7] wird in der ersten Hälfte der 1930er Jahre in seiner physischen Beschaffenheit als „ein geologisches Gewölbe präoligozänen Alters mit immer jüngeren Buntsandsteinschichten nach den Flanken zu, ein Senkungsgebiet, in Bezug auf das Einbeck-Markoldendorfer Becken und den Leinetalgraben jedoch ein Hebungsgebiet“ beschrieben, durchsetzt mit zahlreichen „Tertiäreinbrüchen“.[3]

Nach einer Beschreibung von 1984 durch ROHDE ist das flache, eiförmige Oberweser- oder Solling-Gewölbe "eine 50 x 60 km große Scholle der Mittelgebirgsschwelle, die während der saxonischen Bruchschollenbildung zwischen die auseinanderweichenden Blöcke der rheinischen Masse im Westen und der herzynisch-böhmischen Masse im Osten eingesunken ist.

An den Schollenrändern entstanden dabei vor allem rheinisch (Nord-Süd) gerichtete Grabenbrüche wie der Eggegraben  im Westen und der Leinegraben im Osten, in denen Vertikalverschiebungen mit Sprunghöhen über 600 m aufreten."

 

Erdfälle

im Hellental

Februar 2021

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Der Landkreis Holzminden liegt als grundwasserarmes Festgesteinsgebiet innerhalb des südniedersächsischen Hügel- und Berglandes, naturräumlich im Weser-Leinebergland.

Die in große Schollen zerlegte Buntsandsteinfolge des mittelgebirgigen Solling-Gewölbes als ovale Kuppel bestimmt das südliche Kreisgebiet landschaftlich und hydrologisch, einschließlich der zentral gelegenen, großen Grabenstrukturen.

Bei der Entstehung der Landschaft spielten verschiedenartige endogene wie exogene Vorgänge eine entscheidende Rolle.[4]

Die heutige Landschaftsstruktur prägend war eine recht wechselvolle Erdgeschichte während des

mit der Untergliederung der Trias in

  • Keuper
  • Muschelkalk
  • Buntsandstein.

Anzutreffende Rohstoffe [1]:

  • Braunkohle

  • Sand

  • Kies

  • Ton

  • Erze (Eisenerz)

  • Sandstein

  • Kalkstein

  • Basalt

  • Grundwasser

 

Blick aufeinen

Teil der Amtsberge

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Der quellreiche "Hellentaler Graben"

Scheitelgraben in der Buntsandstein-Landschaft des Sollings - von landesweiter Bedeutung

Wie der Naturpark Solling-Vogler ausführt, kann hierbei - geologisch betrachtet - das Hellental als "ein absolutes Highlight im Naturpark Solling-Vogler" bezeichnet werden.

Der jungtertiäre Einbruchsgraben ist der nordöstliche Ausläufer des tiefen bis Linnenkamp/Emmerborn reichenden, langgestreckten Meinbrexen-Neuhaus-Merxhausen-Grabenssystems - auch: Derental-Neuhaus-Silberborn-Hellentaler Graben , ein schmaler Grabenverlauf innerhalb der breit gespannten und nach allen Seiten abgeflachten Sollingkuppel aus Buntsandstein (Roter Wesersandstein).

Die vom Wasser ausgeräumte Grabensenke im Waldbergland des Sollings charakterisiert das Hellental.

Dessen an Quellen reiche geologische Grabenstruktur bildet eine natürliche Grenzscheide im nördlichen Sollingmassiv.

Der „Hellentaler Graben“ verläuft gut 6 km fast geradlinig in südwestlich-nordöstlicher Richtung.

Es ist eine etwa 300-600 m breite und etwa 100 m tiefe, landschaftlich eindrucksvolle Grabenstruktur - eine jungtertiäre geotektonische Besonderheit als Gebirgsstörung im zentralen Solling.

Naturräumlich wird der „Hellentaler Graben“ - das Hellental - von den höchsten Erhebungen der gewölbeartig aufgebauten Gebirgsstruktur ("flache Buckel") des Sollings flankiert

  • Große Blöße (528 m über NN)

  • Großer Ahrensberg (526 m über NN)

  • Dasseler Mittelberg (516 m über NN)

  • Vogelherd (509 m über NN).

Das südwestliche, „obere Hellental“ weist eine Höhenlage von etwa 520 m auf, das nordöstliche, „untere Hellental“ liegt etwa 100 m tiefer.

Die etwa parallel verlaufenden, teilweise steilen Talhänge können in vier Abschnitte unterteilt werden, die auch unterschiedliche geologische, kleinklimatische wie vegetationskundliche Aspekte aufweisen:

  • Südost-Hang

  • Südwest-Hang

  • Nordost-Hang

  • Nordwest-Hang.

 

Alte Beschreibung

LESSMANN 1984 [2]

 

Das tief in die aus Buntsandstein hoch aufgewölbte Sollingsedimenttafel versenkte Hellental ist ein besonderes regionales Zeugnis geologischer Entwicklungen im Erdmittelalter.

