Administration │ Verpachtung

Klaus A.E. Weber

 

1744-1842

Die Entwicklung der Fürstlichen Schorborner Glashütte gestaltete sich in den ersten beiden Jahrzehnten nach ihrer landesherrlichen Gründung wechselhaft.[3]

Hierbei ist hinsichtlich der Betriebsorganisation der fürstlichen Hütte funktionell gestuft zu unterscheiden:

  • Inhaber/Besitzer: Fürstliche Kammer des Braunschweiger Hofes

  • Pächter: z.B. Amtmann Wackerhagen / Revisor Seebaß

  • Verwalter/Administrator: z.B. Johann Heinrich Nagel

 

Administration durch die Fürstliche Kammer │ Verpachtung

 

1744-1748

Thomas Ziesich

Unter dem Braunschweiger Hofrat Heinrich Bernhard Schrader von Schliestedt (1706-1773) war von 1744 bis 1748 der Kammerrat und "Ober Glaß Hütten Inspector" Thomas Ziesich (1686-1761) aus Braunschweig für die Fachkräfteanwerbung, die Entwicklung der Glashüttenanlage wie auch für die "Laborantenunterkünfte" verantwortlich, zuvor für die Hüttenplanung.

Der Oberinspektor Ziesich weilte allerdings eher selten auf der Fürstlichen Glashütte - und dann "immer sehr kurz". 

 

1744-1756

Johann Heinrich Nagel

Während der einerseits als vielgewandt und diensteifrig, andererseits als in mehrfacher Hinsicht als nachlässig bewertete Thomas Ziesich in Grünenplan ansässig war, oblag die erste Hüttenverwaltung über 12 Jahre - 1744 bis 1756 - dem Administrator Johann Heinrich Nagel (~1709-1761).

Anzumerken ist, dass "der Herr verwalter von Schorborn auf der Spiegelhütte [Grünenplan] verstorben und den 3. September alhier beerdigt" wurde.[8]

 

1748

Johann Gerhard Falk

Schließlich sah man sich "höchsten Ortes veranlasst", nach "Vorhaltung wegen seines Betragens" am 30. März 1748 dem "Cammer-Rath Ziesich" am 03./05. April 1748 die Administration der fürstlichen Glashütte zu entziehen, da er "neu angelegte" Werke nicht über die Anlaufschwierigkeiten hinweg "in versprochene Nutzung und Überschuß gebracht" habe.[1]

Von April bis Oktober 1748 oblag die Glashütte mit ihren Bediensteten und Lobaranten zunächst der Direktion dem "gewesenen Württembergischen Expeditions-Rath" Johann Gerhard Falk, herzoglich am 17. Februar 1748 "zum wirklichen Commercien-Rath mit 700 Thalern Besoldung" ernannt.[1]

 

Hof-Jägermeister Johann Georg von Langen (1699-1776)

Erich-Mäder Glasmuseum ⃒ Grünenplan

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Johann Georg v. Langen

Da der "Commercien-Rath" die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht erfüllte und letztlich keine "Vorschläge" vorlegte, "wie die Werke der Glas- und Spiegelhütte in besseren Flor zu bringen" seien [1], übernahm schließlich am 07. Oktober 1748 als Oberinspektor der im Dienst von Herzog Carl I. stehende Hof-Jägermeister Freiherr Johann Georg v. Langen (1699-1776) das staatliche "Hüttenmanagement" der Schorborner Glasmanufaktur, zugleich auch für die fürstlich-braunschweigischen Glasmanufakturen in Holzen und Grünenplan.

