Christian Heinrich Behm(e) (1662-1740)

Klaus A.E. Weber

 

Etappen des Weges - Vitae et sacerdotii fragmenta

lutherischer Theologe/Pfarrer Christian Heinrich Behm - auch Heinrich Christian Behm [28] / Christianus Henricus Behm / Christian He(i)nrich Behm / Behm, C. H. / Christian Behm ⦋24⦌[31]

  • 03. Dezember 1662 Geburt / Taufe in Bodenwerder

  • 1682 Immatrikulation Universität Helmstedt (19 Jahre alt)

  • 1685 Studium an der Universität Rinteln

  • 1687 Vorlesungen an der Universität Rinteln

  • 1689 Pagen- und Prinzenerzieher in Wolfenbüttel

  • 1693 Pastor zu St. Johannis in Wolfenbüttel

  • 1695 Eheschließung I mit Johanna Dorothea Behrens in Wolfenbüttel (32 Jahre alt)
  • 1696 Prinzenerzieher am herzoglichen Hof in Wolfenbüttel (34 Jahre alt)

  • 20. August 1702 General-Superintendant zu Gandersheim (39 Jahre alt) - Kanoniker des reichsunmittelbaren Kanonissenstiftes Gandersheim der Diözese Hildesheim [29][30]

  • 09./13. September 1702 Belehnung mit Kanonikat, Vikarie St. Bartholomäi und Hofkapelle St. Michaelis

  • 02. Januar 1709 Capitel zu Gandersheim

  • 1709 Eheschließung II mit Margaretha Hedwig Löber (47 Jahre alt)
  • 1711 Berufung zum General-Superintendant des Weserdistrikts und zum Abt von Amelungsborn (49 Jahre alt)

  • 1717 Umgestaltung der Amelungsborner Klosterkiche St. Marien (55 Jahre alt)

  • 1740 Ableben in Holzminden (77 Jahre alt)

 

Schwiegervater von Jobst Henrich Gundelach

Baufreudiger Prälat des Klosters Amelungsborn und Förderer der Klosterschule

Christian Heinrich Behm war im Zeitraum 1712-1740 der 11. evangelische Abt des Klosters Amelungsborn seit der Reformation.

Das Jahr 1717 war just jenes Jahr, in dem Christian Heinrich Behm - der spätere Schwiegervater des Glashüttenmeisters Jobst Henrich Gundelach - als bauaktiver Abt des Zisterzienserklosters Amelungsborn eine größere Umgestaltung der alten Klosterkirche St. Marien veranlasste.[14]

Der stark verwitterte, 13-zeilige Inschriftenstein (Buntsandstein), eingelassen in der Westfassade der Klosterkirche weist aus, dass 1717 Abt Behm diesen Giebel neu von Grund auf errichtet und denselben inwendig erneuert hat.

Bei der Sanierung und Umgestaltung des romanischen Langhauses sowie des Kreuzganges, der Erneuerung der Westfassade der Kirche wurde auch das romanische Mittelschiff eingewölbt.

Vieles deutet darauf hin, dass "Herr" Jobst Henrich Gundelach [15] seine Glashütte als erfahrener Hüttenmeister und Kaufmann („Hüttenmanager“) in hoch geachteter sozialer Stellung führte und dabei unternehmerische Kontakte nach der sollingnahen „Ackerbürgerstadt“ Holzminden [16] an der Weser pflegte.

So heiratete er 42-jährig am 07. Februar 1719 in der evangelischen Kirche der Kleinstadt die 22-jährige Elisabeth Juliana Sophia Behm [* 23. Juli 1696 - † um 1755/56] [17], älteste Tochter aus der ersten Ehe von Christian Heinrich Behm [1662-1740], verheiratet mit Johanna Dorothea Behrens [1676-1708].

HEUTGER [25] weist 1968 auf den erhaltenen Grabstein von Margarete Hedwig Behm hin, der Gemahlin in zweiter Ehe von Christian Heinrich Behm, die 1729 ihrem 67-jährigen Gatten fünf unmündige Kinder hinterlassen habe.

