Carl Sievers = Karl Siebers (1894-1961)
Klaus A.E. Weber
Der Waldarbeitersohn und Anbauer Carl Julius August Sievers - später gem. militärischer Vorgabe: Karl Julius August Siebers - wurde am 18. August 1894 in Hellental geboren, wo er am 03. Mai 1961 verstarb.
Wanderjahre 1912-1914 - Fleischergeselle
Der Sohn des Hellentaler Waldarbeiters Carl Heinrich Daniel Sievers (1866-1947 - Ass.-№ 49), Carl Julius August Sievers (1894-1961), konnte vom 01. September 1909 bis zum 01. September 1912 als Fleischerlehrling bei dem Fleischermeister Willy Köke in Holzminden seine dreijährige Ausbildung durchlaufen mit Erhalt des Gesellen-Briefes.
Vom 01. Oktober 1912 bis zum 02. Dezember 1914 absolvierte Carl Sievers als Fleischergeselle pflichtgemäß seine "Wanderjahre" bei fünf Fleischermeistern in Holzminden und Einbeck - wie sein Verbands-Wanderbuch des Deutschen Fleischerei-Verbandes № 149 ausweist.
Verbands-Wanderbuch
Deutscher Fleischerei-Verband № 149
Fleischergeselle Carl Sievers
1912-1914
© Historisches Museum Hellental, Fotos: Klaus A.E. Weber
Einsatz im Ersten Weltkrieg
Entsprechend der „Jahresklasse 1914“ folgte sein folgenschwerer Einsatz im Ersten Weltkrieg als Füsilier.
Gerade erst 20 Jahre alt, wurde Carl Sievers am 03. Dezember 1914 als Ersatzrekrut zum Militärdienst - Truppenteil: Ersatzbataillon Abt. 2 des Infanterieregimentes 77 Celle - einberufen wurde.[1]
Bereits sieben Monate später erlitt der junge, eher kleinwüchsige Rekrut am 13. Juni 1915 im Stahlgewitter an der so genannten Ostfront in Russland durch eine Granatenexplosion im Schützengraben eine schwere Handgranatenverletzung an beiden Augen und an der rechten Hand.
Dabei fehlte durch die Zerstörung des Glaskörpers (Corpus vitreum) im Augeninneren das linke Auge und das rechte Auge war völlig erblindet.
Daraufhin musste er wochenlang stationär in einem Feldlazarett behandelt werden.
Wie erzählt wurde, sei eine russische Handgranate bei ihrem Aufschlag auf dem angelegten Gewehrkolben des Rekruten explodiert, habe seine rechte Hand zerfetzt und zu den zuvor genannten schweren Augenverletzungen geführt.
Die beiden benachbarten Kriegskameraden seien ebenfalls schwerstverletzt worden, u. a. auch mit erheblichen Gesichtsverletzungen.
Über ein Jahr, vom 21. Juni 1915 bis 15. September 1916, musste Carl Sievers in der Augenklinik von Halle/Saale stationär behandelt werden.
Wenige Tage danach, am 20. September, wurde er 22jährig als „kriegsuntaugbar mit Versorgung“ aus dem kaiserlichen Kriegsdienst nach Hellental entlassen.
Bescheid der Versorgungsabteilung
X. Armeekorps
Stellvertretendes General-Kommando
Hannover vom 31. Juli 1917
© Historisches Museum Hellental
Karl Siebers - Zwar überlebt, aber schweres Schicksal als „Kriegsblinder“
Am 31. Juli 1917 wurde der ehemalige Ersatzrekrut Carl Sievers - nunmehr militärisch offiziell als Karl Siebers geführt - nach seiner Antragstellung vom 21. November 1916 von der Versorgungsabteilung des X. Armeekorps des Stellvertretenden General-Kommandos in Hannover aufgrund seiner "erlittenen Kriegs-Dienstbeschädigung" als 100 % erwerbsunfähig und "dreifach verstümmelt" eingestuft, woraufhin er ab dem 01. Januar 1916 eine monatliche Rente in Höhe von 141,- Mark als Schwerkriegsbeschädigter erhielt.[1]
Der erblindete Anbauer
Carl Julius August Sievers (1894-1961)
mit seinem Vater, dem Waldarbeiter
Carl Heinrich Daniel Sievers (1866-1947)
© Historisches Museum Hellental
Trotz seines harten Schicksals einer Behinderung durch die beidseitige Erblindung zu Beginn des Ersten Weltkrieges, war Karl Siebers in der Folgezeit gemeinsam mit seinem Vater Heinrich in dem Sollingdorf Hellental aktiv landwirtschaftlich tätig, soweit es ihm seine verstümmelnde Kriegsverletzung der rechten Hand und die völlige Blindheit zuließen.
Dabei war Karl Siebers einerseits oftmals auf Freunde im Dorf angewiesen, wie beispielsweise auf die mit ihm befreundete Familie Seitz.
Andererseits ging der blinde Karl Siebers, unterstützt von einem Blindenführhund, täglich alleine mit einer Kuh oder manchmal auch mit einem Rind von seinem Wohnhaus (Ass.-№ 49) zur nahe gelegenen Weide und fing des Abends das weitende Tier wieder ein.
Der landwirtschaftlich aktive Karl Siebers
mit seinem Blindenführhund "Luchs" │ um 1954
© Historisches Museum Hellental
Gerne und oft spielte Karl Siebers zuhause oder im Freundeskreis auf seiner Zitter.
Wie erzählt wird, habe Karl Siebers auf Grund seiner Mehrfachbehinderung vergünstigend später als erster im Dorf über einen „Volksempfänger“ (Rundfunkgerät) verfügt.
Erst sehr spät, am 10. Oktober 1931, heiratete der nunmehr 39jährige Karl Siebers in Altendorf bei Holzminden die gleichaltrige Johanne Hermine Minna Kiene aus Altendorf.
Sie soll der, offenbar auch vermittelten Hochzeit „aus Mitleid“ eingewilligt haben.
Aus der Ehe ging bald eine Tochter hervor: Marie Hedwig Hannelore Siebers (1932-2022).
∎ Gläserne Kriegsspur 1915│1933
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[1] Aus den persönliche Unterlagen von Karl Siebers (Militärpass, Bescheinigungen etc.), Privatsammlung von Hannelore Schulz, Hellental.