Seine Glashüttenleitung verfolgte in Schorborn das Ziel, dass die Manufaktur "vor das Beste des Herzogs sorge" wie auch "das befördern helfe, was die Unterthanen vermögender und glücklich macht".[19]

 

1756-1768

Bütenmeister

Gemeinsam mit den Hütten in Grünenplan und Holzen war in den Jahren 1756 bis 1768 die Glasmanufaktur an den "Commissarius" Bütenmeister verpachtet, um dann "für die folgenden 6 Jahre wieder in fürstliche Administration (staatliche Verwaltung) zurückzukommen".[9][18]

 

1768-1774

Joachim Carl Nagel

Joachim Carl Nagel ("JCN", getauft 1745), Sohn von Johann Heinrich Nagel, verwaltete die Schorborner Glashütte von 1768 bis 1774.[7]

 

Ständige Verpachtung ab 1774

In Ablösung der fürstlichen Administration begann eine ständige Verpachtung der Glasmanufaktur samt ihrer Filialhütten ("Sollinghütten") ab dem Jahr 1774.[18]

Nach BECKER [21] lässt sich erkennen, dass nicht eine mangelnde Rentabilität der Glashütte die Ursache der Verpachtung gewesen sein kann, da die Bilanzen von 1774 eine Jahresproduktion in Höhe von rund 10.000 Thaler ausweisen.

Vielmehr dürften die von dem Erbprinzen Karl Wilhelm Ferdinand vertretenen wirtschaftspolitischen Ansichten hierfür Anlass gewesen sein.

An Renditen orientiert, bestand das Bestreben der Pächter, "sich allen Ballasts aus ihrem Pachtinventar zu entledigen".[20]

So wurde die Schule 1774 aus der Pachtbeschreibung herausgenommen.

In Hellental liegende Wiesenflächen aus der Zeit des landesherrlichen Ankaufs (1743) der Glashütte Steinbeke wurden gemäß Vorschlag des Hüttenpächters an "geeignete" Hellentaler Einwohnern "zu Erbenszins ausgethan".[20]

 

1774-1781

Christian Friedrich Wackerhagen

Nach einer sechsjährigen Administration der Schorborner Glasmanufaktur durch den Verwalter Joachim Carl Nagel und den Revisor Georg Christoph Seebaß wurde diese am 05. April 1774 an den Amtmann in Allersheim Christian Friedrich Wackerhagen (1741-1790) verpachtet.

1775 stellte Christian Friedrich Wackerhagen wegen des zunehmenden Holzmangels die Grünglasherstellung in Schorborn ein und gründete 1775 am 2,5 km entfernten "Pilgrims-Teich" eine Filialglashütte für Grünglas im "Pilgrimsgrund", der von nahem und ausreichendem Holzvorkommen umgeben war.

 

1781-1806

Georg Christoph Seebaß

Nach der Rückgabe der Hüttenpacht von Christian Friedrich Wackerhagen folgte ihm bis 1806 der ab 1768 in Schorborn als Herzoglich Braunschweigischer Revisor eingesetzte "Obercommisarius" Georg Christoph Seebaß (1734-1806), der 1768-1770 in Fürstenberg/Weser und ab 1770 in Schorborn wohnte.[10]

Obgleich nicht einer traditionellen Glasmacherfamilie entstammend, hinterließ der in Quedlinburg geborene Georg Christoph Seebaß, allen schwerwiegenden Auseinandersetzungen mit dem Braunschweiger Hof zum Trotz, dem Land Braunschweig die "mit unter die vorzüglichsten Glashütten Deutschlands zu zählenden Sollinger Glashütten".

Georg Christoph Seebaß machte bei seinem Pachtantritt der herzoglichen Kammer eine Reihe von Vorschlägen, die allerdings nur teilweise berücksichtigt wurden.[2][16]

Der Pachtvertrag wurde am 12. Mai 1781 auf die Dauer von sechs Jahren geschlossen, um dann nach intensiven Verhandlungen und Überprüfungen am 27. November 1787 um weitere sechs Jahre verlängert zu werden - bei weiterhin unentgeltlich überlassenen Hüttenanlagen.

Für weitere 12 Jahre wurde die Hüttenverpachtung an Georg Christoph Seebaß 1793 bis Ostern 1805 fortgesetzt.