Heinrich Christian Behm zählte in jener Zeit zu den bemerkenswerten Persönlichkeiten von Holzminden.[18][23]

Als "Pastor primarius" (Primariatspfarrer/Prediger an der Holzmindener Stadtkirche) avancierte "Ihre Hochwürden Herr" Christian Heinrich Behm 1711 zum General-Superintendenten des Wolfenbütteler Weser-Distrikts und damit zugleich auch zum 43. fürstlich-braunschweigischen Abt des Klosters Amelungsborn.

Bemerkenswert ist, dass von Abt Behm kurz nach ihrem Erscheinen 1713 die zweibändige großformatige Erstausgabe des Werkes des Aufklärers Christian Wolf (1679-1754) "Elementa matheseos universae" für die Klosterschule Amelungsborn angeschafft und für Unterrichtszwecke eingesetzt wurde.[12]

1732 wurde er zum braunschweigisch-lüneburgischen Konsistorialrat ernannt.[19]

Vermutlich für betriebswirtschaftliche Zwecke stellte Abt Behm um 1721 seinem Schwiegersohn, dem "Glasermeister im Sölling", ein beachtlich großes klösterliches Darlehen [20] von 1.000 Talern zur Verfügung.[21]

1740 in Holzminden verstorben, wurde der Holzmindener Pfarrherr und "Herr Abt und Consistorial Rath Behm" in der Kirche des "Closters Amelunxborn" beigesetzt.[22]

Ein spätbarockes Ölgemälde zeigt ein zeitgenössisches Bildnis des Abtes Christian Heinrich Behm.[1]

Als Abt förderte Behm gezielt und entschieden die Klosterschule und ihe Bibliothek durch Buchanschaffungen, deren Käufe er zwischen 1725 und 1735 kennzeichnete mit seinem Anschaffungseintrag: "... comparatus cura abbatis Christiani Henrici" ("... erworen durch den Abt Christian Heinrich (Behm)).[26]

 

Christian Heinrich Behm (1662-1740)

Am 03. Dezember 1662 als Kind armer Leute in Bodenwerder im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel geboren [3], wurde Christian Heinrich Behm später ein Nachkomme des Helmstedter Theologieprofessors Lorenz Scheurl (1558-1613).

Im 77. Lebensjahr verstarb Christian Heinrich Behm in Holzminden am 16. Januar 1740 als General-Superintendent des braunschweigischen Weserdistriktes und als 43. Abt des Zisterzienserklosters Amelungsborn.[8][9]

Christian Heinrich Behm wurde als der letzte Abt von Amelungsborn in der Klosterkirche St. Marien beigesetzt.

Hierzu wurde vom damaligen Amelungsborner Klosterpfarrer Georg Johann Erich Herweg (Pastor 1749-1753) in seinem vermutlich zwischen 1750 und 1753 verfassten "Haupt Buch" - Beschreibung der Klosterkirche und deren Ausstattung - dokumentiert:

"Gleich unter dem Hohen Chor ist das Begräbniß des Abts Behm mit seinen beyden Frauens und einem Kinde."[7]

Sowohl die Spuren seiner Gruft als auch jene des Gedenksteines haben sich nicht erhalten.

 

Um 1710/1717

Beginn der Erneuerung der romanischen Westfassade der Klosterkirche

Christian Heinrich Behm ist der 11. Abt des Klosters seit der Reformation.

Die besondere baugeschichtliche Leistung des Abtes Behm - 1712-1740 - bestand "in der Sanierung und Umgestaltung des romanischen Langhauses der Amelungsborner Klosterkirche sowie des nördlichen Kreuzgangbereiches", der letzten größeren Umgestaltung der Klosterkirche.[2][10][11][23]

Hiervon zeugt noch heute eine in die Westfassade der Klosterkirche eingelassene, inzwischen stark verwitterte 13-zeiliger Inschriftenplatte aus Buntsandstein, welche sich zu der Jahreszahl 1717 ergänzen, vermutlich dem Beginn der klösterlichen Bauarbeiten.