Es verdankt seine Entstehung einem tektonischen Geschehen im Festgesteinsgebiet des ehemals etwa 2.000 m mächtigen Solling-Buntsandsteingewölbes (Mittlerer Buntsandstein - 250,6 Ma).

Durch Anhebung des mit Muschelkalk überlagerten Solling-Sandsteingewölbes entstand ein tertiärer Scheitelbruch, eine langgestreckte tektonische Einbruchszone des Muschelkalkes, der den Graben ausfüllt.

Der zuvor das Buntsandsteingewölbe flächenhaft überlagernde Untere Muschelkalk blieb dabei als Grabenfüllung teilweise erhalten.

In der gradlinig querenden Grabensenke des Hellentals liegen in den flach gelagerten Buntsandsteinschichten jüngere Gesteinsschichten wie Muschelkalk und Tertiär.

Eng benachbart sind unterschiedliche geomorphologische Formationen und Landschaftsteile anzutreffen:

  • Mittlerer Buntsandstein (Solling-Folge)

  • Unterer Muschelkalk

  • Abschlämmmassen- und Hangschuttfeinsand eiszeitlicher Fließerde.

 

Durch tektonische

Veränderungen

schräg gestellte

Muschelkalkschichten

© [hmh, Fotos: Klaus A.E. Weber

 

Bachschwinden ("Schlucklöscher") und Erdfälle (Einsturztrichter) weisen auf die verkarstungsfähigen Muschelkalk-Schichten im Untergrund des entlegenen Sollingtales hin und zeichnen somit das Hellental als typisches Karstgebiet aus.

Einige wenige der ehemals zahlreichen Erdfälle sind noch heute an den Berghängen und im Talgrund des Hellentals auszumachen.

Sie lassen sich auf unterirdische Auswaschungen im Muschelkalk und des oberen Buntsandsteins zurückführen.

 

Bachschwinde

"Schluckloch"

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Der meiste Niederschlag versickert im Buntsandstein.

Wegen dessen starken Zerklüftung wird die Wasserdurchlässigkeit noch erhöht, wobei die Sandsteinklüftungen für die unterirdische Wasserzirkulation bzw. Grundwasserhorizonte (Aquifere) besonders bedeutsam sind, insbesondere auch für die Wasserführung in den tieferen Sollingtälern, wie im Hellental.

Das von der Niederschlagsmenge relativ unabhängige Grundwasser spielt dabei gegenüber dem Oberflächenwasser die bedeutendere Rolle im Wasserhaushalt.

Das landschaftsprägende, kleine Fließgewässer des heute von hohen Waldhängen natürlich umsäumten Hellentals ist die naturraumtypische Helle, die schwach mäandrierend das Muldental rasch von Südwest nach Nordost durchfließt, teils oberirdisch im mit Sumpfdotterblumen oder Auwäldchen umsäumten Bachbett, teils über Bachschwinden unsichtbar in einem unterirdischen Karstwasserleiter.

Über Jahrtausende währende Auswaschungen führten im Untergrund der Talsohle des Hellentals zu Bachschwinden ("Schlucklöscher" als Karsterscheinung), in denen das Wasser des Helle-Baches unvermittelt versickert, um talabwärts wieder an die Taloberfläche zu treten.

Die Talhänge bestehen aus Mittlerem Buntsandstein, der durchflossene Bruchgraben aus pleistozänem Hangschutt (steiniges Ton-Schluff-Feinsandgemenge).

Im Spätherbst bei starken Regenfällen und im frühen Frühjahr, nach Einsetzen der Schneeschmelze, kommt es rasch zu Hochwasser, wobei sich die Helle über die angrenzenden Wiesenflächen ausbreitet und gelegentlich neue seitliche Bachverläufe hervortreten.

 

Literatur

LEPPER, JOCHEN: Geologisch-erdgeschichtlicher Abriß der Umgebung von Holzminden. Jahrbuch Landkreis Holzminden. Bd. 3 1985, S. 3-7.

LEPPER, JOCHEN: Geologische Wanderkarte Mittleres Weserbergland mit Naturpark Solling-Vogler. 1:100.000. Hannover 1990.

LEPPER, JOCHEN: Beiheft zur Geologischen Wanderkarte. Beih. Ber. naturhist. Ges. Hannover 10. Hannover 1991.

LEPPER, JOCHEN: Baulandschaft und Bausteine der Weserromanik und Weserrenaissance. Jber. Mitt. oberrhein. geol. Ver., N.F. 95, 289-319, 17 Abb., 3 Tab. Stuttgart 2013.

RÖSEMEIER,BENEDIKT: Hydrogeologische Untersuchung des Hellentals und seiner Grabenstruktur. Masterarbeit Studiengang Geowissenschaften (M. Sc.). Leibnitz Universität Hannover. Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie. Geozentrum Hannover. 13.11.2018.

 

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[1] STREICH 1996, S. 7-8.

[2] LESSMANN 1984, S. 2-3.

[3] REDDERSEN 1934, S. 4.

[4] ROHDE 1984, S. 4-11.

[5] RÖSEMEIER 2018, S. 4.

[6] TACKE 1943 S. 10-16.

[7] KÜNTZEL 2010, S. 19-20.