Schließlich konnte 1805 Georg Christoph Seebaß einen neuen Pachtvertrag mit der herzoglichen Kammer auf nunmehr 24 Jahre abschließen. 

In der Nachfolgeregelung wurde 1797 der in Fürstenberg/Weser geborene, älteste Sohn von Georg Christoph Seebaß, der spätere "Commerzienrath" Friedrich Christian Werner Seebaß (1769-1843) [11] (ab 1790 Studium in Helmstedt) in den väterlichen Hüttenbetrieb als Partner aufgenommen.

 

1806-1842

Friedrich Christian Werner Seebaß

Nachdem "Oberkommissarius" Georg Christoph Seebaß nach rund 25-jähriger Pacht der Schorborner Glasmanufaktur 1806 verstorben war, übernahm in der Familie Seebaß Friedrich Christian Werner Seebaß die Hüttenpacht, die er bis zur Auflösung der Fürstlichen Glasmanufaktur im Jahre 1842 innehatte.

"Commerzienrath" Friedrich Christian Werner Seebaß war seit dem 21. Juni 1807 mit Juliane Wilhelmine Friederike Wackerhagen (1787-1819) verheiratet, der Tochter des Allersheimer Amtmanns und früheren Hüttenpächters Christian Friedrich Wackerhagen.[11]

Sein Sohn Carl Seebass wurde 1839 Bürgermeister der Stadt Stadtoldendorf, wo er das Amt bis 1890 innehatte.[6][15]

Unter den Familiennamen des 19. und 20. Jahrhunderts (1800-1914) findet sich in Stadtoldendorf der Name Seebaß.[5]

 

1843-1859

Hüttenleitung im Ausland: Vom Braunschweigischen zum Hannoverschen

Johann Ernst Friedrich Wilhelm Seebaß

Im Jahr 1843 übernahm Johann Ernst Friedrich Wilhelm Seebaß (1810-1877) aus Schorborn, ältester Sohn von "Commerzienrath" Seebaß, als Pächter die 1841 gegründete Glashütte Münder (1841-1926), die aus technischen Gründen zunächst ausschließlich Hohlglas, später auch Tafelglas herstellte.[4] 

Obgleich ehemalige, erfahrene Hüttenbetreiber örtlich anstehende Steinkohle als Energieträger benutzten, verwendete Seebaß wieder Holz als Brennstoff.

Als Inhaber gab schließlich Johann Ernst Friedrich Wilhelm Seebaß 1859 die Mündener Glashütte auf und arbeitete fortan als Direktor in einer Glashütte in Finnland. 

1877 verstarb Seebaß in Neuerkerode. 

 

1807-1813

"Königlich Westphälische Glashütte Schorborn"

Während der „Napoleonischen Epoche" (1807-1813) im französischen Königreich Westfalen gelegen, wurde die Glasmanufaktur mit einem neuen Namen belegt: "Königlich Westphälische Glashütte Schorborn".

 

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[1] OHLMS 2006, S. 6.

[2] BLOSS 1950a, S. 26.

[3] KRAMER 2017a, S. 20.

[4] VOHN-FORTAGNE 2016, S. 71-75.

[5] RAULS 1974, S. 216.

[6] RAULS 1974, S. 223.

[7] NÄGELER 2013, Nr. 914.

[8] NÄGELER 2013, Nr. 913.

[9] BLOSS 1950a, S. 24; bei NÄGELER 2013 nicht erfasst.

[10] BLOSS 1950a, S. 25; NÄGELER 2013, Nr. 1510 u. 1250.

[11] NÄGELER 2013, Nr. 1251.

[13] NÄGELER 2013, Nr. 1090.

[14] BLOSS 1950a, S. 28.

[15] MALCHOW 2019, S. 34.

[16] OHLMS 2006, S. 10-11.

[18] RAULS 1983, S. 318.

[19] OHLMS 2006, S. 6-7.

[20] BLOSS 1950a, S. 21-22.

[21] BECKER 1927, S. 63.