Nach MARX/OSTERMANN [13] wurde im „Zuge der Neuaufmauerung der Westwand im Jahr 1710 … auch eine hölzerne Rundtonne als Decke im romanischen Langhaus eingebaut“ (in der Abbildung hierzu wird „ein Putzabdruck der Tonnendecke von 1717“ genannt).

 

Teilweise unleserlich verwitterter

Inschriftenstein an der Westfassade

unterhalb eines

mittleren Rundbogenfensters

Gewidmet dem Abt

Christian Heinrich Behm [1662-1740]

Westfassade

Klosterkirche von Amelungsborn

1717 [10]

© [hmh, Fotos: Klaus A.E. Weber

 

 

1         FAVORE                    SECUNDO

           Mit günstigem Gewogensein

2         D. T. O. T. M.

            ?

3         - - ONG ESS : BEN - -

            ?

4         (T)EGIMIN.  COEN - -

            Bedeckung

5         CURA

            Sorge

6         ABBATIS CHRISTIANI

            Abt Christian

7         - - TEMPO - -

            Zeit

8         FASTIGIUM

            Giebel

9         HOC DENUO

            ?

10       FUNDITUS EXTRUCTUM

            gegründet

11       IPSUMQUE INTUS RENOVATUM

            hat er innen erneuert

12       A. D.  MDCCXVII

            anno domini 1717

13       - D- -      QVAE  DEISUNT.

            diese ... sind des Gottes

 

Übertragen nach GÖHMANN [2]:

... fastigium hoc denuo funditus exstructum ipsumque intus renovatum a.D. MDCCXVIII

Nach SCHEURING [6]:

... diesen Giebel neu von Grund auf errichtet und denselben inwendig (und ihn im Innern) erneuert hat im Jahre des Herrn 1717 ...

 

[27]

 

"Mons. Behm aus Holzminden"

Als "Pastor primarius" an der Holzmindener Stadtkirche wurde Christian Heinrich Behm [1] am 28. September 1711 zum General-Superintendenten des evangelischen Wolfenbütteler Weser-Distrikts und zum Abt von Amelungsborn berufen und dort am 06. Dezember 1711 eingeführt.

Im Zeitraum 1711–1740 war Behm Fürstlich-Braunschweigischer Abt des Klosters Amelungsborn; 11. Abt seit der Reformation.

Holzminden war in jener Zeit bedeutungsvoller Sitz der (evangelischen) General-Superintendentur.[4]

Standesangemessen wählte der Glasermeister "Herr" Jobst Henrich Gundelach ranghohe Persönlichkeiten als Paten von Kindern seiner Familie.

So war "Mons. Behm aus Holzminden" auch einer der Paten bei der Taufe von Henrich Julius Wentzel am 22. März 1720 in der "Steinbecker Glashütte", Sohn von Christian Wentzel und Ilse Martha Garmelin.[5]

Des Weiteren war Christian Heinrich Behm auch Pate bei der Taufe einer Tochter von Jobst Christoff Gundelach, einen Bruder von Jobst Henrich Gundelach:

  • Anno 1724 den 29 ten augusti auf der Steinbecker Glasehütten Herr Jobs Christoff Gundelachs Töchterlein getauft und ist dasselbe Johanna Sophia Christina genannt worden, die Gevattern waren des Fürstlich-Braunschweigisch-Lüneburgischen Herrn Abt Brehms uxor und des Fürstlich-Braunschweigisch-Lüneburgischen Haus Hofmeisters des Stifts Gandersheims Herrn Wetbergs uxor.

 

NLA WO 4 Alt 3 Amelb 5381

 

1721-1731

Klösterliches Darlehen und Aufkündigung von Obligationen

Im Schuldenwesen der Kammer des Klosters Amelungsborn wird 1721 der „Glasermeister im Sölling Jobst Henrich Gundelach“ unter der Aufkündigung von Obligationen gelistet.[5]

Ein handschriftliches Dokument vom 23. Dezember 1731 - mit Siegel von Jobst Henrich Gundelach - steht im Zusammenhang mit der "Obligation".[21]

Vermutlich für betriebswirtschaftliche Zwecke hatte Abt Christian Heinrich Behm um 1721 seinem Schwiegersohn Jobst Henrich Gundelach im Hellentasl ein beachtliches klösterliches Darlehen von 1.000 Talern zur Verfügung gestellt.

