Gemeinde-Backhaus │ №.ass 53

Klaus A.E. Weber

 

Ausschnitt der Bauzeichnung

zum Hellentaler Gemeindehaus 1928│1929

 

Im Auftrag der Gemeinde Hellental erstellte der Maurermeister Karl Leue (* 1907) aus Merxhausen 1928 und 1929 Bauzeichnungen zur Errichtung eines Hausschornsteins im Gemeindehaus (Ass.-№ 53).

Beide Bauzeichnungen [1] zeigen die Fachwerkarchitektur und Nutzung des bis um 1900 betriebenen Dorfbackhauses.

 

Verpflichtend nach Herzog Carl I. zur "ansehnlichen Holz-Ersparung"

Noch heute imponiert im Dorfzentrum des Glasmacherortes Hellental am alten Mühlenteich der freistehende schlichte Fachwerkbau eines solchen pflichtgemäßen Gemeinde-Backhauses, im 19. Jahrhundert errichtet als selbständiges Bauwerk – wegen der Feuergefahr mit sicherem Abstand zu benachbarten Fachwerkgebäuden.

Das alte Dorfbackhaus - heute Museum im Backhaus des HISTORISCHEN MUSEUMS HELLEN TAL - gehörte einst der kommunal selbständigen Hellentaler Dorfgemeinschaft und ist noch heute in kommunalem Eigentum der Gemeinde Heinade.

Sowohl unter wirtschaftshistorischen Aspekten (Energieökonomie) als auch in sozialhistorischer Hinsicht (Wohnen und Arbeiten) kann die bauliche Entwicklung des gut 180 Jahre alten, in Teilen historisch authentischen Dorfbackhauses beleuchtet werden.

Archivalische und bauhistorische Spuren weisen auf mehrfache Umbaumaßnahmen des zweiteiligen Baukomplexes hin, ehemals bestehend aus dem Wohnbereich und dem Backofenbereich mit Holz beheiztem Innenfeuerungsofen.

 

Freigelegtes Ofengewölbe │ 2006

mit rund 7m² großer Backfläche

© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Drei dem Ofengewölbe aufliegende und mit Eisenschiebern versehene Rauchkanäle erlaubten es dem Bäcker, die Luftzufuhr und Temperaturverteilung im Herdinnern von der Stirnwand des Backofens aus manuell zu steuern.

Der „Dreizugofen“ wurde wahrscheinlich 1828 im Kontext mit dem Bau des neuen Gemeindebackhauses errichtet und längstens bis um 1907 betrieben.

 

Eindeckung des Dachtragewerkes des alten Gemeinde-Backhauses

  • mit Buntsandstein-Dachplatten
  • witterungsbeständige Solling-Sandsteine
  • verpflichtend aus Gründen von "Feuer=Gefährlichkeiten"

 

Projekt der Kreisvolkshochschule Holzminden

Die Kreisvolkshochschule Holzminden als erfolgreicher Träger von Qualifizierung- und Beschäftigungsprojekten für arbeitslose Jugendliche und Erwachsene verwirklichte im Zeitraum von 2007 bis 2008 die Restaurierung des alten Hellentaler Gemeinde-Backhauses.

Das Projekt beinhaltete die Qualifizierung und Betreuung der Teilnehmenden mit dem Ziel der Eingliederung in das Berufsleben.

Ziel dieses Projektes war es, die berufliche Qualifizierung junger Menschen mit der Förderung der dörflichen Infrastruktur zu verbinden.

Im Gegensatz zu anderen Regionen, in denen zu jedem historischen Bauernhof als Nebengebäude auch ein Backhaus gehörte, wurde im ehemaligen Herzogtum Braunschweig ab 1744 die Errichtung zentraler Dorfbackhäuser verpflichtend.

Um ein solches Dorfbackhaus handelt es sich in Hellental, errichtet in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Im Rahmen des Projektes wurden verschiedene Einzelmaßnahmen verwirklicht.

Neben der Sicherung der alten Bausubstanz erfolgten ein nutzungsgerechter Umbau des Gesamtgebäudes sowie die Instandsetzung des Backofens.

Nach Fertigstellung der Baumaßnahmen entstand unter der Leitung des Hellentaler Ortsheimatpflegers und Mitwirkung der örtlichen Arbeitsgruppe des Heimat- und Geschichtsverein Heinade-Hellental-Merxhausen e.V. ein Ausstellungsgebäude für die besondere Glas- und Backhausgeschichte des Hellentals, das Museum im Backhaus|Hellental mit angeschlossenem Backofen nach historischem Vorbild.

Das Projekt der Kreisvolkshochschule wurde aus Mitteln der Europäischen Union, des Landkreises Holzminden, der Gemeinde Heinade, der Agentur für Arbeit und der Arbeitsgemeinschaft zur Arbeitsvermittlung Holzminden finanziert.

 

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[1] KreisA HOL 3 - Bauakte 440/29 und 507/28.