 

_____________________________________________________

[1] Barockgemälde im Privatbesitz von Dr. Hans-Christian v. Wedemeyer in Eldagsen; s. auch KAUFMANN 2010, S. 17 Abb. 1.

[2] GÖHMANN 2004, S. 9.

[3] GÖHMANN 2004, S. 1.

[4] KNOLL/BODE 1891, S. 175.

[5] NÄGELER/WEBER 2004; RAULS 1983.

[6] dokumentiert von Dr. Klaus A.E. Weber, Hellental - Transliteration: Michaela Scheuring 2012, Universität Mainz.

[7] GÖHMANN 1991, S. 57; GÖHMANN 2004, S. 11.

[8] hierzu auch GÖHMANN 1991.

[9] nach GÖHMANN 1991, S. 36, vereinigte die Wolfenbütteler Klosterordnung Herzog Augustus d. J. von 1655 "die Amelungsborner Abtswürde, die fortan vom Herzog verliehen wurde, mit der eines Generalsuperintendenten für den braunschweigischen Weserbezirk mit Wohn- und Amtssitz in Holzminden."

[10] GÖHMANN 1991, S. 43-44 Legende 14) A.

[11] GÖHMANN 1982, S. 79.

[12] WELLMANN 2021.

[13] MARX/OSTERMANN 2021, S. 24, Abb. 12.

[14] GÖHMANN 1991, S. 43.

[15] Vater: Jobst Gundelach: * 13. August 1645 in Toddin/Mecklenburg, † 29. April 1710 in Krembz/Mecklenburg; Mutter: Elisabeth Wentzel: * 1653, † 28. November 1728 in Torisdorf/Mecklenburg

[16] KRETSCHMER 1981.

[17] Kirchenbuch Holzminden N 866 Seite 00007.

[18] biografische Angaben bei JARCK 2006, S. 74-75.

[19] Zur Familie und zum Verwandtenkreis von Christian Heinrich Behm: s. KAUFMANN 2010, S. 15-35.

[20] Obligation.

[21] NLA WO, 4 Alt 3 Amelb. 5381.

[22] GÖHMANN 1998, S. 57, 64-65.

[23] KIECKBUSCH 2009, S. 54-55.

⦋24⦌ Persönlich von GÖHMANN überlassenes Manuskript von 2004; selbst ergänzt. Vergl. [28]

[25] HEUTGER 1968, S. 77.

[26] KIECKBUSCH 2009, S. 54-55, 67-69.

[27] Auszug aus OSTERMANN/SCHRADER 1985, S. 80.

[28] „Heinrich Christian Behm“ (GSN: 015-00341-001), in: Germania Sacra, http://personendatenbank.germania-sacra.de/index/gsn/015-00341-001.

[29] NF 7 - Hans Goetting, Das Bistum Hildesheim 1: Das reichsunmittelbare Kanonissenstift Gandersheim (Germania Sacra N. F. 7), Berlin/New York 1973, S. 474-475.

[30] „Im Streit mit dem Kapitel wegen angeblichen Vorrangs des Gen. Sup. vor dem Senior entschied der Herzog [Ferdinand Albrecht II. von Braunschweig-Wolfenbüttel] am 21. Oktober 1709 zugunsten des Seniors. Teilnahme des Gen. Sup. am Kapitel am 23. Jan. 1711.“[28]

[31] Die Pastoren der braunschweigischen evangelisch-lutherischen Landeskirche seit Einführung der Reformation. Bearb. von Georg Seebaß und Friedrich-Wilhelm Freist. Bd 1-3. Wolfenbüttel: Landeskirchenamt, 1969-1980 - Bd 1, S. 16; Bd 2, S. 18; Bd 3, S. 11.